Anders als erwartet - FiFi

4.6.2076 - Havanna Airport

“Gehts?” John sieht FiFi besorgt an, als sie sich durch die Reihen der First Class des Linienfluges nach Boston schiebt. In der Hand hält sie einen kleinen Transportkorb in dem Phoenix seit der Sicherheitskontrolle etwas über “Persönlichkeitsrechte” faselt.
Trotz der massiven Verletzung ihres linken Arms hatte sie sich den Korb nicht abnehmen lassen.
Die beiden nehmen auf ihren reservierten Sitzen Platz.
FiFi nickt etwas geistesabwesend. “Wenn wir in Boston landen, wann ist dann unser Termin mit dem Streetdoc?” Sie blickt John direkt an, der noch eine Tasche mit Handgepäck verstaut und sich dann neben sie setzt.

“Alyza wir haben das doch… “ Er seufzt leise. “Wir treffen uns in den nächsten Tagen mit Dr. Percival. Er ist sehr sehr gut. Er wird mit dir über die Vorzüge und Risiken sprechen. Cyberpsychose ist bei ausgebrannten Magiern wirklich ein Problem…”

“Natürlich ist es das. Weißt du wie ich mich fühle? Als… Ich weiß gar nicht mehr wer ich bin ohne meine Magie. In mir ist alles leer… Und irgendwo ganz tief in mir spüre ich einen Teelöffel voll astraler Macht die mir geblieben ist. Und mit dem ich absolut NICHTS anfangen kann. Ich… Ich muss neu finden wer ich jetzt bin John. Und was ich als nächstes machen will.” Sie reibt sich durch das Gesicht und greift vor sich durch den Käfig um die kleine schwarze Katze zu kraulen.

“Es ist wie als Phoenix… also der Schutzgeist… Plötzlich weg war. Nur 1000-fach schlimmer.”
John legt den Arm um sie. Je mehr sie über das Thema reden, desto stärker erfüllt ihn ein Gefühl, die Situation nicht mehr tragen zu können. Alyza an diesen katastrophalen Einschnitt zu verlieren.

“Wie war denn dein Gespräch mit Mr. Kendall? Konnte er dir helfen?”
FiFi lächelt. “Er hat hauptsächlich blöde Witze darüber gemacht, dass ich ja jetzt leider als Love Interest für ihn ausscheide. Aber ja. Ben hat auf mich irgendwie was krass beruhigendes.”
“Ben Kendall? Auf mich wirkte er bislang ehrlich gesagt weniger beruhigend.” Doyle lacht und stopft sich ein kleines Reisekissen in den Nacken.

“Früher dachte ich das sei was astrales aber so… Zaubern durchs Telefon klappt nicht. Was auch immer es ist. Es hat wirklich geholfen. Bei Broker habe ich mich auch nochmal ausführlich entschuldigt. Was ich gesagt habe, hat er nicht verdient.” Sie zupft an ihrer Jacke herum und blickt aus dem Fenster.

“Was hast du denn für nächste Pläne? Ich gehe ans MIT&T und forsche mit Studenten an irgendwas großem woran sie arbeiten, aber niemand will mir sagen woran genau. Und du meintest immer, du machst dir Gedanken ‘wenn es so weit ist’” Er lächelt sie an.

“Ich dachte daran einen eigenen kleinen NeonDome in Boston zu eröffnen. Phillipe wollte schon immer gerne an die Ostküste. Oder… die Draco Foundation sitzt in Boston. Ben meinte viele ausgebrannte Magier helfen bei Magieforschung, entwickeln den theoretischen Hintergrund hinter neuen Zauberformeln oder Ritualen. Mit meinem Wissen könnte ich bestimmt einigen weiterhelfen.“

„Und das Runnen wäre dann endgültig vorbei? Wenn du den nächsten Dome aufmachst… ich kenne dich Alyza, dann dauert es kein halbes Jahr bis du selbst wieder unterwegs bist und dich in Lebensgefahr begibst.“ Er starrt auf ihren in einen dicken Verband gehüllten Arm und den dick mit Pflastern bedeckten Vampirbiss.
„John das Runnen… ich bin damit groß geworden.“

„Ok hör zu. Broker wird sich eh nicht trauen es dir zu sagen aus Angst, dass du ihn anzü…” Er beißt sich auf die Zunge. “Verprügelst. Venus ist Ende letzten Jahres auf einem Job verstorben Alyza. Ihr Mann und Sohn reisen jetzt alleine durch die Welt. Ich… würde es nicht aushalten wenn uns etwas ähnliches passiert. Ich liebe dich Alyza und ich will mein Leben mit dir verbringen, so lange es uns irgendwie gegeben ist. Ich liebe jeden einzelnen Tag an dem du neben mir aufwachst und die Möglichkeit, dass sich das ganze mit jedem mal das du weg gehst erledigen könnte…“ Er zieht sich an sie und umarmt sie als ihre Augen erneut beginnen sich mit Tränen zu füllen. Sie hält kurz inne während das Flugzeug auf die Rollbahn rollt und langsam in den mittlerweile klaren Himmel Kubas aufsteigt.

Einige Minuten vergehen bis FiFi sich aufrichtet und ihn ansieht. „Du hast recht. Ich sollte das als Abschluss sehen. Touri Touren waren auch immer schön. Oder wirklich die Sache mit den Dracos. Die können uns bestimmt auch vor Aztlan schützen.“

Aus dem Fußraum erklingt eine Stimme: „Ich störe eure heimelige Diskussion nur ungern. Aber nun wo wir Flughöhe erreicht haben: ich will hier raus. Ich will auf deinen Schoß. Lass mich auf deinen Schoß.“

Fifi bückt sich, hebt die kleine Katze aus ihrem Korb und setzt sie sich auf den Schoß, wo Phoenix sich schnurrend einrollt.
Doyle nickt und atmet erleichtert auf. FiFi sieht ihm deutlich an welche Spuren die Flucht aus Aztlan, der letzte Kampf und ihr Zustand bei ihm hinterlassen haben. Unter seinen sonst blitzenden blauen Augen zeichnen sich dicke Augenringe ab. Er wirkt blasser als sonst. Er hat diesen Kummer nicht verdient. Dann eben kein Runnen. Mit 30 kann man sich ja mal neu erfinden.

FiFi scrollt geistesabwesend vor ihr im Entertainment Menü des Fluges. Ein Flugbegleiter eilt herbei und bietet den beiden ein Getränk an.
FiFi atmet tief ein. “Champagner bitte. Wir haben einen Neuanfang zu fei…”
“Das würde ich nicht tun.” tönt es von der auf ihrem Schoß eingerollten Katze.
Der Flugbegleiter zieht die Augenbrauen zusammen. “Hat ihre Katze gerade…”
Doyle hebt eine Hand. “Wir brauchen noch kurz.”
Der Flugbegleiter nickt und geht zu anderen Passagieren.
“Wovon sprichst du Katze? Ja sie ist noch im Entzug aber ein Glas Champagner hätte sie ja wohl nicht…”
Die Katze erhebt sich mit einem ausgedehnten strecken, putzt sich kurz an der Flanke und hebt dann die strahlend grünen Augen auf Doyle.
“Oh bitte. Ihr Alkoholkonsum ist mir vollkommen gleich. Ich sage nur sie sollte das nicht tun.” Er leckt seine Pfote an und wischt sich damit durchs Gesicht.
FiFi zieht die Augenbrauen zusammen. “Aber wieso denn nicht Phoenix?” Sie krault die kleine schwarze Katze etwas am Kinn.
Der Kater seufzt. “Du hast doch von einem kleinen Teelöffel astraler Energie in dir gesprochen oder? Nun. Das ist nicht deine Energie. Katzen spüren sowas wohl. Der primitive Teil in mir will den ganzen Tag auf dir kuscheln und an deinem Bauch horchen.”
FiFi blickt Doyle an der ebenfalls die Stirn in Falten gelegt hat. “Das heißt jetzt?”
Der Kater seufzt erneut. “Nun gut. Wenn ihr beide es unbedingt von einer Katze erfahren wollt. Alyza ist schwanger. Ihr bekommt ein Baby.”
FiFis Augen reißen weit auf als sie von der Seite spürt wie Doyle sie etwas ruppig aber schnell und fest umarmt. “Das ist doch… Alyza hast du das gehört?”

Ihr Herz beginnt zu rasen. “Ein… Das ist toll, wirklich. Aber… Ist es gesund? Es muss doch noch ganz klein sein. Und ich… Die Drogen, der Kampf, mein Absturz… Das kann doch kein Baby überleben oder?” Sie schaut Doyle besorgt an dessen freudiges Grinsen etwas einfriert.
“Naja, ich kann euch nur sagen dass es lebt und wohl erwacht ist. Wenn ihr mir in Boston etwas Zeit gebt bekomme ich bestimmt einen KFS infizierten Dackel organisiert dessen Persönlichkeit Gynäkologe ist.”

FiFi rollt mit den Augen und schiebt die kleine Katze etwas unsanft von ihrem Schoß zurück in den Korb.
“Es lebt Alyza. Sobald wir in Boston sind klären wir alles weitere. Es ist ein Kämpfer. Wie seine Mama.” Doyle küsst ihre Schläfe und drückt seine Stirn gegen selbige.
“Oder Kämpferin.” tönt es aus der kleinen Transportbox.

Fifi atmet tief ein und schließt die Augen. Tief in sich nimmt sie ein ganz kleines astrales Flattern wahr. Wie die Flügelschläge eines Schmetterlings.
Das Leid der letzten Tage scheint von Alyzas Brust und Schultern gehoben. Sie blickt hinaus auf einige einzelne Wolken und das langsam nähernde Festland Floridas.
Das Ganze wird ein Neubeginn. Aber ein ganz anderer, viel schönerer als sie erwartet hatte.

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Awwwww :heart_eyes: :sob: So ein schöner Abgang für die Zwei!
Und damn diese Katze! :flushed: :joy:

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Uhhh, was ein schönes Ende :heart_eyes:

Und die Katze ist die Beste :heart_eyes:

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