Wiedersehen - Violet

Montag abend 11.04.2077

Rasch legt Violet den Verband um den Fuß. Eine Erfrierung zweiten Grades, was sie heute recht häufig zu Gesicht bekommen hat. Gerade die Squatter sind davon betroffen, da sie sich nicht gut gegen den harten Winter schützen können.

Als sie die junge Zwergin noch mit Antibiotika versorgt hat, macht sie ihren Van für heute zu.

Das war ein erfolgreicher Tag. Sie verdiente mit den Hooding Run etwas Geld und ein paar Gerüchte zu den Vermissten konnte sie auch aufschnappen.

Während sie die Ordnung im Van wiederherstellt, geht eine Nachricht auf ihrem Komlink ein. Violet lässt es sich über ihre AR Kontaktlinsen anzeigen:

“Bin in einer halben Stunde in der Bar, freue mich schon :blush: ~ Jen”

Schnell schreibt Violet eine Antwort zurück:

“Okay, freue mich auch :heart: ~ Izzy”

Violet freut sich sehr ihre 7 Jahre ältere Schwester wieder zu sehen.

Nach der Trennung ihrer Eltern blieb Jennie bei ihrem Vater, während Violet mit ihrer Mutter nach Seattle zog. Doch sie hielt mit ihrer Schwester stets Kontakt.

Trotz ihres guten Verhältnisses wusste Jennie nicht, dass Violet runnt und illegal als Ärztin arbeitet. Sie erfuhr zwar von Violet, dass diese ihren Job als Chirurgin bei DocWagon wegen ihrer Drogenabhängigkeit verlor, dachte jedoch, dass ihre kleine Schwester mittlerweile einem Bürojob nachging und aus geschäftlichen Gründen einige Wochen in den Sioux Nation verweilte. Wenn ihr Geheimnis herauskäme, würde Jennie ihr das nicht verzeihen. Violet könnte es ihr nicht mal übel nehmen, aber sie will ihre Tätigkeit als Streetdoc nicht aufgeben.

Sie wechselt die Arbeitskleidung gegen bequeme Alltagskleidung und macht sich auf den Weg.

Bevor sie sich zur Bar begibt geht sie nochmal in die Apotheke, wo ihre Connection Molimo arbeitet, denn sie muss noch ein paar Vorräte aufstocken.

Vor der Apotheke öffnen sich leise die Schiebetüren und warme Luft kommt Violet entgegen. In der Apotheke ertönt von den Lautsprechern leise entspannte Musik und an den Regalen leuchten verschiedene ARO’s auf, die Information für die verschiedensten Medikamente anzeigen.

Violet geht die Reihen durch und packt sich verschiedene Medikamente, Desinfektionsmittel und Verbände ein. Bei den frei verkäuflichen Stimulanzien bleibt sie stehen und zögert. Ihre Hand ist schon im Begriff danach zu greifen, im letzten Augenblick zieht sie sie aber wieder zurück. Violet war jetzt schon vier Jahre clean gewesen, bevor sie im letzten Run dazu genötigt wurde an dieser Pfeife zu ziehen. Da konnte sie sich ja schlecht weigern, sonst wären sie nicht von LaughTooMuch über die Grenze gebracht worden.

Danach hat sie immer wieder ein leichtes Verlangen bemerkt, aber sie ist dem bis jetzt nicht nachgegangen. Und sie möchte es nicht nochmal dazu kommen lassen. Der Entzug war hart gewesen und sie hat mehrere Rückfälle erlitten. Nur zusammen mit ihrer besten Freundin gelang ihr der komplette Ausstieg.

Violet atmet kurz durch, geht weiter ihre restlichen Medikamente holen und bezahlt bei Molimo, dem dunkelhäutigen Ork.

Sie packt alles zusammen, bedankt sich bei ihm und geht wieder hinaus in die Kälte.

Nachdem Violet alles im Van verstaut hat, macht sie sich auf den Weg zum Restaurant. Der eisige Wind peitscht gegen ihr Gesicht und sie zieht ihren Schal bis über die Nase. Nach ein paar Minuten steht Violet vor einem simplen Backsteingebäude mit der Aufschrift “The Albany”. Am Eingang steht eine Anfang 40 jährige Menschin mit denselben Gesichtszügen und grinst Violet an, als sie sie erkennt.

“Izzy!” ruft Jennie ihr zu und die beiden verfallen in eine enge Umarmung.

“Hi Jen. Können wir gleich reingehen? Ich habe das Gefühl meine Zehen fallen gleich ab.” sagt Isabelle sichtlich fröstelnd.

Zusammen betreten sie das “The Albany”. Es ist rustikal, aber sehr gemütlich eingerichtet. Am Empfang werden die beiden Damen zu ihrem reservierten Tisch geführt. Als sie Platz genommen haben, werden ihnen 2 Tablets, die als Speisekarten fungieren, hingelegt.

Nachdem sich Isabelle und Jen ihr Essen bestellt haben, einmal ein Soyburger mit Pommes und ein Clubsandwich, kommen sie ins Gespräch.

“Wie geht es dir Jen? Wie macht es sich so als Professorin?” fragt Isabelle lächelnd. Ihre Schwester hat jetzt nach einem langen Studium endlich ihren Traumjob an der Uni in Cheyenne bekommen.

“Oh es ist einfach super!” strahlt Jen und erzählt wild gestikulierend von ihren Kollegen, den Studenten und ihrem Unterricht.

Als das Essen serviert wird fragt Jen: “Und Schwesterherz, wie geht es dir? Es ist schön, dass du mich endlich mal in Cheyenne besuchst.”

“Es ist wirklich nett hier. Auch wenn das Wetter besser sein könnte.” sagt Isabelle lachend.

“Ja um die Zeit ist es wirklich nochmal schlimm. Ein Glück müssen wir nicht draußen hausen.” sagt Jen scherzend.

“Genau.” erwidert Isabelle und schlürft dabei an ihrem alkoholfreien Mojito. Dass sie aktuell nur in einem Van wohnt, hat sie ihr logischerweise verschwiegen.

“Und wie ist der Job hier? Ich weiß, du warst nie der Mensch für einfache Büroarbeiten, aber ich war so froh, dass du nach alledem wieder in ein normales Leben gefunden hast.”

“Es ist nicht das schönste, aber ich habe mein Einkommen und ich habe nette Kollegen.” lügt Isabelle. Auch wenn das mit den “Kollegen” nicht direkt gelogen ist.

Auch wenn sie die Truppe erst seit kurzem kennt, fühlt sie sich bei ihr sehr wohl. Isabelle freut sich auch, wieder mehr auszugehen. Natürlich hat sie sich regelmäßig mit ihrer besten Freundin in Seattle getroffen, aber die meiste Zeit ist sie eigentlich nur am arbeiten gewesen. Da war keine Zeit für Stripcluberöffnungsfeiern oder in angesagte Clubs gehen. Isabelle liebt ihre Arbeit über alles, aber sie muss sich zugestehen, dass das Ausgehen ihr gut tut.

“Das ist schön zu hören, nette Kollegen trifft man echt selten.” sagt Jennie lächelnd.

“Wem sagst du das!” lacht Isabelle.

Zusammen sitzen sie noch eine Weile und unterhalten sich über die verschiedensten Dinge. Es ist sehr ausgelassen, bis ihre Schwester ein leidiges Thema anspricht:

“Hast du eigentlich Dad erzählt, dass du in der Stadt bist?” fragt Jen.

“Nein, hab ich nicht, ich hatte es auch nicht vor.” sagt Isabelle knapp.

Die letzten, die sie sehen möchte ist ihre Familie. Nach der Scheidung ihrer Eltern ist der Kontakt zu ihrer restlichen Familie sehr sporadisch geworden. Und nachdem ihre Drogensucht und ihr Jobverlust herauskam, war sie ein Schandfleck in der Familie. Wenn sie sich per Videocall meldet, kommen immer wieder die vorurteilenden Aussagen und verachtenden Blicke. Darauf kann sie wahrlich verzichten.

“Aber er würde sich bestimmt freuen, wenn -” versucht Jennie zu erwidern, aber Isabelle unterbricht sie barsch:

“Nein würde er sich nicht. So wie die anderen aus unserer Familie auch nicht. Du bist die Einzige, die mich so akzeptiert wie ich bin.”

“Aber du hast dich doch geändert, das müssten sie doch mittlerweile sehen.” probiert Jennie ihre Schwester zu überzeugen.

“Sie wollen es nicht sehen. Für sie bin ich immer noch die drogensüchtige Squatterin, die ihr Leben komplett versaut hat.” sagt Isabelle verbittert. “Also bitte, erzähle ihnen einfach nicht, dass ich da bin, okay?” fragt sie mit leicht flehender Stimme.

“Okay, ich werde es nicht erzählen.” willigt Jennie ein.

Nach ein paar weiteren Drinks und wieder angenehmeren Gesprächsthemen verabschieden sich die beiden herzlich. Auf dem Weg zu ihrem Van schaut Violet auf ihr Komlink. Auf dem Jackpoint ist schon wieder einiges los. Gerade wird über Mitternachtsbaden in einer Therme geredet. Das klingt perfekt, da muss sie mit hin, denkt sie sich grinsend und macht sich auf den Weg zum Camp.

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Hach, sehr schön geschrieben :slight_smile:
Finds gut dass Violet mit den andern so viel raus kommt! Hoffen wir, das bringt sie nicht wieder zu den Drogen :upside_down_face:

Wenn du magst können wir das Albany auf der Karte markieren, musst uns nur sagen was und wo :stuck_out_tongue:

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Danke schön :blush:

Ich hoffe es ja nicht, aber wer weiß, was in der Season noch alles passiert :sweat_smile:

Äh öh, ich gucke mal. Die Bar gibt es zumindest wirklich in Cheyenne :sweat_smile:

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Also laut Google Maps ist die Bar bei den Koordinaten: 41°07’55.3"N 104°48’54.1"W

Da ist sogar nichts auf unserer Karte drauf :smile:
Und ist eine normale Bar mit Fast Food Essen ^^

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Ohhh sehr schön geschrieben Alisa! Kommt richtig gut raus wie sie sich mit all dem fühlt :green_heart::blush:

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