Weltreisende - Jazz

[ Triggerwarning: (KFS) Erkrankung, tote Eltern (nur kurz erwähnt), Operativer Eingriff, Folter]

Peru

Der Aufstieg zu der kleinen Bar war sehr mühsam, aber nun, oben angekommen und mit einem Bier versorgt genießt Holliday den Ausblick über die hügelige Berglandschaft. Er hält inne und dreht sich um, mit dem Blick auf die kleine, in eine Höhle eingelassene Bar, die örtliche Runner über die letzten Jahre erbaut hatten und mit am laufen hielten. Drinnen hatte man auf den ersten Blick mindestens 5 Gespräche mit Johnsons mitbekommen und Schieber rangen fast schon um die Aufmerksamkeit der Runner um ihre weltumspannenden Job an den Mann zu kriegen. Gerüchten zufolge wissen nur die Besten der Besten wie sie überhaupt hier her finden. Angesichts des mühsamen Aufstiegs und dem generischen Namen des Etablissements “Die Bar.” glaubt Holliday eher dass es nicht die besten, sondern die verbissendsten Runner sind.

Er blickt durch die offenstehende Doppeltür der Bar und sieht wie Jazz auf einem Tisch stehend vor einer Gruppe Männer wild ihren Säbel schwingt und wieder eine ihrer liebsten Abenteuergeschichten zum besten zu geben scheint. Er grinst und wendet sich wieder seinem Bier zu.

Jazz im inneren der Bar schaut sich am Ende ihrer Geschichte kurz im Laden um.
Ihr Blick fällt auf die Tür und damit auf einen auf einem großen Felsen sitzenden Elfen. Sie schnappt sich an der Bar von einem netten dicklichen Barkeeper namens “Runner Joe.” weitere zwei Biere und verlässt die Bar.

“Na wohin geht denn die Reise schöner Unbekannter?” Jazz grinst ihn an und hält ihm sein geöffnetes Bier hin. Er lächelt sie an und wendet den Blick dann wieder den saftigen grünen und etwas nebelverhangenen Tälern zu.
Jazz nimmt einen Schluck. “Was beschäftigt dich?”
“Boston.” sagt Holliday ruhig, aber etwas verunsichert. “Ich… Ich weiß einfach nicht ob ich diese ganzen experimentellen KFS Untersuchungen von denen Sunny mir täglich irgendwelche Abstracts und Abrisse schickt, mit mir machen lassen will, nur um mir bestätigen zu lassen, dass wirklich alles weg ist. Oder mir anhören zu müssen, dass es mit Pech in einem halben Jahr wieder von vorne los geht…” Er reibt sich mit seinen langen feingliedrigen Fingern über die Augen. Medusa, die auf Jazz Schulter verweilt hatte, reibt ihren Kopf kurz an seiner Wange. “Wussten Sie? Eine posttraumatische Belastungsstörung kann ebenfalls nach schweren Erkrankungen auftreten. Oder nach Zusammentreffen mit der Seedrachin.”
Holliday lacht: “Sie wird wirklich besser! Wir sollten das irgendwie nutzen. Sie wäre ein super Broadcast auf einem der Piratensender oder?”
“Liam, wenn du in sechs Monaten nicht mehr du wärst… Würdest du es nicht wissen wollen?”
“Und was wenn ich wirklich noch KFS habe Jess? Was wenn alles von vorne losgeht?”
“Dann tun wir alles was wir können um es aufzuhalten. Aber, irgendwann muss doch mal alles gut sein oder?” Sie lächelt und greift seine Hand. Ein paar Momente blicken die beiden der sich langsam herab senkenden Sonne entgegen und sie legt ihren Kopf gegen seinen Arm ab. Für seine Schulter ist sie einfach zu klein.
“Ist es doch. Es ist alles gut. Das ist was jetzt zählt.”


Vietnam

Der Elf im mittelmäßig gut geschnittenen grauen Anzug schwitzt ziemlich in der Mittagssonne von Vietnam. Gleich ist sein Objekt der Begierde dran. Die “Lady Luck” ein ehemaliges Schmugglerboot würde sich perfekt für seine Zwecke eignen. Gerade wird sie in die Hafenbucht hineingefahren und der Auktionator gibt die wichtigsten Hinweise zum Boot.
Plötzlich gibt es einige Aufschläge und das Hafenbecken wird mit dem Rauch mehrerer Rauchgranaten geflutet. Menschen laufen panisch durcheinander.
Man hört das Starten eines Motorboots und als der Nebel sich lichtet ist die Lady Luck aus dem Hafenbecken verschwunden.

Begleitet von der Tibidabo hatten sie sich nun einige Stunden von der Bootsauktion entfernt und legten auf Borneo an einem kleinen Schmugglerhafen an, bei dem sich sofort drum gekümmert wurde das Boot zu anonymisieren und mit ein paar Specials auszustatten.
“Dass das geklappt hat einfach mit dem Ding aus dem Hafen zu fahren.” Holliday schüttelt den Kopf und lacht. “Wir sind jetzt Admirale oder? Drei Boote sind schon eine Flotte finde ich!”
“Ich bin Admiral. Du hast zwei unserer drei Boote schon einmal in Schutt und Asche gelegt, du bist eher Bruchpilot.” Jazz setzt ihr Rumglas an und hebt herausfordernd die Brauen.

“Bei dem Boot hab ich ein gutes Gefühl. Und zusätzliches Einkommen ist gut. Ich glaube nicht, dass Joker und Tower die Fortune Hunter wirklich sinnvoll wirtschaftlich nutzen. Apropos, wo kriegen wir eigentlich eine neue Crew her?”
“Wo wenn nicht hier in dieser zwielichtigen Hafenbar?” Schwungvoll und sehr geübt springt sie auf das Fass.
“Warum stehst du in jeder Bar in der wir sind irgendwann auf dem Tisch?”
“Wer will auf einem fabrikneuen Schmugglerschiff als feste Crew anheuern? Für… Was hast du Albinork bezahlt?”
“Ein Fass Rum die Woche und Lebenshaltungskosten?”
“Ein Fass Rum die Woche und Lebenshaltungskosten! Bitte da drüben, der Reihe nach aufstellen!”
Um sie herum grölen einige Gestalten auf und schnell bildet sich vor dem kleinen Rumfass eine eindrucksvolle Schlange.

Einige Stunden vergehen.
“Okay… Wir haben einen Echsenmenschen gesehen, etwas das definitiv ein paar Teenies in einem Trenchcoat war und wie auch immer Magical Jackoff es schon wieder hier her geschafft hat! Verfolgt der Typ uns?!” Jazz schüttelt den Kopf.
An der Bretterwand lehnt ein abgeschaffter faltiger Mann in einer Krokodil-Lederweste.
“Die Grundcrew haben wir, alles nette junge arbeitsame Männer die wirken als würden sie ihren Job gut machen, hier weg wollen und für wenig Bezahlung viel tun. Also Holli… Wen willst du als Captain?”
“Erinnerst du dich an den obszön fetten Typen im neon Crop Top?”
Jazz sieht ihn entgeistert an. “Der Typ der sich als ‘Pie-Rat’ vorgestellt hat weil er so gerne Kuchen isst?!”
“Jep. Genau der.” Holliday grinst von einem großen Elfenohr zum anderen.

Jazz schüttelt den Kopf, halb ungläubig und halb amüsiert und dreht ihr Rumglas langsam in der einen Hand. “Nicht meine erste Wahl, aber immerhin nicht Magical Jackoff. Und sein Plan die Zuckerrouten in der Arktis abzufahren wirkt gar nicht so blöd. Wenig Konkurrenz da oben, und das Schiff wirkt stabil genug für den rauen Seegang der…”

“Willst du heiraten Jazz?” Holliday hat den Kopf leicht schräg gelegt und sieht sie fragend an.
“Eeeeh. Was?” Jazz kippt ihren Rum herunter und runzelt die Stirn.
“Naja nicht heute. Oder in einem Jahr. Oder in fünf… Aber irgendwann?”
“Wie zur Hölle kommst du denn in einer Schmugglerbar…?” Jazz zieht seine Bierflasche von ihm weg und riecht skeptisch daran. Riecht normal.
“Ich… ich weiß nicht wann ich das letzte Mal so viel Spaß mit jemandem hatte der nicht ein blasser Ork, ein grüner Ork oder ein Käsezwerg war, Jess.” Er tritt um den kleinen Tisch herum und umarmt sie. “Und ich versuche mir mein Glück gerne zu bewahren.”

“Ein Seemann kennt nur die See als seine Braut” Sie grinst. “Aber…Erinnerst du dich noch daran, dass Ricky das vor vielen Jahren mal gefragt hat? Als wir Waffeln für alle gemacht haben und deine Crew noch ganz frisch war?” Holliday löst sich aus ihrer Umarmung und sieht sie an. “Ja. Damals meintest du sowas wie ‘Ieuw. No.’ und ich meinte ich nehme was kommt.” Er streckt ihr die Zunge heraus. „Hatte ja niemand wissen können dass es so kommt. Wobei Albinork an dem Abend schon fragte warum wir nicht mal Daten.” Holliday grinst.

“Na, das ieuw no würde ich heute vielleicht nicht mehr so sagen… Jetzt lass uns diesen fetten kleinen Mann im Neon-pinken Netzoberteil zum Captain machen.”


Madagaskar

Jazz gähnt und streckt sich mit geschlossenen Augen in ihrem in die Nase der Tibidabo eingelassenen Himmelbett. Zu ihrer Verwunderung greift sie neben sich nicht Hollidays warme Haut sondern eine kühle und seidige Oberfläche. “Wussten Sie? Die optimale Schlaftemperatur für einen Menschen liegt bei 18 Grad Celsius. Für eine philippinische Riesenpython ist das etwas frisch.”

Jazz schlägt die Augen auf und rappelt sich unter der dünnen Sommerbettdecke auf. Oben an der Reling steht bereits Holliday mit einer zweiten dampfenden Tasse Kaffee in der Hand. Er sieht sie irgendwie skeptisch an, als sie ein “Morgen” knarzt und die Tasse greift.

“Warum guckst du denn eigentlich immer so wenn ich morgens hier hoch getorkelt komme? Beleidige ich dich im Schlaf oder so?” Sie lacht und dreht sich zu Holliday um, dessen blonde Locken sanft im Künstenwind wehen.

“Weißt du… Jeden morgen sitze ich hier und warte, dass du schreiend hochgepoltert kommst. Dass dir das alles mit uns viel zu schnell ging.” Er nimmt einen Schluck Kaffee. “Ich könnte es sogar verstehen! Echt jetzt. Denn das ganze ging ja verdammt schnell. Und du hast schon alles irgendwie mit irgendwem erlebt.” Holliday taxiert sie etwas besorgt und aufgewühlt mit seinen meerblauen Augen.
Jazz überlegt kurz wie sie das folgende bestmöglich verpackt ohne ihn großartig zu schockieren.
Er setzt erneut seine Kaffeetasse an als Jazz den Mund öffnet.
“Liam ich liebe dich.”

Holliday hebt ruckartig die Augenbrauen und verschluckt sich. Kurz und kräftig hustend beugt er sich über die Reling als Jazz anfängt zu lachen.
“Na muss doch so sein oder? Ich… Ich hatte nie den Wunsch mit irgendjemandem etwas zu planen, dass mehr als 2 Tage in der Zukunft liegt. Und bei uns stand das gar nicht zur Debatte. Das war einfach so. Und hat sich nie falsch angefühlt. Und ich freue mich auf alles, dass noch kommt. Die Reise… Boston… Und wer weiß was noch. Also… ich renne dir nicht weg.” Sie lächelt den immer noch sehr verwundert aussehenden Holliday an und dreht der Reling den Rücken zu. Auf der Regenrinne sitzen angeregt zwitschernd die drei Papageienküken die mittlerweile einige Wochen alt waren und die ersten kleinen bunten Federn bekommen. Die Eltern sind gerade wohl unterwegs.
“Ich… äh… Ich…” Holliday nimmt erneut einen Schluck aus seiner Tasse.
Jazz wendet ihm wieder den Blick zu und streicht ihm über den Arm. “Mach dich locker. Es wird für mich viel stressiger wenn du es sagst als wenn ich es sage. Also lass dir Zeit.”
“Ich werds jetzt nicht sagen weil es dann nur eine Reaktion wäre… Aber ich werde es irgendwann sagen okay?”
Jazz nickt und stellt sich auf die Zehenspitzen um ihn zu küssen. “Und…Du hast Verlustängste. Das ist okay. Ich glaube wenige Metas haben so viele nahestehende Personen verloren wie wir zwei.”
Holliday nickt langsam und umarmt Jazz wortlos.

“Aber was wenn… Jazz ich kann mir aktuell nicht vorstellen ohne dich zu runnen weil du dann ohne mich runnen würdest und dann habe ich Angst, dass dir etwas passiert. Aber mit dir runnen will ich auch nicht, denn dann habe ich Angst, dass dir etwas passiert. Und du bist nicht gerade die vorsichtigste auf Jobs. Sobald es brenzlig wird nimmst du Kamikaze und rennst wenns sein muss auf einen Elite-Serienmörder zu. Ich wertschätze den Vorteil, den uns das bringt aber… Kamikaze ist kein Gummibärchen und ich bin Mediziner.”
“Erstmal runnt hier niemand und danach willst du eigentlich als Forscher/Runner Ding arbeiten und ich… mal sehen. Hör zu… wir haben irgendwie nur uns. Da ist es ok zu klammern. Und mit den Drogen werde ich vorsichtiger ok? Ich war nie abhängig… Aber du hast ja recht. Wir passen aufeinander auf.”
Holliday nickt als er sich sein Komlink von einem Tisch schnappt.

“Oh heute morgen kam ein Trideo von Doyle und FiFi! Gender Reveal Party mit Ben, Broker und Sunny.” Holliday spielt ein Video ab auf dem eine kleine Drohne über dem Pärchen schwebt und die beiden Dartpfeile auf einen darunter befestigten Ballon schießen bis dieser zerplatzt und die beiden in blauen Glitzer einhüllt. Broker hat wirklich viel glitzer in diesen Ballon gepackt.
“Aaaw. Ich bin gespannt ob es dann ein kleiner Doyle wird.” Jazz grinst.
“Oder ein kleiner Ben.”
Jazz haut Holliday gegen den Arm und die beiden lachen. Dann ertönt aus der Ferne: “Haltet den Vogel! DIEBSTAHL!”.
Holliday seufzt. “Das ist unser Vogel oder?”
“Wann ist es denn mal nicht unser Vogel?”


Barcelona

Lachend stolpern Jazz und Holliday zurück auf das Deck der Tibidabo.
“Also deine Großmutter ist wirklich ein besonderer Mensch. Noch nie hat mir jemand so oft gesagt, dass ich zu dünn bin.” Er grinst Jazz an, die schnell Nachsieht ob alle Tiere brav beim Boot geblieben waren.
“Gehts dir eigentlich gut? Das Grab von deinen Eltern zu sehen…”

“Es ist ok Liam. Es ist alles sehr lange her. Ich freue mich einfach über die letzten Tage in Barcelona. Und darüber jetzt weiterzufahren. Irgendwohin wo niemand mich fragen kann wann Oma Ina ihre Urenkel Nummer 38 und folgende bekommt. Tut mir übrigens echt leid…”

“Nicht deshalb! Sie haben mich alle geliebt. Das war sehr angenehm. Und Barcelona ist wirklich wunderschön. Zeigt dass eine Stadt auch mit wenig Tripple A Präsenz zurechtkommen kann wenn sie nur will.” Er blickt auf die große Hafenanlage Barcelonas.
“Du Jazz? Du weißt, dass du in Boston nicht auf der Tibidabo leben können wirst oder? Hafenliegeplätze sind unbezahlbar und alles ist furchtbar verseucht im Hafen.”

Jazz nickt und öffnet eine Dose Sangria. “Si, das habe ich auch schon gelesen und überlegt wohin ich dann soll. Und vor allem Charlie.” Sie reibt sich über das Gesicht und setzt die Dose mit Synthalkohol an.
“Weißt du meine Eltern haben ein, zwei wirklich schöne Appartments in Boston… Und so der Zufall will steht eines leer. Eins mit Pool für Charlie und die restliche Bande… Da würde uns auch was für einfallen.”
“Und wo wohnst du dann?”
“Äh… naja auch…”
Jazz beginnt zu lachen. “Ich verarsch dich doch nur.”
Holliday nickt und grinst ihr hinterher, als sie unter Deck rennt um sich etwas frisches anzuziehen.
“Wieso denkt deine Familie eigentlich du bist Näherin?”
“Wie…? Was hätte ich denn sagen sollen? Hola Oma, ich arbeite für den Mann der Papa erschossen hat und er bezahlt mich um halb nackt auf den Treffen seiner Geschäftspartner rumzurennen?”
“Hm… stimmt vielleicht.”

“Ich hab sonst halt nichts. Ich habe keine glorreiche Ausbildung an einer Elite Uni den ich bei Bedarf aus der Schublade ziehen kann. Ich habe einen Grundschulabschluss Liam. Und sonst nur eine Schulung der Mafia wie man gefesselt aus einem Kofferraum entkommt.”
Holliday beginnt unweigerlich zu lachen als ihm Antonis vorwurfsvoller Blick von einer Kleiderstange aus auffällt.
“Ja ehm… Stört dich das denn? Du magst doch wie es ist oder?” Beginnt Holliday etwas unsicher während der Vogel langsam nickt.

“Oh ja. Ich werde es lieben wenn mir in Boston alle deine reichen, schönen Exfreundinnen mit Nobelpreis in… Irgendwas über den Weg laufen und mich angucken und denken ‘Och die Halbnackte Latina. Der Mann mag Abwechslung. Nach mir ging es nur noch bergab mit ihm.’” Jazz wirft sich auf das Bett mit dem Gesicht nach unten.
“Hey Mary wurde für den Friedensnobelpreis nur nominiert…Jessica Diaz-Ruiz… Bist du etwa unsicher? Du bist doch die selbstbewussteste schreiende Latina die ich kenne.”
“Si. In Havanna. Da sind ja auch die meisten so dumm wie ich.”

Holliday setzt sich neben ihr auf die Bettkante und streichelt ihr übers Haar. “Aber du bist doch nicht dumm Jessi. In manchen Bereichen bist du die schlauste Person die ich kenne. Du hast mir gezeigt wo man Austern mit Perlen findet. Und niemand erkennt so schnell den Straßenverkaufswert einer Droge wie du.”

Jazz entfährt ein sehr lustloses grunzen, dann rappelt sie sich auf. “Ich hab diesen Kurs über amerikanische Geschichte angefangen und spiele amerikanisches Scrabble online mit Ben damit ich mehr Wörter kenne. Aber er besiegt mich immer.”

“Zeig mal her.” Jazz öffnet vor Holliday ein AR Display dass er kurz mustert. “Da sind viel zu viele E’s auf dem Brett Jess. Und das eine Wort gibt es gar nicht. Er verarscht dich einfach.”
“Na viel besser macht es das auch nicht.” Sie schlingt die Arme um die Knie als sie Holliday verfolgt wie er zu einer seiner Kisten aus der Fortune Hunter geht die provisorisch unter Deck gestellt worden waren vor ihrer Abfahrt.

“Ok. Ich glaube ich hab was. Aber dafür musst du mir vertrauen.” Er hält eine kleine schwarze Blechbox in der Hand auf der ‘neoNET’ eingelassen ist. Er öffnet das Belchetui und darin liegt ein kleiner metallener Knopf mit mehreren langen Kabeln so dünn wie ein Haar und eingepackt in medizinisches Verpackungsmaterial.
“Was ist das?” Fragt Jazz die sich leicht über die Box bückt.
“Eine Chipbuchse mit Talentleitungen. Hab ich aus dem NeoNET Lab geschmuggelt bevor ich rausgeflogen bin. Falls ich mal ausbrenne. Die liegt hier also schon länger als wir von KFS wissen. Deshalb halte ich sie für recht sicher. Damit kannst du dir Chips einsetzen oder Programme runterladen und kannst eine betreffende Fähigkeit. Französisch zum Beispiel. Oder japanische Kampfkunst. Aber nur so lange der Chip drin ist. Es ist aber ein recht aufwändiger Eingriff unter Narkose bis alle Dräht sitzen. Ich bin besser als jeder Streetdoc den du da draußen kriegst. Und ich hab das locker schon mehrere hundert Mal gemacht. Aber auch ohne bist du großartig wie du bist. Du brauchst sie nicht.”

Jazz beugt sich vor um ihm zu bedeuten sie zu küssen. “Bau mir das Ding ein. Ich will mit deinem langen Messerchen spielen können.”
Holliday seufzt. “Das ist ein Katana. Es folgt einer alten japanischen…”
“Jajaja… Los, wo ist das Narcoject? Ich will wieder fit sein bevor wir uns mit Ben zu deinem Geburtstag in den Kasinos von Monaco treffen!”
“Wir brauchen einen Arzt der uns eine einigermaßen sterile Umgebung zur Verfügung stellt… Kennst du hier zufällig noch jemanden?”

Jazz hält kurz Inne und denkt nach. Dann hebt sie den Zeigefinger, nickt und zieht Holliday in Richtung Steg.


Beim Streetdoc

Der alte hutzelige, sicher schon über 80 Jährige Arzt steht schief hinter Holliday an dem Untersuchungstisch auf dem Jazz friedlich schlafend in Narkose liegt. Um den Tisch stehen viele wild blinkende Gerätschaften die Jazz überwachen.
Die Praxis war überraschend gut eingerichtet für einen gewöhnlichen Hausarzt in Barcelona.

Mit einem geübten Handgriff entfernt Holliday zunächst Jazz Headware vorsichtig.
“Reden Sie bitte etwas mit mir Doktor Ramirez. Dann denke ich nicht so viel drüber nach, dass ich gerade meine Freundin operiere. Woher kennen Sie Jessica?”

“Ich habe in der gleichen Gegend gelebt wie ihre Familie.” Holt der alte Mann langsam mit freundlicher Stimme aus. “Ich war der erste Arzt am Epizentrum des Gebäudeeinsturzes bei dem sie den Arm und ihre liebe Mutter verloren hat.” Er tritt näher an den Tisch und betrachtet Jazz’ Gesicht während Holliday Drähte an der Headware justiert.

“Es war ein furchtbares Bild vor Ort. Aber Jessi war sehr tapfer. War sie immer.” Der Arzt lacht kurz auf. “Wissen Sie, mein Sohn muss gute 15 Jahre älter sein als sie. Als sie 5 Jahre alt war hat er irgendeinen dummen Spruch über sie gemacht und dieses 5 Jährige Mädchen hat meinem 20 Jährigen Sohn ihren Cityroller gegen das Schienbein geworfen und ihn ‘Doofarsch’ genannt. Das ganze Viertel hatte gelacht.”
Die beiden Männer beginnen auch zu lachen.
“Ja das klingt sehr nach ihr. So ist sie immer noch.” Holliday schüttelt lachend den Kopf als ein leises Biepen signalisiert, dass die Headware sich mit der neuen Chipbuchse verbunden hat. Glücklicherweise hat Jazz keine zu sehr veraltete Headware, muss Javier einiges gekostet haben.
“Sagen Sie Holliday… Was hat das Östrogenimplantat an ihr zu suchen?”
Holliday klopft gegen die “Aztech Military Services” Aufschrift auf Jazz Cyberarm. “Naniteninitiierte Infertilität seit sie 16 ist.”

“Und welcher Streetdoc dreht ihr einfach so ein Hormonimplantat in ungefähr 80-facher Dosis mit 16 an?!”
Holliday legt vor sich das medizinische Besteck ab und wendet sich dem Arzt zu. “Einer, der von einem Mafiaboss bezahlt wird, der sich wohl eine sehr knackige feminine Assistentin erhofft hat. Sehen Sie sie doch an. Ist das für Sie der Körper einer 30-Jährigen?”

Der Arzt schüttelt den Kopf. “Der Cocktail wird sie noch lange bei Mitte 20 halten.Was das für ihren Körper bedeutet muss ich Ihnen wohl nicht erklären.” Der alte Mann schüttelt den Kopf und mustert den Cyberarm genauer, während Holliday den ersten sehr langen sehr feinen Draht einsetzt, der ihren Muskeln ermöglichen wird auf den Impuls der Headware zu reagieren.

“Den krustigen Arm haben nicht Sie mit ihrer schicki micki NeoNET Ausbildung verankert. Nun schauen Sie nicht so Holliday. Jeder Kon gibt seinen Leuten einen individuellen Touch mit. Der Arm sieht übel aus.”
“Ich weiß. Sie hat mich da aber bisher nicht dran gelassen. Dabei sind diese Talentleitungen viel invasiver.” Er lacht. “Das kriegen wir schon auch noch hin. Kannten sie ihren Vater?”
“Hugo? Hugo war ein großartiger Mann…” Der Arzt plaudert freudig weiter über Jazz Vergangenheit während Holliday das Einsetzen der Talentleitungen langsam beendet.


Monaco

Jazz und Holliday sitzen zerknittert nebeneinander auf einer Kunstlederbank in einem schummrigen Diner. Ihnen gegenüber sitzt Ben der sich bereits ein paar Pancakes reinschaufelt.
“Euer Problem mit dem Alkohol und dem Spielen ist, dass ihr es bei mir seht und denkt es wäre einfach!” Benn beißt beherzt in seinen Pfannkuchen.

“Nein unser Problem ist, dass wir nicht schummeln. Und in dem magiefreien Kasino hast du genauso oft verloren wie ich.” Holliday nippt vorsichtig an einer Tasse mit grünem Tee mit synthetischem Honigsirup. Echte Bienen waren lange vor seiner Geburt ausgestorben.
“Das Haus gewinnt immer. Und ich bin eigentlich lieber das Haus. Übrigens, nimm doch mal die dumme Kappe ab.”
Auf Hollidays Kopf sitzt immer noch die aus Biopolymer gefertigte “Happy Birthday” Kappe die bunt glitzert.
“Warum hast du Sunny eigentlich nicht mitgebracht?” Fragt Jazz die mit Hilfe eines Irish Coffees versucht ihrem Kater zuvorzukommen.
“Oh sie wollte gerne mit. Aber sie darf noch nicht in Kasinos.”
Jazz zuckt mit den Schultern. “Ich bin in Kasinos seit ich 15 bin. War nie ein Problem.”


Auf dem Meer, unweit der marokkanischen Küste

Holliday kommt langsam zu sich, in einem dunklen, kühlen und feuchten Raum, der unangenehm nach Metall riecht. Sein Schädel brummt, sein ganzer Körper schmerzt. Etwas tropft leicht auf ihn herab, und holt ihn ins Jetzt zurück.
Er hängt mit gefesselten Händen an einer Kette an der Decke, seine Zehenspitzen berühren gerade so den Boden. Er flucht, windet sich und rüttelt; die Kette gibt nicht nach.
“Geben Sie es auf, Dr. Henry.” Eine Stimme, amüsiert, auf perfide Art. Ein Mensch tritt aus dem Schatten, er trägt eine Gummischürze und Handschuhe, darunter eine Panzerjacke. In einer Hand hält er ein langes Kampfmesser.
“Drek. Was wollen Sie?”
“Die Frage ist nicht, was ich will, Dr. Henry. Die Frage ist, was Mr. Chambers will.”
“Mein Boss?”

Er geht nicht weiter darauf ein: “Und Mr. Chambers will nicht, dass eine Ethik-Kommission über seine Forschungsprojekte an Technomancern informiert wird.” Dann greift der Mann ein großes Kampfmesser, und mustert Hollidays Bauch, wo er es gezielt zwischen zwei Rippen rammt. Das NeoNET Polo-Shirt verfärbt sich dunkelrot.
Der Elf schreit schmerzerfüllt auf, atmet einige Male tief durch, und beginnt dann zu grinsen.
Der Mann legt mit einem psychopathischen Blick des Unverständnisses den Kopf schief. “Was ist so lustig?”
“Du dummer Idiot. An der Stelle gibt es nur Bindegewebe und ein paar Muskeln. Wenn du mich umbringen willst, mach es richtig!”
Mit der leeren Hand zieht der Mensch einen metallenen Servierwagen ins Licht nahe Holliday. Er ist ausführlich mit verkrusteten Folterinstrumenten bestückt.
“Oh Dr. Henry, keine Sorge. Ich werde es richtig machen. Aber vorher haben wir noch etwas Zeit miteinander.”


“Liam verdammt wach auf!”

Nach Luft schnappend erwacht Holliday. Als erstes erblickt er die Decke der Tibidabo und nimmt den vertrauten Geruch nach Bootslack und Jazz Waschmittel wahr. Er keucht und registriert Sekundenbruchteile später wie Jazz erschrocken auf ihm sitzt und seine rechte Hand auf seinen Rippenkasten presst.
„Hier, merkst du? Eine Narbe. Da ist nichts. Alles ist gut, du bist in Sicherheit.“

Hollidays Blick hetzt durch den Raum. Aus den Fenstern sieht er, dass es noch Mitten in der Nacht zu sein scheint. Es ist still, bis auf das leise Schwappen des Wassers an den Bootswänden und seine eigene keuchende Atmung.
“Holli… So kann das doch nicht weiter gehen. Das ist das dritte Mal diese Woche. Wenn es dich so sehr belastet, nach Boston zurück zu kehren ist es das nicht wert.”

Während Hollidays Puls sich langsam wieder normalisiert, rasen Gedanken durch seinen Kopf. Jazz greift ihr Komlink auf dem Nachttisch. Mit Jazz weiterhin auf sich sitzend stütz er sich auf die Unterarme auf und wischt sich durch das schlaftrunkene Gesicht. “Was machst du?” brummt er leise.

“Ich schreibe Broker. Wir machen einen Umweg über Seattle. Ob wir jetzt in 2 oder in 6 Wochen in Boston sind ist doch auch egal. Und wir können uns noch ein bisschen um dich kümmern hm?” Sie legt das Komlink weg und lächelt ihn an.

Holliday schlingt die Arme um ihre Taille und wirft sich zurück auf die Matratze, Jazz eng an sich gezogen. “Danke. Aber Seattle ist von Europa aus auf der falschen Seite.” Sagt er kurz und leise, fast geflüstert.
Jazz küsst ihn auf die Wange. “Wir lassen die Tibidabo direkt bei New York, jemand soll sie nach Boston mitnehmen. Und wir fliegen nach Seattle. Ist doch okay. Es eilt doch nichts.”
“Aber du wolltest doch so gerne zu Ricky.”

Jazz spürt wie er sich etwas zu verspannen scheint. “Ricky geht es gut und mir auch. Wichtig ist, dass es dir auch gut geht. Wenn du mehr Zeit brauchst vor deiner Rückkehr hast du sie verdient Liam. Wirklich. Hör zu… ich bin zu allem bereit. Wenn du… Wenn dir alles zu viel wird und du ganz neu anfangen willst… Mir ist es egal ob wir nach Boston gehen oder eine Kürbisfarm irgendwo im mittleren Westen eröffnen. Du sollst dich nur wohl fühlen.” Jazz stützt sich auf ihre Ellenbogen auf und sieht ihm in die Augen, versucht ihn beruhigend anzulächeln.

“Nein es… Ein Umweg über Seattle ist gut. Aber ich will nicht weglaufen. Nicht aufgeben.”

Jazz beruhigendes Lächeln weicht einer leichten Verunsicherung.
Holliday reckt das Kinn in die Höhe um sie zu Küssen, danach zieht er sie erneut an seine Brust wobei ihr ein Geräusch des Unwohlseins entfährt. “Was ist?” fragt er kurz erschrocken.
“Naja du bist… Klatschnass geschwitzt. Und ich jetzt auch.” Ein kurzer Moment vergeht, dann lachen beide auf.
“Du solltest duschen gehen und danach versuchen wir nochmal zu schlafen hm? Es ist mitten in der Nacht.”
“Kommst du mit unter die Dusche?” fragt Holliday mit leicht schelmischen Unterton.
“Hilft es dir wenn ich mitkomme?” - “Immer.” sagt er und grinst die Decke an als Jazz sich aufrappelt, seine Hand greift und Richtung Bad zieht. “Na dann los. Und danach wartet Seattle.”

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Pie-Rat wird mein neuer liebster NPC. Best Name. Ever. :heart_eyes:

Sehr sehr coole Fiction :heart_eyes: Bisschen „normales Leben“, bisschen rumschnulzen und viel Chaos. Wie es sich gehört !

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Ich bin froh, dass Lissy die schnulzigen Passagen geschrieben hat.
Ich bin nämlich froh, dass sie da sind, aber ich hätte sowas nicht für Holliday schreiben können ^^

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Kudos dafür geht an @Lex, Paul durfte sich nen Captain aussuchen und wollte christians SoT Char und hat Christian dann gefragt wie der heissen würde :joy:

Ich wollte das jetzt mit der Beziehung einmal ordentlich glatt ziehen, damit ich da nen vernünftigen Grundstein hab damit ich in Boston nicht in jeder Szene beschreiben muss wie die beiden sich dauernd ablecken :smiley: da gibts dann wichtigere Dinge zu tun. Aber jetzt war Zeit für sowas :blush:

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Ich versuche auch immer, schnulzige Passagen zu umgehen, wo es geht. ^^

Meine anderen Vorschläge waren noch furchtbarer auch alle großartig. Und schön, dass obszöne Fettheit und Croptops ihren Weg nach 2076 gefunden haben.

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