16.5.2077 - Hub in Butte - Jazzyday Wohnmobil - Früher Mittag
Jazz legte gerade ein paar Körbe Wäsche zusammen. Abfällig blickte sie Richtung des langen Elfenbettes welches sie gemeinsam mit Sail bezwungen und ihm letzte Woche einen frischen Bezug aufgezwungen hatte. Sie überlegte wie man ein loses Bettuch wohl am besten zusammenlegte und beschloss dann es einfach in ein Fach zu anderen Betttüchern zu stopfen. Hollidays Betttücher waren ordentlich zusammengelegt, aber Jazz verbuchte das als unfairen Vorteil wenn man 40cm größer war.
Die Tür des Wohnmobils öffnete sich und Jazz rief in Erwartung von Holliday der gerade draußen mit Oscuro die Sonnensegel neu spannen wollte ein: “Ich bin hier hinten. Lege gerade frische Bettwäsche zusammen! Apropos Bett…” Sie öffnete die kleine Zwischentür die einen Teil des Wohnmobils abteilte und grinste.
Ihr grinsen blieb ihr im Halse stecken als nicht Holliday der elfische Adept war der ohne T-Shirt in ihrem Wohnmobil stand.
Belials Muskeltonus war für einen Elfen wirklich beeindruckend. Nicht, dass Jazz sich das gerade anmerken lassen würde.
“Ich fühle mich mit der Gesamtanzahl an getragenen Oberteilen in diesem Wohnmobil etwas unwohl.” erwiderte Jazz trocken und legte weiter Kleidung zusammen.
Der Elf trat mit schweren Schritten weiter auf sie zu und grinste. “Dann musst du dich wohl ausziehen. Hatte ja schon die ganze Zeit solche Vibes dass du…”
Jazz unterbrach ihn mit einem lauten Seufzen. “Belial. Ist okay. Bei Mara hat als sie klein war deine Aufreißernummer funktioniert. Aber ich habe da keinen Bock drauf. Wenn du hier bist willst du was. Was ist es?” Sie stellte den Korb Wäsche in den Schrank und wandte sich dem Anführer der Ancients, der nochmal gut 10-20cm größer sein musste als ihr Partner, frontaler zu.
“Hm… Vielleicht gehe ich dann einfach mit Mara reden. Oder mit den beiden süßen Mädels in dem bepflanzten Van. Vielleicht wissen die ein gutes Vorspiel mehr zu schätzen.”
Ihre nächste Handlung nahm Jazz selbst kaum wahr.
Ihr Kopf schaltete aus und sie packte den Elfen und drückte ihn mit ihrem Cyberarm fest in die nächstbeste Wand.
Sie baute sich etwas auf und packte fest zu. “Hör mir ganz genau zu du arroganter, aufgeblasener möchtegern AnArChIsT. Du lässt JEDEN. Und ich meine wirklich jeden in diesem Camp in Frieden. Wenn ich dich bei einem dieser Mädchen sehe, dann kriegst du verdammt großen Ärger. Mara war zu lieb und irgendwie eingeschüchtert von dir. Aber ich habe keine Angst vor dir. Ich habe auch Leute hinter mir die mich größer machen als das was ich bin. Du gehst da raus, verabschiedest dich höflich und respektvoll von Mara und Keziah und sagst ihnen, dass das mit der Tour im Spätjahr leider nichts wird. Und dann bewegst du deinen grün lackierten Arsch von diesem Gelände.” Jazz atmete tief durch und starrte auf die Stelle an der ihr Cyberarm den Elfen fixierte. Ihr wurde unangenehm bewusst, dass sie nicht einmal Holliday so fangen und an der Wand fixieren könnte wenn er das nicht wollte. Und Belial war der stärkere Adept.
Selbiger grinste “Jetzt weiß ich wieder woher du mir bekannt vorkommst. Cuba. Du warst Javiers kleine Freundin mit der er mich nie losschicken wollte.”
Eines musste man Javier lassen. Er hatte sich die Runner mit denen er Jazz los schickte immer genaustens angeschaut. Holliday war immer höflich, professionell. Locker und trotzdem distanziert. Er hatte nie mit ihr geflirtet und sie nur genauer gemustert wenn er dachte, dass sie es nicht mitbekommen würde. Keine dieser Voraussetzungen erfüllte Belial.
Sie zuckte mit den Schultern. “Und genau das wird hier dein Problem. Wenn ich merke, dass du die Leute da draußen absichtlich ausnutzt oder verletzt, besonders Mara und Daisy, dann kann dein lieber Papá gerne die Preise für das Tempo das ihr über uns bezieht neu aushandeln. Gibt genügend Interessenten auf dem Markt.”
Jazz wusste zwei Dinge - Erstens: sie war Javier zwar wichtig, aber nicht so wichtig dass er mit seine wichtigsten Kunden im Drogengeschäft ohne weiteres wegen ihr sitzen lassen würde. Zweitens wusste sie, dass ihr Argument gezogen hatte. Ihre Sozialsoftware bestätigte wofür die gar keine Bestätigung gebraucht hätte: für den Bruchteil einer Sekunde sah Belial nicht aus wie der große starke Macker, sondern wie der Sohn der drohte Papas Vermächtnis an die Wand zu fahren.
Sie hatte diesen Blick oft genug gesehen wenn Raúl Batista sie, das dreckige Straßenmädchen, in der Villa Batista erwischt hatte wie sie mit seinem Sohn etwas spielte. Zu Beginn hatte Javier jedes Mal unter dem tadelnden Blick seines Vaters so geguckt.
„Hast du verstanden was ich gesagt habe Belial?“
Der Elf nickte.
Neben den beiden öffnete sich die Tür und Holliday und Oscuro standen verdutzt im Türrahmen und bestaunten verblüfft wie Jazz den halbnackten Elfen an die Wand drückte.
Sie trat von ihm zurück und er sagte, wieder in seinem gewohnt stolzen Tonfall „Ich werde mich von Mara verabschieden und dann gehen.“
Als er sich an Holliday vorbei schob konnte Belial sich einen anzüglichen und etwas anerkennenden Blick nicht verkneifen.
„Du weißt, dass du ihn nur gefangen hast weil er das wollte.“ warf der Vampir ein. „Wo zur Hölle war sein T-Shirt?!“
Jazz drückte den Vampir zur Seite und umarmte Holliday. „Danke dass du nie so warst.“
Zeitgleich zum Gespräch von Belial im Van von Mara und Daisy
“Das ist total der Wahnsinn.” Daisy stöpselte sich langsam aus der VR aus und setzte sich im Bett des Vans auf. Den ganzen morgen hatte Mara gebannt auf ihre Social Media Kanäle gestarrt.
“Jeder deiner Accounts explodiert. Sie lieben den Auftritt. Jeder will mehr. Unsere Engagement Rate auf den Seiten war sowieso schon hoch für eine Band eurer Größe aber das seit Freitag… Das sprengt alles! Viele große Moderatoren schreiben, wollen connecten ohne sich direkt an dein Management wenden zu müssen.”
Ihre Augen mussten sich kurz an das schummrige Licht im Van gewöhnen. Mara beugte sich über ein kleines Tablet und wischte durch die Kommentare. Selbst von der Position schräg hinter ihr erkannte Daisy, dass die Schnitterin nicht glücklich war. Es waren die zackigeren Bewegungen, die angespanntere Armhaltung und das gelegentliche Kratzen an ihrer Wange wenn sie einen Kommentar las.
Daisy schloss von hinten die Arme um sie und legte ihren Kopf auf Maras Schulter. “Hey… Das ist doch gut! Das ist die perfekte Situation um jetzt an deinen Erfolg anknüpfen zu können! Wenn du wieder reisen darfst kannst du Poppy und Torabass einpacken und ihr geht auf super coole große Tour! Und ich komme einfach nach wenn der Job hier erledigt ist!”
Maras Griff um ihre Hand war etwas zu fest. “Belial kommt gleich und will über die Tour reden. Ich… Ich will gar nicht über die Tour reden. Das hier ist nicht das was ich für meine Musik wollte! Ich… Ich will dass man mich mag weil man die Musik mag. Das was ich in jeden meiner Songs gebe. Und nicht, dass man mich mag weil Belial mich auf der Bühne abknutscht.”
Daisy kippte auf dem Bett um als die Schnitterin sich losriss und aufsprang. Ihre langen blonden Haare fielen ihr ins Gesicht als sie sich mit dem Po gegen die kleine Küchenzeile lehnte.
“Und du wolltest ja auch noch nicht mit mir drüber reden…” Mara taxierte Daisy mit ihren großen blauen Augen.
“Ich hab doch gesagt es… Es ist schon… Nein es ist nicht okay. Aber es ist nicht deine Schuld. Wäre aber bestimmt auch eine gute Story geworden wenn du ihm auf der Bühne eine gelangt hättest.” Daisy lächelte zurückhaltend.
“Keziah ist ganz wuschig wegen der Tour mit ihm.” Mara rollte mit den Augen.
“Ja weil da die anderen Angebote noch nicht da waren. Vielleicht müssen wir es nur irgendwie verkaufen…”
Auf dem Hof war ein kreischender Motor zu hören. Die beiden Mädchen beobachteten wie Belial nicht zu ihnen, sondern in Jazz’ Wohnmobil verschwand.
“Toll jetzt handeln die beiden bestimmt meine Vertragskondi…Dings aus. Außerdem will ich gar nicht weg! Ich will nicht weg von Keziah und Jazz und erst recht nicht von dir! Ich will hier sein mit meinen Mamas und meiner liebsten Drittelasiatin und mit Oscuro der mir hilft und wie soll ich denn in irgendeiner Halle in den ADL in der wir auftreten an Fallbär Sabber kommen?!”
Daisy setzte sich auf die Bettkante. Sie wusste nicht ob Nähe gerade das war was die Schnitterin wollte.
“Was… Was genau willst du denn? Also auch so insgesamt… Du bist jetzt an einer Stelle in deinem Leben in der du dir aussuchen kannst… Wenn du das jetzt gut spielst… also nicht mit Belial… Aber den Rest… Dann könntest du in einem Jahr die richtig großen Bühnen spielen. Und immer mehr Leute von deiner Musik begeistern! Und… Und wenn du bekannter wirst wird es vielleicht auch einfacher deine Mama zu finden… Aber das weiß ich nicht…”
“Was willst du denn?” Die Schnitterin ließ sich neben sie fallen und legte den Kopf auf der Schulter der Menschin ab.
“Mara, ich hab nicht leichtfertig gesagt, dass ich dich liebe. Ich hab meine Vorstellungen vom Leben und die kennst du. Die schließen aber nie aus, dass du einfach machst was du liebst. Wenn das inkludiert, dass du zwischendurch 2 Monate in Europa bist dann fliege ich eben öfter mal hin und her. Und hoffe auf nen Job mit vielen Home Office Tagen. Wusstest du dass die Fragging Unicorns krasse Formel-E Fans sind und ihre Touren an den Rennen orientieren? Falls Doyle mich da wirklich rein kriegt könnten wir einfach nebeneinander her touren. Und in der Off-Time suchen wir uns irgendwas ruhiges einsames mit wenig Sonnenlicht wo wir uns zurückziehen können, einen Fallbär für deinen Sabber halten können und wo du sein kannst um deine Songs zu schreiben und wo Keziah in der Nähe ist oder immer vorbei kommen kann oder wir suchen Nachbarhäuser… Es gibt für alles eine Lösung. Du musst dir aber ohne mich klar werden was das genau ist. Wenn das ein Leben mit Belial ist…”
Die Schnitterin schüttelte vehement den Kopf. “Mit Bel ging es mir richtig scheiße. Ich hab viele Sachen gemacht die man nicht machen sollte, die Band war fast tot und ich hab auf ihn gehört einfach nur weil ich gemocht werden wollte. Keziah war weg und er war da… Aber ich weiß schon, dass er mich nur benutzt hat. Ich war bei ihm irgendwie in Sicherheit, aber ich hab mich nie so sicher gefühlt wie hier mit euch. Also das mit Bel… Das kommt gar nicht in Frage…”
Die Mädchen beobachteten wie er das Jazzyday Wohnmobil verließ und auf das der Mädchen zusteuerte. Mara stand auf und öffnete die Tür um ihm entgegen zu laufen.
Daisy stellte sich in die Tür des Wohnmobils und musterte die beiden. Belial musterte Daisy kurz und wandte sich dann ihr mehr zu als Mara.
“Du bist die Kleine von Buzz! Von Buzz und Wind.” rief der Elf über den Hof des Hub. “Die Kleine aus Redmond die bei den Hauern aufgewachsen ist.”
Daisy blickte stoisch weiter geradeaus.
“Wirklich Mara, deine Affäre mit Tiff Brackhaven war ja eine Sache aber eine von den Crushern?! Diese Leute haben meinen Bruder auf dem Gewissen.”
Daisy trat aus dem Wohnmobil und ein paar Schritte auf den Ganger zu. Mit der ruhigen Gewissheit Mara zwischen ihm und sich selbst zu haben. Sie würde ihn zumindest lange genug halten können dass andere Runner eingreifen konnten. Ben saß entspannt auf seinem Liegestuhl, könnte aber im Zweifelsfall schnell genug zaubern und das Piasma war um die nächste Ecke und schnell genug.
“Ich kannte deinen Bruder.” rief sie und senkte danach die Stimme. “Ich kannte Pioneer. Er war ein guter Meta.”
Belial schien von dieser Aussage überrumpelt. Holliday gab ihr per DNI durch, dass ihn das astral ein bisschen zu beruhigen schien. Und dass sie vorsichtig sein sollte.
“Er war ein Kind. Er hatte nicht verdient was ihm passiert ist. Niemand hat diesen Krieg verdient Belial.”
“Spar dir deine kleine Ansprache, Normie. Mara, ich bin weg. Die Tour kannst du knicken. Und dich” Er taxierte Daisy “Dich seh ich besser nicht mehr in Redmond.”
“Mich siehst du besser gar nicht mehr.” sagte Mara ihm gepresst entgegen. “Ich musste größere als dich umlegen und das weißt du sogar besser als ich, du hast mich ja angestiftet. Ausgenutzt, als ich mich nicht wehren konnte, wie auf der Bühne vom RSF. Wenn ich dich das nächste mal sehe, habe ich meine Axt dabei, Bel. Würde ich an deiner Stelle vermeiden wollen.”
Sein Blick haftete noch einmal an Mara, dann an Daisy und blieb dann kurz an Jazz Van hängen. Dann machte er auf der Stelle kehrt und lief wortlos zurück zu seinem knallgrünen Musclecar.
Einige Sekunden war es still im Hub. Ben war der erste der sich scherzhaft zu Wort meldete. “Wenn er mir mein Kasino abfackelt bin ich echt sauer auf euch zwei!”