Ausflug - Shadex

25.09.2076 - Boston - Brookline

Geschickt lenkte der Rigger seinen Wagen durch die teils verwüsteten Straßen. Auch ohne eingerigged zu sein, beherrschte er sein Fahrzeug sehr gut. Der Anblick der sich ihnen bot, war teilweise wirklich mit einer Zombie Apokalypse zu vergleichen, wie man sie oft in alten Filmen und Serien fand. Im Wagen herrschte eine angenehme Stille. Shadex mochte die Männer, mit denen sie sich ein Haus teilte, jedoch fehlte ihr auch die Ruhe, die sie sonst oft genoss. Marcus und Nick hatten sich dazu bereit erklärt, sie zu begleiten, da sie schon zu lange nichts mehr von ihrem alten Bekannten Finnlay gehört hatte. Sie glaubte nicht, dass ihm was passiert war, da auch einfach die Kommunikation in Boston sehr eingeschränkt war. Noch dazu hatte er gute Kontakte zu den O’Rileys, welche ihn bestimmt nicht im Stich gelassen hatten. Allerdings wollte sie trotzdem auf Nummer sicher gehen und doch einmal nach ihm sehen. Wahrscheinlich wollten die Männer sie auch nicht alleine gehen lassen, da sie vor ein paar Tagen erst einen Streit über ihren Job gehabt hatten und sie dann verschwunden war.

Nebenbei hielten sie Ausschau, ob irgendwo noch brauchbare Güter aufzutreiben waren. Derzeit konnte man so ziemlich alles gebrauchen. Angefangen von Wasser bis hin zu technischen Gerätschaften. So ziemlich alles war irgendwie verwertbar.
Was das Improvisieren anging, war sie froh über ihre Begleiter, die wirklich sehr kreativ waren, wenn es darum ging, aus Schrott noch etwas Brauchbares zu machen. Da hatte sich ihre Ausbildung definitiv bezahlt gemacht.
Allerdings machte sie sich auch durchaus Sorgen wegen der Situation in der Stadt. Niemand wusste genau was hier los war bzw. wenn, dann drang es nicht zur Öffentlichkeit durch oder, was wohl das Wahrscheinlichste war, es wurde bewusst verschwiegen. Je länger diese Situation anhielt, desto schlimmer würde es hier werden. Shadex hasste es eingesperrt zu sein, Boston war zwar keine kleine Zelle irgendwo in einer Forschungseinrichtung oder eines Folterkellers, allerdings war diese Freiheit hier trotzdem sehr trügerisch und gefährlich.

Tief in Gedanken hörte sie ein Räuspern neben sich: “Erde an Aurelia,” sie blinzelte etwas verwirrt: “Na du warst ganz schön weit weg mit deinen Gedanken. Hatte das etwas mit einem gewissen dunkelhaarigen Elfen zu tun?” grinste er sie anzüglich an.
Shadex verdrehte die Augen und ließ ihre Stirn gegen ihre Handfläche fallen. “Nein hat es nicht und außerdem geht dich das recht wenig an,” erwiderte sie etwas genervt. Immer wieder fing Marcus von ihrer “Beziehung” zu Jeremy an. Sie wusste ja selbst nicht genau, was das zwischen ihnen war, geschweige denn würde sie das mit einem der Jungs bereden. Wenn diese anwesend waren, dann waren die beiden auch weiterhin einfach nur beste Freunde. Alleine in ihrem Zimmer sah die Situation etwas anders aus. Wahrscheinlich konnte man die Situation am besten mit: “Es ist kompliziert” beschreiben.
“Ach komm schon, so wie ihr euch anseht muss da doch etwas laufen. Außerdem wissen wir alle, dass ihr zusammen in einem Bett schlaft.”
“Na und? Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Wir teilen uns ein Zimmer, weil es nicht genügend Schlafzimmer in dem Haus gibt und die Couch ist nun mal unbequem, da teilen wir uns eben ein Bett. Wir sind Freunde, wo ist da das Problem?”
“Erzähl mir bitte nicht, dass ihr nur nebeneinander liegt und da nichts weiter passiert. Ich mein - er sieht gut aus - du siehst gut aus und ihr mögt euch, das sieht selbst ein Blinder.”
Shadex war genervt von dem Gespräch und wurde auch langsam etwas wütend, sie wollte nicht darüber sprechen. Schon gar nicht nach der Sache mit dem Streit, sie wusste, dass sie Jeremy damit verletzt hatte. Sie hatte ihn angelogen und war gegangen, obwohl sie ihm gesagt hatte, dass sie es nicht tun würde. Nachdem sie, wie sie ihm versprochen hatte, von ihrem Run wieder kam, hatten sie sich zwar ausgesprochen, aber trotzdem beschäftigte es sie mehr als sie zugeben wollte. Leicht aggressiv erwiderte sie also: “Kannst du das Thema bitte sein lassen? Sonst schwör ich dir, dass du den morgigen Tag nicht mehr erleben wirst.”
Marcus fing an zu lachen: “Na da ist aber jemand gereizt.”
“Natürlich bin ich gereizt, wenn du immer wieder damit anfangen musst, als ob wir hier nicht andere Probleme hätten als meinen Beziehungsstatus.”
Grinsend antwortete er: “Ja doch, Probleme gibt es genug, aber die sind bei weitem nicht so spannend wie das, was bei euch los ist.”
“Ich schwöre dir, ich verfüttere dich an Charly. Jazz hat bestimmt nichts gegen eine zusätzliche Futterration für ihn,” knurrte Shadex ihn nun an.

Wahrscheinlich sollte sie den Gedanken von vorhin, dass sie froh über die Jungs wäre, wohl doch revidieren. Jetzt war sie kurz davor den Menschen, der neben ihr auf dem Fahrersitz des Wagens saß, zu erwürgen.
“Wer zur Höll….” gerade als der Mensch ihr antworten wollte, lief jemand mitten auf die Straße. Marcus riss das Lenkrad herum, um auszuweichen und schaffte es gerade so, nicht mit einem geparkten Auto zu kollidieren.
Nick, der während der gesamten Fahrt geschlafen hatte und deshalb so still war, fluchte auf dem Rücksitz. Bei ihrem Ausweichmanöver hatte er sich irgendwie den Kopf gestoßen. “Sag mal gehts noch? Willst du uns umbringen oder was?”
“Hatte ich eigentlich nicht vor, aber da stand nun mal plötzlich jemand auf der Straße.”
“Wir sollten vielleicht mal nachsehen, wer das war und ob dieser jemand Hilfe braucht,” grummelte Nick sich seinen Kopf reibend.
Shadex drehte sich halb zu ihm um: “Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist, ich meine es könnte genauso gut eine Falle sein.”
“Möglich ist es, aber das können wir nicht wissen wenn wir es uns nicht erstmal ansehen. Ich meine, wir sind ausgebildete Soldaten, wir sind nicht hilflos,” erwiderte Marcus, der nun wieder etwas ernster geworden war.
“Na gut, dann sehen wir uns hier etwas um, vielleicht finden wir ja auch noch etwas Brauchbares.”

Alle drei öffneten zeitgleich ihre Türen und verließen den Wagen. Nick hatte seine Room Sweeper gezogen und Marcus schickte seine Flying Eye Drohne voraus, um die Gegend besser im Auge behalten zu können. Zusätzlich hatte er seine Predator im Anschlag, Shadex bildete den Schluss mit ihrem Schwert. So suchten die drei die Gassen um sie herum ab. Von der Person, die plötzlich auf der Straße stand, fehlte jede Spur. Nachdem sie gerade zurück zu ihrem Auto gehen wollten, hielt Marcus inne. Scheinbar hatte seine Drohne etwas entdeckt. Sie näherten sich dem, im ersten Moment undefinierbaren, Etwas und der Anblick, der sich ihnen bot war alles andere als appetitlich.

Vor ihnen in der Gasse lag ein übel zugerichteter Körper. Bei näherem Hinsehen erkannten sie, dass am Oberschenkel und an der Brust mehrere große blutige Stücke fehlten, die scheinbar durch Reißzähne entfernt worden waren.
“Was denkt ihr, waren das Ghule?” meinte Nick, der sich etwas näher über die Leiche gebeugt hatte, um sie zu untersuchen. “Glaube ich nicht, die Biss-Spuren von Ghulen sehen irgendwie anders aus, außerdem gibt es glaube ich gerade genug totes Fleisch in der Stadt,” antwortete Marcus. “Was denkst du Aurelia?” fragte er dann noch in Shadex’ Richtung. “Ich bin mir nicht so ganz sicher, aber es sieht so aus, als wäre ihm die Kehle aufgeschlitzt worden. Könnte von scharfen Krallen stammen, zumindest würde das zu den Fraßspuren passen. Möglicherweise irgendein Critter, aber hier gibt es keine Kampfspuren oder Sonstiges, was uns Aufschlüsse geben könnte, welcher Critter es war. Ghule schließe ich aber auch eher aus. Wir sollten Fotos machen, vielleicht wissen die anderen ja etwas mehr.”

Um eventuell noch ein paar Informationen über den Toten zu finden, durchsuchte Shadex seine Taschen und förderte eine Automatikpistole und ein Kommlink zu Tage.
Das Kommlink reichte sie weiter an Marcus: “Ich weiß du bist kein Decker, aber vielleicht findest du ja trotzdem ein paar Informationen darauf.” Bei der weiteren Untersuchung der Leiche fand Shadex auch noch ein LED-Tattoo, das sie nicht wirklich einordnen konnte: “Hey Nick, sieh dir das einmal an. Weißt du vielleicht, was dieses Tattoo zu bedeuten hat?” Der Zwerg kam wieder näher und untersuchte das Tattoo auf seinem linken Unterarm. “Das ist ein Gang Tattoo. Wenn ich mich nicht ganz irre und das tue ich in der Hinsicht eher selten, dann ist er, oder besser war er ein Ritter des roten Zweiges. Dieser Tatsache geschuldet und auch von seiner Aufmachung her würde ich sagen, dass er recht eindeutig Ire war.”
“Die Vermutung kann ich euch bestätigen, die SIN auf dem Kommlink ist sehr eindeutig die eines Iren,” mischte sich jetzt auch Marcus wieder in das Gespräch mit ein. Er hatte es geschafft, zumindest ein paar offensichtliche Informationen auf dem Kommlink zu finden.
“Was ich aber ebenfalls glaube ist, dass wir recht schnell die Biege machen sollten. Guckt euch an was ich noch auf dem Link gefunden habe.” Er hielt den anderen beiden das Kommlink hin, auf dem jetzt viele Bilder von toten Elfen zu sehen waren. Alle brutal ermordet. “Wenn hier einer von den Knights ist, dann kann es gut und gerne sein, dass hier noch mehr von den Elfenhassern in der Nähe sind. Ich will Jeremy ungern erklären müssen, warum wir ohne seine Freundin wieder heim kommen.”

Beim Anblick der toten Elfen lief es Shadex kalt den Rücken herunter. In ihrem Leben hatte sie schon sehr viele Tote gesehen und für nicht wenige war sie sogar selbst verantwortlich, aber trotzdem war dieser Anblick anders, sie wollte schleunigst weg von hier. Das Kommlink und die Pistole packte sie mit ein, vielleicht konnten ja Joker oder Sunny noch etwas damit anfangen. Notfalls könnte man bestimmt noch das ein oder andere Ersatzteil aus dem Ding herausholen und die Waffe würden sie auch irgendwie verwerten können.

Obwohl sie eigentlich nach Finlay sehen wollte, entschieden sie sich den Weg nach Hause anzutreten. Auch wenn sie ihr eigentliches Ziel nicht erreicht hatten, konnten sie trotzdem auf dem Weg ein paar nützliche Dinge ergattern. So war der Weg immerhin nicht umsonst gewesen. Die Stimmung im Wagen war während der ganzen Fahrt eher bedrückt, selbst Marcus war still und nahm sein Gespräch von der Hinfahrt nicht wieder auf.

Hier auch der Blogdown Beitrag

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Hatte dir bei der Abnahme ja schon geschrieben dass ich die fiction gut finde :slight_smile:

Für mich als SL immer besonders schön, wenn auch Fachbegriffe und Markennamen und so aufgegriffen werden - und die Bezüge auf andere spielercharaktere!

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Dankeschön :blush:

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Niice ! Sehr cool Demi :heart_eyes: Durch das Gespräch findet man wieder ein bisschen mehr über Shadex raus selbst ohne das „private“ an ihr zu verlieren. :yellow_heart:

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Dankeschön :blush: Dafür das es eher ein sehr spontaner Einfall mitten in der Nacht beim Nachtdienst war, ist es gar nicht mal so übel geworden. Und ich mag das Gespräch zwischen ihnen auch irgendwie. Ist immer wieder lustig wie viel ich selbst über meine eigenen Figuren noch herausfinde :joy:

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Schön geschrieben und es ist auch sehr interessant, ein bisschen über die Begleiter von Shadex zu lesen, ohne, dass sie aus dem Zentrum der Fiction gedrückt wird.

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