Träume und Erinnerungen - Shadex

28.04.2076 - 03.30 Uhr - Diez de Octubre

Leere tote Augen starrten sie an, sie konnte ihnen nicht entfliehen. Shadex schrack aus dem Albtraum hoch. Albträume waren nichts neues für sie, seit Jahren verfolgten sie diese, doch die von den Zobop waren anders. Für einen kurzen Moment wusste sie nicht, wo sie sich befand, es war dunkel in dem Raum und auch draußen war es noch dunkel. Sie lag in einem ihr fremden Bett. Kurz guckte sie sich um und als sie die schlafende Gestalt sah, die im Bett neben ihr seelenruhig schlief, fiel es ihr wieder ein. Eigentlich war sie nur ins “La Rosa Roja” gegangen, um Iceberg etwas vorbei zu bringen und ihn wegen ein paar Infos zu fragen, doch irgendwie hatte sich der Abend dann anders entwickelt, als sie dachte.

Ihre Beziehung zueinander war von Tag zu Tag besser geworden und sie verbrachten recht viel Zeit miteinander, man konnte sogar sagen, dass es fast jede freie Minute war. Hätte ihr das noch vor ein paar Wochen jemand erzählt, dann hätte sie diesen für verrückt erklärt. Ihre gemeinsame Zeit tat ihnen jedoch beiden gut, Iceberg, nein eigentlich nannte sie ihn mittlerweile Jeremy, wurde viel offener und er war nicht mehr ganz so verletzlich. Der Schmerz war größtenteils aus seinen Augen gewichen und sie wurden lebhafter und lebendiger. Er schien aus ihrer Freundschaft, denn irgendwie konnte man das, was sich zwischen ihnen entwickelt hatte, wohl so nennen, sehr viel Kraft und Selbstvertrauen zu gewinnen. Man könnte wohl sagen, dass seine Seele zu heilen begann, aber ebenso tat es auf irgendeine Art und Weise die ihre. Was mit ihrer Schwester in Seattle begann, wurde durch ihre Freundschaft fortgesetzt. Sie schöpfte Hoffnung, dass ihr Traum von einem weitestgehend normalen Leben doch noch wahr werden würde. In den letzten Jahren dachte sie eher, sie würde nicht lange genug leben, um sich diesen Traum zu erfüllen. Spätestens jedoch, als sie durch ihre eigenen Dummheit in dem Labor von Seader Krupp gefangen genommen wurde, dachte sie, sie würde sterben. Aber es sollte anders kommen. Die Gefangenschaft war alles andere als angenehm und sie dachte nicht gerne daran. Es gab damals Momente, da wünschte sie, sie wäre tot, aber ihr Körper wollte einfach nicht aufgeben. Immer wieder führte sie sich vor Augen, dass sie es schon einmal überstanden hatte, gequält zu werden, sie würde es auch dieses Mal überstehen und das tat sie auch.

Leise, um Jeremy nicht zu wecken, schlang sie sich das dünne Laken um ihren Körper und trat auf den kleinen Balkon hinaus, der über eine Türe im Schlafzimmer erreichbar war. Sie atmete die angenehme Nachtluft ein und genoss die kühlen Temperaturen der Nacht. Jeremy wohnte in einem kleinen, aber trotzdem geräumigen Häuschen in Diez de Octubre, nahe der Grenzen zu Cerro und Vieja.

Wie lange sie dort auf dem Balkon stand wusste sie nicht, doch irgendwann spürte sie das jemand sich von drinnen näherte. “Kannst du nicht schlafen?” fragte die männliche Stimme hinter ihr sanft.
“Ich wurde durch einen Albtraum geweckt”, gab sie ihm wahrheitsgemäß zurück. Sie sah keinen Grund darin ihn anzulügen, mittlerweile hatte er es geschafft, ihr Vertrauen zu gewinnen, obwohl sie damit sonst vorsichtiger war.
“Hast du die öfter oder war es so schrecklich mit mir?” scherzte er.
“Tatsächlich habe ich schon seit damals immer wieder Albträume, allerdings sind diese anders als meine üblichen, die Zobop spielen ein wenig mit uns. Dazu kommt noch, dass wir grad echt zu viele lose Enden haben.”
“Ihr scheint ihnen ganz schön ans Bein gepisst zu haben. Oder was ist der Grund?”
“Kann sein, aber so wirklich weiß ich auch nicht, was der Grund ist, ich bin ihnen nur einmal kurz begegnet, aber wir sind an der Sache dran. Genauso wie an gefühlt noch 100 anderen Sachen”, erwiderte sie dann doch etwas nachdenklich, während sie weiter in die Nacht starrte.

Jeremy, der in der Türe zum Balkon stehen geblieben war, näherte sich ihr jetzt etwas zaghaft. Seine Augen hingen an ihrem Rücken und den Narben, die das verrutschte Laken freigegeben hatten. Zu gut wusste er, woher diese kamen. Hatten doch seine eigenen Hände sie zu verantworten. Seine rechte Hand streckte sich in ihre Richtung aus, doch einige Zentimeter vor ihrer Haut stoppte er sie. Shadex, die noch immer in die Nacht starrte, bemerkte dies, atmete tief durch und schloss ihre Augen. “Es ist okay. Du musst dich nicht zurückhalten.”
Vorsichtig berührte er die Narben auf ihrem Rücken und zeichnete diese mit seinen Fingern nach. Die Berührungen waren sanft und fast schon entschuldigend. Shadex Atmung beschleunigte sich etwas, ihre Haut überzog eine Gänsehaut und sie begann leicht zu zittern. An dieser Stelle berührt zu werden war für sie weiterhin etwas, dass sie nur schwer ertrug. “Was habe ich nur getan?”, ist alles was er hervorbrachte, eher er seine Hand wieder sinken ließ.

“Hör auf dir Vorwürfe zu machen, das hatten wir doch alles schon. Wir können es beide nicht ungeschehen machen. Alles was wir tun können, ist nach vorne zu blicken und damit abzuschließen, auch wenn es nicht einfach ist.”
Jeremy schnaubte hinter ihr: “Womit habe ich jemanden wie dich nur verdient?”
“So einen Ballast wie mich meinst du? Naja da könnte ich dir jetzt wohl mehrere Gründe aufzählen. Aber Scherz beiseite, irgendetwas dachte wohl, die Geschichte zwischen uns beiden ist noch nicht zu Ende. Auch wenn es sich anders entwickelt als gedacht.”
“Das stimmt wohl irgendwie. Du weißt was ich dir versprochen habe, komme was wolle.”
“Ich weiß und ich bin froh, dass ich auf deine Hilfe zählen kann.”
“Auf die Gefahr hin, diesen Moment jetzt zu zerstören, aber was ist das jetzt zwischen uns, ich meine die letzte Nacht…”, ließ er den Satz unausgesprochen.
Auch ohne den vollständigen Satz wusste sie was er meinte: “Ich weiß es nicht, aber wir werden es noch rausfinden.”

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Sehr schöne Fiction! Ich finds sehr schön zu sehen wie sich die Chemie zwischen den beiden weiterentwickelt und wie sie immer mehr auftauen :slight_smile:

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Ich habs dir ja schon geschrieben, aber es wird wohl Zeit, die Entwicklung mit einer um 1 erhöhten Loyalität zu belohnen!

Yay, kostenlose Verbesserungen!

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Dankeschön :blush:
Ja ich mag das zwischen den beiden mittlerweile auch sehr gerne, war zwar wieder mal nicht so geplant gewesen, aber ja meine muse wollte wohl das es so wird.

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