Gute Ablenkungen und schlechte Entscheidungen - Maple, Belial

01.03.2078 - Roadrunner’s Paradise - Elfische Rockerbar - Süd-Puyallup

Maple wusste nicht genau, was sie an diesem Abend in diese Bar getrieben hatte. Der den Ancients gehörende Club war der Inbegriff einer abgeschrammelten Rockerbar, die dem Besitzer so sehr am Herzen lag, dass er versuchte, jeden Strohhalm zu ergreifen, um sie in Takt zu halten. Vermutlich hatte das auch den orkischen Barkeeper in die Hände der elfischen Go-Ganger getrieben.

Maple saß an der Bar und starrte auf das Etikett ihrer Lightbier-Flasche. Auf der Bühne des mittelgroßen Clubs schmetterte ein großer, grünhaariger Elf ein breites Sortiment an Rockballaden seit sie den Club betreten hatte. In der ersten Reihe tummelten sich viele junge, bedauernswerte, wuschige Elfinnen und Menschinnen, schrien sich die Lunge aus dem Hals, um die Aufmerksamkeit des Anführers der Seattler Ancients zu erhaschen. Maple sah wie eine nicht unrelevante Menge Unterwäsche ihren Weg auf die Bühne fand, und fragte sich erneut was sie eigentlich hier wollte.

Ihre Lieblingsbar hatte geschlossen und so war sie einfach allein durch die Gegend gefahren bis sie vor dieser Bar zum halten gekommen war. Vielleicht war es der Wunsch aufzuschnappen, was die Ancients mit ihnen vorhatten. Vielleicht war es die Sehnsucht, dem traurigen Orting nur für ein paar Stunden zu entfliehen.

Man musste den Ancients lassen, dass ihre Gebiete aufgeräumt und gepflegt waren. Sie hatte den Barkeeper fragen wollen, wie es war, als Ork für die Ancients zu arbeiten, aber er hatte nur ein widerwilliges “Es wird sich gut um mich gekümmer.” gemurrt, welches weitere Nachfragen im Sand versickern ließ.

Aus diesem Gedanken zog sie sich gerade hoch als ihr auffiel, dass die Musik auf der Bühne verstummt war, die schreienden Mädchen sich im Raum verteilt hatten und sehnsüchtig auf die Ankunft Belials warteten, der bekannt dafür war, nach seinen Auftritten das ein oder andere Betthäschen in den Gefilden seiner Fans ausfindig zu machen.

Zu ihrem Erschüttern stand genau dieser Anführer der Ancients plötzlich hinter ihr und machte Anstalten, sie anzusprechen.

Aus der Nähe wirkte der große und breit gebaute Elf nochmal um einiges attraktiver. Sicher ein Zauber, mit dem der bekannte Magier-Adept sich selbst umgab. Mit einer eleganten Handbewegung schob er sich das vermutlich noch vom Duschen nach seinem Auftritt leicht feuchte Haar aus dem Gesicht und ließ sich lässig auf einen Barhocker neben sie gleiten.

Maple lächelte aufgesetzt. “Ich glaube, du musst mich verwechseln. Deine Schar an Fangirls hat sich nach da drüben verzogen.” Sie deutete mit dem Kinn auf die Gruppe von 12 weiblichen Metas, die sich an einem der Hochtische drängte und jeden Atemzug des Elfen genauestens zu beobachten schien.

Der Elf lächelte ein langsames, fast schon laszives Lächeln, als er sich mit dem Gesicht Maple zuwandte. Er hob die Hand, um dem Barkeeper klarzumachen, ihnen nochmal zwei Bier hinzustellen. Er wirkte sicher, dass Maple nicht einfach aufstehen und gehen würde.

“Meine liebe Ava Morisson. Ich verwechsle nur sehr selten Leute.”

Ihr Herz rutschte irgendwo in ihre Eingeweide. Es war definitiv nicht mehr da, wo es sein sollte, als der Elf den Kopf schief legte. “Faszinierend. Ist es eine Eigenschaft als Dryade, sich seine Panik nicht ansehen zu lassen oder ist das etwas, was Ares seinen Rekruten beibringt?”

Maples Gedanken rannten. Sicherlich hatte er einen Zauber oder eine hochtrabende Bioware, mit der er ausfindig machen konnte, dass sie Panik hatte. Temperatur, Herzschlag… Das war nicht allzu schwer ausfindig zu machen. Und mit der passenden Gesichtserkennungssoftware konnte man easy ausfindig machen, wer sie war. Maple konnte das Gefahrenpotential dieser Situation nur schwer abschätzen, also siegte ihr Stolz.

“Was willst du, Belial?" Ihr Ton war ruhig und neutral. Sie nahm dem Barkeeper ihr Bier ab und nahm einen großzügigen Schluck. Ein erneutes Lächeln zog sich über den Mund des Elfen “Mir kam zu Ohren, dass eine Dryade sich in meinem Gebiet rum tummelt und die Leute nach meiner Gang aushorcht. Was für eine überaus praktische Gelegenheit, dass du heute hier rein gestolpert bist. Jetzt kannst du mich alles fragen was du willst.” Seine Augen wanderten über ihr Gesicht, zu dem obligatorischen Abstecher auf ihre Brüste und von dort über ihre Haare zu ihren Ohren. “Und ich kann dich alles Fragen, was mir im Kopf herum schwirrt. Normalerweise biete ich der schönsten Frau im Raum das Separee an… Aber ich nehme an, dir ist die Öffentlichkeit mit einer Fluchtmöglichkeit lieber.” Er schaute zu der Tür, an der kein Wachpersonal stand, welches sie aufhalten konnte. Niemand würde sich trauen, einen Club, in dem Belial auftritt, zu überfallen. Und er würde sie nicht gegen ihren Willen festhalten, so viel verstand sie.

“Okay… also… eine Frage für eine Frage?” Im Augenwinkel konnte sie sehen, wie ihre Haare langsam die Farbe wechselten. Sie wurden greller, die pinken Strähnen intensiver. Wie früher zu Beginn eines Kampfes, als sie die Haare immer gründlich hatte unter einer Mütze verbergen müssen.

Belials Augen schienen unter diesem doch eher minder eindrucksvollen Schauspiel aufzuleuchten. “Machen sie das häufiger?” Maple musste sich beherrschen, nicht laut los zu lachen. Vor ihr saß der Anführer der Seattler Ancients und fragte sie fasziniert wie ein kleiner Schuljunge nach ihren Haaren. Vorsichtig und langsam streckte er eine Hand aus, sie nickte und er ergriff eine der leuchtenden Strähnen.

“Sie passen sich meiner Stimmung an und der Stimmung meiner jeweiligen Homebase.” antwortete sie, als der Elf den Mund öffnete. “Dann bist du nicht erwacht, aber dein Haar vollführt trotzdem einen Zauber. Das ist…” seine Stimme nun kaum mehr als ein Flüstern: "Unfassbar faszinierend.”

“Ich bin dran!” sagte Maple kokett und richtete sich mehr auf ihrem Barhocker auf, als der Elf weiter eine ihrer Haarsträhnen durch seine eleganten Finger gleiten ließ. “Was will… Deine Gruppierung von meiner Gruppierung?”

Der Elf runzelte die Stirn, nahm einen Schluck seines Biers und ließ ihre Haare los. Er schien kurz zu überlegen. “Ihr seid vermutlich die neuen, die sich mit Tanelia Dorcans Chapter angelegt haben? Du gehörst zu den Leuten von Logan LaFleur?”

Diese Info schien für den Elfen neu. Mist. “Ich kann nur sagen, dass das Problem noch nicht zu mir hocheskaliert wurde. Keine Ahnung, was sie von euch will. Sie kann mitunter ganz schön fies sein. Ich mische mich aber nur in die Geschäfte der einzelnen Chapter ein, wenn ich muss.” Er taxiert sie mit einem festen Blick. “LaFleurs kleiner Trommelkreis schien dafür bislang zu unwichtig.”

Sein Blick wurde augenblicklich weicher. Es war sehr interessant, wie deutlich er in seiner Mimik und Ausdrucksweise den Unterschied zwischen ‘flirtendem Typ in einer Bar’ und ‘Gangleader’ machte. Augenscheinlich Arbeit und Privates trennte. Das beruhigte Maple ein wenig. Belial als flirtendem Typen konnte sie in diesem Augenblick mehr abgewinnen als sie im Nachhinein zugeben wollen würde.

“Was unterscheidet Dryaden sonst von uns ‘regulären’ Elfen? Außer die offensichtlichen körperlichen Vorzüge?” Er machte eine schweifende Handbewegung in der Luft, um ihren kurvigen Körper einzurahmen, während ein schelmisches Grinsen sich über sein schönes Gesicht zog.

Maple lachte. Ausschweifender als sie selbst gedacht hätte. “Nun man sagt, alles was eine Elfe kann, können wir schöner.” Ein aufreizendes Lächeln zog sich nun auch über ihr Gesicht. “Es gibt nur weibliche Dryaden. Abseits von unserem unfassbar guten Aussehen , den coolen Haaren und dass ich dir im Stehen gerade so bis zur Brust reiche unterscheidet uns nicht viel. Mein Körper…” Sie streichte sacht über ihre für eine Elfe unnatürlich breite Hüfte. “Ist allerdings das Werk ein paar ausgeklügelter Schönheitschirurgen in Dubai. Viele sehen die elfische Drahtigkeit ja als elegant an… Mir waren Arsch und Brüste wichtiger.” Beide lachten als die Dryade mit den Schultern zuckte.

Sie überlegte ihn als nächstes auch über eine unwichtige körperliche Angelegenheit zu fragen. Zu seinen Tattoos die auf Sperethiel von Freiheit und Unbeugsamkeit sprachen oder zu dem kleinen sehr schräg gezeichneten Gorilla auf seinem Oberarm, der sicherlich etwas mit einem gewissen Rocksternchen zu tun hatte, aber eher aussah als hätte ein dreijähriger es gestochen. Zu seinen magischen Foki, vermutlich in den dicken Halsketten, von denen man sich auf der Straße erzählte, sein Vater hätte sie ihm unter Gewalt angelegt um ihn gefügig zu machen und zu halten. Ihn zu seinem persönlichen perfekten Soldaten zu machen. Doch stattdessen fragte sie schlicht, in einer Woge der Zuneigung, die sie dem Alkohol zuschrieb: “Wie fühlt es sich an, du zu sein?”

Er musterte sie. Blickte sich langsam im Raum um. Man hielt wohlwissentlich Distanz zu den beiden. Kurz flammte in seinem Blick Stolz auf. Etwas, das sie wissen ließ, dass gleich eine flammende Rede über seine Liebe zur Vollkommenheit der elfischen Rasse folgen würde. Doch ihr Blick taxierte den orkischen Barkeeper, der Pech hatte, im Elfengebiet zu wohnen. Belial folgte ihrem Blick und der Stolz wurde weniger. “Vermutlich genauso wie unschuldige Soldaten im Sinne einer Fernsehshow abzuknallen. Man ist stolz und fest davon überzeugt man tut das was man tut aus den richtigen Gründen. Aber viele sehen das anders.”

Maple zuckte zusammen. “Hat Ares dir eigentlich direkt eine Zusammenfassung meiner Mitarbeiterakte geschickt?”

“Wenn sich eine junge Gang gleich zwei Wüstenkriegs-Soldatinnen hält, weiß man das, Ava. Ihr seid mächtige Waffen. Gefolgsleute derer man sich gewiss ist. LaFleur braucht euch und das weiß er.”

Sie zuckte mit den Schultern und hob ihre Fingernägel nah zu seinem Gesicht. Von weit weg sah man es eigentlich nicht, aber die kleinen Vorrichtungen, in denen ihre Cyberkrallen befestigt waren, waren nach wie vor da. Danach schnickte sie mit den langen perfekt manikürten schwarzen Fingernägeln gegen ihre deaktivierte Datenbuchse. Sie zuckte nicht zurück, als Belial seinen Daumen über das Gerät fahren ließ. “LaFleur ist ein Idiot wenn er dich nicht mit ausreichend Ausstattung versorgt.”

Sie drehte sich wieder von dem Elfen weg: "Er hat angeboten, mir zu helfen. Aber ich habe schon genug Schulden bei ihm.”

“Er hat dir bei der Flucht vor Ares geholfen. Du bist nicht unehrenhaft entlassen worden. Du brauchtest jemanden, der dich da rausholt.”

“Cleveres Kerlchen” erwiderte Maple trocken. “Sein Angebot war das Beste und er hat wirklich viel riskiert, mir zu helfen.” Er wollte ansetzen, um etwas zu sagen, doch Maple sprach weiter: "Euer Angebot hätte mich in den Ruin getrieben. Das weißt du genauso gut wie ich.”

“Dann willst du Logan auszahlen und dann weg?” Er legte den Kopf leicht schief.

“Mal sehen, wie sich das alles entwickelt. Nach einem Gespräch mit dem Anführer der Ancients kann es auch gut sein, dass er mich rausschmeißt.”

Der Elf lachte und lehnte sich nach vorne. Das “Na dann kannst du es jetzt ja eigentlich auch nicht mehr schlimmer machen, oder?" an ihrem Ohr kaum mehr als ein Schnurren. Er zog einen teuer aussehenden Autoschlüssel aus seiner Tasche. “Lass uns eine Nacht vergessen wie scheiße die Welt ist, wie viele unschuldige Tote auf unsere Kappe gehen und welche Konsequenzen dieses Gespräch für jeden von uns haben kann.” Er legte eine Hand auf ihrer Hüfte ab und nachdem sie langsam genickt hatte, drückte er ihr einen Kuss auf die Schläfe. “Keiner von uns beiden wird morgen anders sein. Ich werde das hier nicht gegen dich benutzen. Und das wird keine Liebesgeschichte. Nur Ablenkung.” Sie nickte erneut und verließ hinter dem großen, breit gebauten Elfen die Bar.

02.03.2078 - Frühe Morgenstunden - Südlicher Rand von Downtown

Als sie früh morgens die Augen aufschlug, zweifelte Maple kurz ihre eigene geistige Gesundheit an. Aber als sie sich in dem riesigen Bett mit den cremefarbenen Seidenlaken zur Seite drehte, lag da wirklich leise und ruhig atmend der schlafende Anführer der Seattler Ancients neben ihr. Die Kratzer, die ihre Nägel in der Nacht auf seinem Rücken hinterlassen hatten, begannen aufgrund seiner Magie bereits wieder zu heilen. Mit den diversen einvernehmlichen blauen Flecken auf ihrem Körper würde das länger dauern. Sie hüllte sich in die Bettdecke und blickte über dem Bett in einen riesigen Spiegel. Sie rollte mit den Augen, aber ertastete tatsächlich eine Bisswunde an ihrem Hals. Maple schüttelte den Kopf und presste ihre Hand gegen die Stirn. Auch wenn Belial friedlich zu schlafen schien, machte sie sich nicht vor, dass er nicht jede ihrer Bewegungen wahrnahm. Zusätzlich war garantiert die gesamte Wohnung mit Kameras und Sicherheitstechnik bespickt. Sie stand auf und lief in dem Laken gewickelt zu einem der riesigen bodentiefen Fenster. Von diesem Wolkenkratzer aus konnte man fast bis ins Elfenreich hinübersehen. Über das veraschte Puyallup hinweg konnte man am Horizont riesige, saftig grüne Flächen erahnen.

Sie blickte sich in der offenen Loft Wohnung um. Man musste sich nichts vormachen, das hier war bestenfalls das dritte oder vierte Safehouse des Elfen. Keinerlei persönliche Gegenstände wiesen darauf hin, dass Belial sich hier häufiger aufhielt als zu gelegentlichen One Night Stands. Sein Kommlink hatte er direkt beim Betreten der Wohnung, als er sie zu einem tiefen Kuss gegen die Wand drückte, in einem Wandsafe verstaut. Belial wusste, was er tat, das musste sie ihm neidlos anerkennen.

Eine Sekunde überlegte sie, wo sie wohl Haare oder Speichel von ihm finden würde, dann fiel ihr ein, dass er vor dem Schlafen einen Zauber gewirkt hatte, der zur Tatortreinigung eingesetzt wurde, angeblich zu beidseitigem Schutz. Sie traute ihm nicht, fand aber auch keine losen Haare oder Fingerabdrücke von sich. Nicht einmal auf der stark spiegelnden Arbeitsplatte in der Küche, von der sie gestern einige Gläser geschubst hatten, deren Scherben immer noch am Boden verstreut lagen. Kurz blickte Maple sehnsüchtig in das Bad mit der riesigen Wasserfalldusche und der… bettgroßen Bank darin. Sie lachte und schüttelte den Kopf, entschied sich aber gegen eine Dusche. Noch einmal wäre Belial vielleicht nicht so gnädig, ihre Spuren zu verwischen.

Sie klaubte im Eingangsraum ihre Kleidung zusammen und schlüpfte hinein. Irgendjemand würde heute mit ihr ihr Motorrad vor der Bar abholen müssen… Sie würde Raiden deshalb fragen. Oder vielleicht Ruby, Serena oder Ciara, wenn sie Zeit hatten. Sie wirkten wie Frauen, die ein Geheimnis bewahren konnten, wenn es darauf ankam. Grenadine würde ihr definitiv einhändig den Hals umdrehen, wenn sie hiervon erfahren würde.

Maple hinterließ ein ARO auf dem Küchentresen, in dem sie sich für die ereignisreiche Nacht bedankte und drückte einen digitalen Kuss darauf, ihre übliche Verabschiedung nach einem One Night Stand, der keinerlei romantische Folgen haben würde.

Dann verließ sie das Apartment, in der Hoffnung, dass der Gangleader sein Versprechen halten würde, dass diese Nacht keine Konsequenzen haben würde.

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Ohje ohje, worein ist Maple denn da gerutscht?
Ne Moment… Wer ist denn da in Maple gerutscht?!

Sehr schön geschrieben Lissy! Ich war ja skeptisch, wie man das mit Belial sinnvoll herleitet, gerade wo die Ancients ja nicht eure besten Freunde sind, aber dein ausgiebiges Studium des Smüt hat geholfen :stuck_out_tongue:
Find’s echt glaubhaft erarbeitet!

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Hihi das Gorilla Tattoo hat ihm doch bestimmt Mara gemacht :joy: Na hoffen wir mal, dass es keine Konsequenzen hat :smiley:

Aber ja, wieder mal einer sehr sehr schöne Story.

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Das hat mich auch gefreut :3

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