Der Unfall - Sunny

13.11.2075 - Derezzed - Downtown Seattle - Früher Nachmittag

“AR Truthähne? Wirklich? Meinst du nicht das wird zu kitschig?” Broker runzelt die Stirn. Freitagnachmittag ist es noch entsprechend leer im Derezzed und er und Sunny haben sich an einen Tisch im hinteren Bereich des VIP Bereichs verzogen.

Sunny greift in die Schale mit Nüsschen die vor ihnen steht. Mit vollem Mund murmelt sie:

“Broker. Leute die an Thanksgiving in einen Club gehen, wollen Kitsch. Und zwar ordentlich. Sie wollen ihre beschissene gegeneinander arbeitende und streitende Familie vergessen und sich so besaufen dass sie um Mitternacht hemmungslos Black Friday shoppen können.”

“Woah.” entfährt es Broker. “Falsche Energien Sunny. Willst du über irgendwas reden?”
Sunny seufzt.

“Jeremy krieg ich noch einen Cosmo? Mein Vater betreibt als Johnson Runs in der halben Stadt. Holliday hat schon mit ihm gearbeitet und weiß Gott wer noch.” Sie wirft die Hände in die Luft und wirft ihren gewaltigen Schal über die Schulter.

Jeremy macht auf dem Absatz kehrt und beginnt einen Cocktail zuzubereiten.
Broker guckt die junge Elfe eindringlich an.
“Also, reden? Wir sind ja fast fertig mit der Planung. Und die Pixies haben schon zugesagt. Und das ist ja kein Thema über das man mit Schulfreundinnen redet.”
Sunny schnaubt. “Ablenkung wär schöner.”

“Alles klar!” Broker holt ein kleines Tablet hervor und öffnet einen Ordner.
“Erinnerst du dich an den Typen?” Broker öffnet ein Bild eines drahtigen hispanischen Mannes mit fluffigem Haar dass mit einer Tone Gel beherrscht werden musste.
“Hm… Ja Klar! Der war auf der Mafia Party oder?” Sunny schaut sich das Bild des Mannes genauer an. Er grinst bereit; die Waffen an seinem Gürtel wirken teuer und stark verziert.
“100 Punkte für Hufflepuff. Ich hab auf der Gästeliste nachgeguckt wer das ist. Javier Alonso Batista. Aktueller Anführer des Batista Klans. Dem Typen gehört quasi Kuba.” Broker reibt sich die Schläfe.

“Meinst du Jazz kennt den?” fragt Sunny. Broker lacht auf. “Ich denke nicht, dass man auf Kuba leben kann ohne ihn zu kennen. Aber sieh selbst. Das Horizon-Bilder Ergebnis wenn man Javier Batista googelt.” Er dreht Sunny das kleine Tablet herüber.
Auf vielen Bildern wundert sich Sunny wie dieser Mann es schafft, dass man weder Brustwarzen noch Bauchnabel zu sehen bekommt, so tief sind seine Hemden aufgeknöpft. Das wirklich Spannende ist jedoch, man sieht viele schöne junge Frauen an seiner Seite, häufiger auch Jazz.
“Sie arbeitet mit der Mafia?” fragt Sunny verwundert.
“Sieht so aus oder? Für mich sieht das sogar nach mehr als arbeiten aus. Warum reist eine Frau, der die Mafia das neue Boot im Schlaf kaufen kann, Holliday hinterher um sich hier Geld zu erarbeiten und bei Ben zu wohnen? Ich finde das sehr strange.” Broker mustert die Bilder. Auf manchen kann Jazz, die mittlerweile auf die 30 zugehen musste, nicht älter als 19 sein.
“Naja… Vielleicht will sie keine Almosen? Keine Ahnung. Ich denke nicht dass sie Holli was antun will und was sollte sie von uns denn für die Mafia spionieren? Wie man mittelmäßige Clubs und Casinos führt? Am Thanksgiving Abend frag ich sie mal was das mit diesem glattrasierten Schmierlappen auf sich hat.” Sunny leert ihren Cosmo. Die Ablenkung hat gut getan.

Sie und Broker begeben sich vor an die Haupt-Bar.
“Du wirst paranoid, Broker. Mach dir mal keine Sorgen. Und bitte halt meine Familie von mir fern.” Broker und sie umarmen sich sich zum Abschied, als der Aufzug sich mit einem BING öffnet.

Herein gestürmt kommt ein gewaltiger Troll, mit einer Machete bewaffnet. Sein glasiger Blick verrät dass er eine Form von Drogen eingenommen haben muss.
“BROKER.” Brüllt der Troll und Sunny fällt ein, woher er ihr bekannt vorkommt. Er war aus Cashtalks Sicherheitsteam hier im Derezzed.
Er prescht vor, rammt seine Machete in die Bar, greift Broker und drückt ihn fest an die Bar.
“WEGEN DIR UND DEINEM GEFOLGE IST CASHTALK GESTORBEN! DAS WIRST DU JETZT BEREUEN!” schreit er Broker wild spuckend an.

Geschmeidig lehnt sich Jeremy über die Bar und sprüht dem Typen irgendwas ins Gesicht, das aussieht wie Pfefferspray. Der Troll hustet wild und kippt dann der Länge nach auf den Boden.
Geschockt bleiben Sunny und Broker noch kurz stehen.
“Fuck was war das denn?! Es wird echt Zeit dass ich Tower wieder bekomme.” Broker zieht sich das zerknitterte Hemd grade und starrt dann schockiert Sunny an.

“Sunny du blutest!” unwillkürlich sucht Sunny sich ab und blickt auf ihre rechte Hand welche sie aufgrund der Machete die darin steckt, nicht von der Bar lösen kann.
Sunny kreischt laut auf.
“BROKER MACH WAS! Zieh sie raus! Zieh sie sofort raus!”
Broker starrt sie schockiert an, eilt um sie herum und beginnt an der Machete zu zerren.
Nichts rührt sich. Jeremy beginnt zu helfen, zu zweit bekommen sie die Machete gelöst.
Jeremy hetzt um die Bar, greift Sunnys Hand und verzieht das Gesicht.
“Uuuuuh das sieht üüüübel aus.”

“DAS SEH ICH SELBST!” schreit Sunny deren Hand nun stark blutet. Jeremy zieht einen anderen Sprüher aus dem Jackett. “Das wird kurz kalt, schön ruhig bleiben.”
“Sunny soll ich jemanden anrufen? DocWagon? Holliday? Das muss sich dringend jemand angucken und zwar schnell.”
Sunny verzieht das Gesicht als Jeremy ihr den kalten Nebel auf die Hand sprüht, aber es tut augenblicklich weniger weh und blutet weniger stark. Er wickelt eine Serviette drum herum.
“Nein… “ Sunny starrt benebelt ihre Hand an. “Nicht Holliday… Nicht DocWagon…” sie läuft auf den Aufzug zu. “Reginald?” - “Ja Miss Percival?” - “Rufen Sie meinen Dad an. Ich…”

Sie stockt. Tränen laufen ihre Wange hinab. Broker will ihr in den Aufzug folgen, aber sie winkt ab.
Im Hintergrund versucht Jeremy den schweren Troll hinter die Bar zu zerren. “Und was machen wir jetzt mit ihm, Jeremy?” - “Keine Ahnung, Müllpresse? Tot ist er ja schon.” - “TOT?!”

Während eines Runs verletzt zu werden war eine Sache, aber heute hat sie sich wirklich sicher gefühlt, und der Verlust dieser Sicherheit lässt sie ihre antrainierte kühle Art vergessen.

Reginald nimmt sie an der Tür in empfang und schaut sie besorgt an.
“Ihr Vater hat ein Meeting abgesagt. Wir machen uns direkt auf den Weg.” Er streicht ihr über den Rücken und statt hinten in ihrem Bereich zu sitzen setzt sie nicht nach vorne auf den Beifahrersitz neben Reginald. Als Kind hatte sie am liebsten neben ihm gesessen, so hat sie sich nicht so allein gefühlt.
“Was sagen Sie ihm, was passiert ist?” Fragt Reginald ruhig.
Sunny starrt auf das blutgetränkte Tuch.
“Ok, Miss Percival. Ihr Vater ist ein sehr schlauer Mann. Sie sagen ihm Sie hätten sich die Hand in der Tür der Limousine böse eingeklemmt. Das erklärt Quetschungen und eventuelle kleinere Brüche.” Reginald hält vor dem modernen Laborgebäude in Downtown.

Christopher Percival steht bereits eine Zigarette rauchend vor der Tür seines Labors. Offiziell hatte er das Rauchen vor Jahren aufgegeben, aber eigentlich wusste jeder, dass er raucht, sobald er Stress hat.
Er nimmt die weinende Sunny in den Arm und blickt auf ihre Hand.
“Na komm wir gehen rein Ellie. Du kriegst einen Tee und wir gucken was wir machen können. Ich habe gerade Besuch, aber der wird uns nicht stören.”

Sunny liegt auf einem bequemen Behandlungsstuhl. Der Ringfinger, welchen es am schlimmsten getroffen hat ist lokal betäubt und sie klammert sich mit der anderen Hand an ihren Tee.
Die Tür öffnet sich und eine ältere Orkin betritt den Raum.
“Ooouch. Das sieht übel aus. Wie hast du denn das geschafft junge Dame?”
“Butch, das ist meine Tochter Elana.”
Zum Glück hatte sie Butch nie als Runnerin gesehen, nur mit ihr telefoniert.
Dennoch wendet Sunny sich ruhig aber panisch ab und hält ihre Teetasse vor ihr Gesicht.
“Sie sagt sie hat sich den Finger in der Tür der Limousine eingeklemmt.”
Butch betrachtet die Wunde genauer und tauscht vielsagende Blicke mit Christopher.
“Dann komme ich später wieder…”, sagt sie nachdenklich. “Ich muss sowieso wieder an die Arbeit. Alles Gute” Butch verlässt den Raum.

“Also Spätzchen.” Christopher kratzt sich nachdenklich am Bart. “Ich fürchte für das oberste Glied kann ich leider nichts tun.”
“WAS?!”
“Nunja. Der Knochen ist zersplittert, ich bekomme keinen Reiz von den Nervenenden…”
“Ok. Ich versteh schon. Werde ich dann ein Freak ohne Fingerspitze?!”
“Also bitte Ellie, ich bin Künstler.” Grinst Chris und öffnet ein Holodisplay über dem Patientenstuhl. “Siehst du, man kann damit viele spannende Dinge tun. Einen kleinen Lippenstift einsetzen, eine Medikamentenkammer, eine Hundepfeife… Und wenn es zu ist wirkt es vollkommen lebensecht. Den Nagel kann man lackieren und du könntest sogar weiter Geige spielen meine Liebe, die Stunden waren ja kostspielig genug. Schade ist es nur um den teuren AR-Nagel.” er lacht auf.

“Der Datajack da unten,” sie zeigt auf ein kleines Fenster, “ginge der?”
“Ja natürlich Spätzchen, sehr schnell sogar, gib mir eine Stunde. Das braucht nicht mal Naniten weil…”
Ein “Gott sei dank!” entfährt Sunny.
Ihr Vater stutzt “Wieso?”
“Naja…” stammelt Sunny. “Du meintest doch immer dass du diesen Nanitenkram nicht magst weil es zu sehr das natürliche Neuronennetzwerk angreift und verändert.”
“Das hast du dir aber gut gemerkt. Naja, das Gelenk ist nicht stark verletzt, du kannst das ganz normal nutzen. Und an der Uni ist das bestimmt praktisch! Wie läuft es da eigentlich bei deinen Freunden mit den Bewerbungen?”

Die restliche Zeit genießen die beiden ihr Gespräch.
Am Ende geleitet Chris Sunny zur Tür, ein kleines Säckchen mit Medikamenten in der Hand.

“Falls es heiß oder rot wird soll Reginald mich anrufen. Ich habe jetzt wieder einen Termin zur Blutabnahme. Hab noch einen schönen Tag Spätzchen.” Sie umarmen sich zum Abschied. Beim Abwenden rennt Sunny in Hollidays Brust. Aus dem Augenwinkel sieht Sunny Jazz vor dem Labor an einer Wand lehnen.

“Oh entschuldigen Sie! Das ist meine Tochter Elana. Sie wollte grade gehen.”
“Sehr erfreut!” Holliday reicht Sunny grinsend seine Hand.
“Gleichfalls. So ich muss los. Ciao Dad.”
Von hinten hört sie ihren Vater noch: “Meine Güte Sie sind ja wirklich Nackter-Elf-Kämpft-Mit-Piratin-Um-Süßigkeiten!”

Sunny winkt den beiden noch einmal zu und flitzt dann aus dem Gebäude und rüber zur Limousine, ihre ungewohnt taube Fingerspitze inspizierend.
“Entschuldigen Sie Miss. Ich habe Sie mehrfach angepingt.”
“Ist schon ok Reginald. Fahr mich einfach nach Hause. Ich habe sowieso das Gefühl alles stürzt über mir zusammen wie ein Kartenhaus.”

[Der neue Datajack ermöglicht Sunny ein paar neue Kniffe, weswegen sie Elektronik von 4 auf 5 levelt]

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TLDR:

  • Sunny und Broker werden im Derezzed von einem Troll auf Droge überfallen der zu CashTalks Gruppe gehörte, Jeremy knockt den Troll aus
  • Der Troll hatte seine Machete in die Bar und dummerweise auch in Sunnys Finger gerammt
  • Sunnys Hand ist stark verwundet. Sie begibt sich zu ihrem Vater in Behandlung
  • Das oberste Fingerglied des Ringfingers ist hin. Sie bekommt stattdessen einen Datajack Fingerglied eingesetzt
  • Butch kommt vorbei und sieht Sunny
  • Am Ende begegnet Sunny vor dem Bürokomplex Holliday
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Oh nein die Arme :cry: Nur Pech momentan!
Die Fiction ist sehr sehr schön, freu mich, dass ich jetzt dazu kam sie zu lesen :heart_eyes:
Und Sunny - Dad Interaction ist sehr cool! :yellow_heart:

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Am Anfang der Season war Lissy noch so „ABER SUNNY DARF NIX PASSIEREN SONST SPIEL ICH DIE NICHT!“ und jetzt so: „10 Finger sind eigentlich mindestens einer zu viel, oder?“

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10 Finger sind augenscheinlich einer zu viel :smiley:

Und danke für dein Feedback Kate, das freut mich immer sehr :33

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oh je die arme sunny. aber hey powl immerhin war das ja lissys eigene entscheidung (also glaub ich jedenfalls :thinking:)

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Ja das ist allein auf meinen Mist gewachsen :smiley:

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<3

Hat Lissy vor, ihn mal als Alchemisten oder so zu spielen? Der ist ja auf alles vorbereitet :joy:

Und ja, wieder eine sehr schöne Fiction. Der Einblick auf ihre in dem Moment bröckelnde Fassade der kühlen Art war sehr interessant.

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Mega Idee! :smiley: leider fürchte ich dass Jeremy Seattle nicht verlassen würde, aber falls doch behalte ich das im Hinterkopf :smiley:

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Wtf Jeremy?! Wie geil ist das denn bitte :heart_eyes: :joy:

Aber ja ich kann mich nur den anderen anschließen, sehr schön geschrieben :blush:

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Der gute Jeremy wär doch eindeutig was für Leyla…er scheint gut mit allem möglichen an chemischen Zeug zu sein und hat keine Angst sich die finger schmutzig zu machen. Perfektes Duo :smiley:

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Irgendwie schon ne? :smiley: Zumindest ist sie von seinen Drink Mixes fasziniert :heart_eyes:

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