Eine komplizierte Familie - Venus

“Charlotte! Zwei Besuche in einer Woche? Das ist ja ungewöhnlich für dich.” Großvater Okada pausierte, legt die Arme übereinander in seinen Yukata und deutete mit einem Kopfnicken auf den Platz gegenüber von ihm. Lächelnd trat sie zur Seite, nahm das Go Feld von der Anrichte und stellte es zwischen sie. Vorsichtig kniete sie sich gegenüber von ihm, strich ihren Kimono glatt und begann dann das Spiel aufzubauen.

“Also, was möchtest du Charlotte? Erst letzte Woche hast du für mich eine Tee Zeremonie abgehalten und jetzt möchtest du mit mir Go spielen?” Ein sanftes Lachen entwich ihr.

“Ich weiß nicht wovon du sprichst. Du beschwerst dich zwar über meinen Tee, aber ich weiß, dass du ihn genau so magst.”

“Du machst ihn zu schwach.”

“Ich mach ihn genau richtig. Nicht nach Tradition. Sondern so wie du ihn magst.” Sie sahen sich kurz an und ein grinsen schlich sich auf ihre Gesichter. In Stille begannen sie ihr Spiel in der geschützten Pagode. Währenddessen toste um sie herum der Sturm.

“Hast du von Maxwell gehört? Seine Tochter ist verschwunden” bemerkte Sie unschuldig. Sein Blick löste sich nicht von dem Brett. “Ja, sehr tragisch, aber nichts womit du dich befassen solltest.”

Charlotte hatte diese Antwort leider erwartet. Sie biss sich leicht auf die Lippe und griff langsam nach ihrer Kette. Als sich ihre Hand um die Kanji schloß, schoss Großvater Okada’s Hand vor und griff ihr Handgelenk. “Nicht, Charlotte.” Peinlich berührt sah sie den älteren Mann an. “Manchmal enthalten wir euch Dinge um euch zu beschützen. So ist Familie.” Vorsichtig lockerte er seinen Griff und ließ sie los. Sie schluckte, und machte ihren Zug.

“Ich habe mir diese Familie nicht ausgesucht” sagte sie schließlich.

“Niemand sucht sich seine Familie aus, Liebes.”

“Seine leibliche, ja. Aber ihr… Ich hatte keine Wahl.” Die anfänglichen Freundlichkeiten verflüchtigten sich schnellstens.

“James hat einen Fehler gemacht. Er hätte es dir sagen sollen, aber mein Enkel war blind vor Liebe.”
“Das waren wir beide. Und jetzt? Sind wir Teil der Yakuza. Ich wollte das nie!” Charlotte senkte ihren Blick bis sie eine Hand unter ihrem Kinn spürte. Enttäuscht und beschämt sah sie Großvater Okada an. “Es tut mir leid”, flüsterte sie.

“Ihr müsst noch viel lernen. Lass mich dir etwas erzählen über James. Er kam zu mir und hat mich um Erlaubnis gebeten dich zu heiraten. Meine Tochter und Takeshi waren dir ja noch nie sehr wohl gesonnen. Du kamst von dir aus zu mir und hast mit mir Zeit verbracht. Denk nicht, dass ich nicht weiß, dass du Zucker in den Tee mischst und beim Go gerne Möglichkeiten übersiehst. Aber deswegen habe ich es ihm nicht erlaubt, ich habe es ihm erlaubt, weil es für ihn nur dich gab. Er war bereit die Familie für dich zu verlassen.”

Stoisch versuchte sie zurück zu halten wie sehr sie diese Information berührte. Sie konnte sehen, dass im Haupthaus offensichtlich Aufregung herrschte und kurz darauf eilten zwei Gestalten ohne Regenschirme zur Pagode. Großvater Okada schien dies auch bemerkt zu haben und machte in Ruhe seinen nächsten Zug.

“Charlotte, es gibt eine Dunkelheit die sich über den Sprawl legt. Es verschlingt einsame Seelen.” Sie stockte als sie ihren Stein bewegte, sah ihn fragend an, doch da erschienen auch schon Takeshi und James am Eingang der Pagode.

“Nicht alle Vermissten scheinen gleiche Ursachen zu haben. Das wäre doch zu naheliegend.” Aus Ihren Augenwinkeln konnte sie sehen, dass er etwas mit einem Stein machte, aber ihre Augen hingen an ihrem durchnässten Ehemann.

“Du! Ich hab dir schon letztes Mal gesagt, dass du dich hier nicht blicken lassen sollst!”
“Sei still, Takeshi. Sie ist Familie.” Der kalte Ton Großvater Okada’s Stimme lenkte ihre Aufmerksamkeit zurück zu ihm. Er legte einen weißen Stein aufs Brett. Verwirrt folgte sie der Bewegung… Das konnte doch nicht sein.

“Rokudo war ein einsamer Mann. Noch nicht lange in der Stadt. Besorgt um seine Sicherheit. Er hat viel Cyberware, die ihn vor den regulären Schatten dieser Stadt schützen sollten. Vor Allem im French Quarter. Aber das taten sie nicht. Da fragt man sich doch, warum?“

“Ja, warum…” murmelte sie. Beinahe hätte sie dem Alten nicht zugehört, als sie versuchte zu verstehen was da gerade passiert war. Wie konnte das sein?

“Charlotte, hat mich gerade beim Go geschlagen. Ist das nicht bemerkenswert? James, du bist ganz nass, Enkel. Charlotte wird sich um dich kümmern und du wirst ihr dafür die Akte über Rokudo geben.”
Noch angeschlagen erhebte sie sich langsam, nickte und ging dann langsam mit James hinaus. Noch auf dem Weg raus konnten sie Takeshi’s Entrüstung hören darüber, dass Okada mit ihr Informationen teilte. Anstatt zum Haupthaus gingen die beiden wortlos und auf direktem Weg zu seinem Auto. Als sie saßen betrachtete er sie fragend.

“Der Alte hat gefuscht!” brach es entrüstet aus ihr heraus. Es folgte eine Sekunde Stille und dann brachen sie beide in schallendes Gelächter aus. “Er mag nicht, dass du ihn gewinnen lässt.” bestätigte James ihr und wies dann das Auto an nach Hause zu fahren.

“Du konntest das Thema nicht in Ruhe lassen?”

“Nein, tut mir leid.” Sie seufzte und legte ihre Hand vorsichtig auf seine Wange. “Wir müssen reden…”

“Es ist nie gut wenn du das sagst.” Er sah aus dem Fenster.

“Wir werden sehen. Erst müssen wir dafür Sorgen, dass du aus diesen nassen Sachen kommst.”
Zu Hause angekommen schickte Charlie James direkt zur Dusche. In der Zwischenzeit warf sie kurz seinen Pyjama in den Trockner. Sie wollte, dass er es warm und gemütlich hatte, und machte ihm noch einen warmen Kakao mit einem extra guten Schuss. Sie entschloss sich zu warten und nicht einfach sein Büro zu benutzen wie sie es sonst tat. Als er aus der Dusche kam, gab er ihr die Zugangsberechtigungen für Rokudo’s Akte, sowie weitere Informationen auf dem extra angelegten Server. Danach setzten sie sich zusammen auf die Couch, und lenkten sich ab mit einem Trideo. Vorsichtig legte sie sich an ihn und ihren Kopf an seine Schulter. “Wir reden morgen darüber” flüsterte sie, als er eine Decke über sie drapierte und dann seine Arme um sie legte. Er küsste ihre Stirn. Mal sehen ob sie wirklich die Nacht bleiben würde.

[ Sorry für Wall of Text. Die Informationen der Akte könnt ihr dem Newsfetch #4 entnehmen.]

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Als Spielleiter finde ich es sehr geilo, dass du unten direkt dein neues Wissen im Newsfetch für alle Charaktere zugänglich gemacht, und dabei direkt zu deinem Post verlinkt hast :3

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Nachdem es dann endlich ging :joy: Und ich musste die Info auslagern, weil ich einfach viel zu viel Story hatte! Das Go spiel mit Okada war geplant aber dann ist das alles so sehr ausgeartet. Hahaha :joy:

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