Salbei, Minze und Lavendel - Nayad

[Content Warnung: Dissociation, emotionale Stressverarbeitung ]


12.10.2021 05:47

Ein leises Knarzen weckt Andromeda aus ihrem leichten Schlaf. Einen Moment noch hält sie ihre Augen geschlossen, aber unbewusst fühlt ihre Hand nach ihrer Colt Cobra auf dem Nachttisch. Als sie das kalte Metall unter ihren Fingerspitzen fühlt entspannt sie etwas. Langsam öffnet sie die Augen und starrt der noch unbekannten Zimmerdecke entgegen. Auf einem kleinen Ast, der von der Decke hängt, sitzt ein kleiner Steinkauz und putzt sich das Gefieder. Langsam entspannt Medea, als sie das Tier als die Geräuschquelle identifiziert. Sanfter regelmäßiger Atem trifft ihren Hals. Vorsichtig hebt sie ihre Hand, dann streicht sie der anderen Frau eine schimmernde weiß blaue Haarsträhne aus dem Gesicht. Die Foki-Tattoos auf ihrer Schulter, die sich ihren Hals entlang winden, schimmern blass auf ihrer Haut. Vorsichtig um sie nicht zu wecken lehnt sich Medea vor und drückt einen sanften Kuss auf ein tätowiertes Blatt auf ihrer Schulter. Candy murrt leicht, dann dreht sie sich auf ihre andere Seite. So still wie sie kann schiebt sie ihre Beine von dem Bett. Gerade als sie aufstehen will, hört sie ein leises “Du willst dich rausschleichen?” Verschlafen sieht Candy Medea zu, die etwas ertappt zurück blickt.

“Ich muss gehen… Ich hätte eigentlich schon gestern Abend zurück gemusst,” flüstert Medea der anderen Frau zu.

“Gib mir eine Minute. Dann mach ich dir wenigstens einen Kaffee bevor du gehst.” Candy legt sich wieder zurück und gähnt leise. “Komm zurück ins Bett bevor es kalt wird.”

Medea schüttelt leicht den Kopf, dann schiebt sie sich wieder unter die Bettdecke und dreht sich Candy zu. “Besser?” Die andere Frau grinst nur leicht und nickt. Einen Moment genießt Medea einfach nur da zu liegen. Keine Stimmen irgendwo sonst im Haus, kein Krach von jemandem der schon Morgens an Dingen experimentiert. Nichts. Es ist einfach still.

Nach ein paar Minuten steht die andere Magierin auf, hebt etwas vom Boden auf und verschwindet in der Küche. Kurz darauf kann Medea riechen wie ein frisches Paket Kaffee geöffnet wird. Der kleine Kauz auf dem Ast fliegt seiner Besitzerin nach. Medea setzt sich auf, ein Schauer läuft über ihren Rücken als sie merkt wie kalt es tatsächlich ist. Sie seufzt leise. Ihr Plan sich wie immer rauszuschleichen ist gescheitert und sie muss sich eingestehen, dass das doch eine nette Veränderung ist. Sie zieht die Beine an und legt ihren Kopf auf ihre Knie, mit ihren Fingerspitzen fährt sie langsam das Muster der Bettdecke nach. Vielleicht sollte sie trotzdem einfach gehen… schießt es ihr durch den Kopf. Unweigerlich schweifen ihre Gedanken zurück nach Havanna zu Rena.


Angespannt starren die zwei Kubanerinnen sich. “Ich versteh einfach nicht wieso du immernoch gehen willst? Wir sind endlich zusammen, wir können die Wohnung über dem Laden haben und in ein paar Jahren übernehmen wir Mums Laden!” schreit ihr Rena entgegen. Die Gorgone hat die kleinere Menschin selten so sauer gesehen und zuckt leicht.

“Tut mir Leid, dass ich nicht erwartet habe, dass wenn ich Gefühle für dich habe, ich damit direkt mein ganzes Leben an dich binde!” Wild taumeln die Schlangen auf ihrem Kopf über sich weg.

“Das sag ich doch gar nicht! Ich versteh einfach nicht wieso du Havanna verlassen willst! Wir haben hier alles! Du könntest auch endlich aufhören mit Runs! Mach doch was sinnvolles!”

“Wie bitte!? Ich bin gut darin! Das ist meine Entscheidung ob ich Shadowrunnner bin oder nicht!” Medea hält sich zurück und beißt sich auf die Lippe. Dann sagt sie mit kalter kalkulierter Stimme: “Ich will Havanna verlassen damit ich was von der Welt sehe. Ich will meinen Vater finden. Ich will meine Familie sehen. Du hast keine Ahnung wie es ist allein zu sein. Ich hab keine Familie wie du es hast. Ich hab mir das nicht ausgesucht!” Frustriert wirft die Gorgone ihre Kleidung in ihre Reisetasche.

“Nein, da liegst du falsch. Du hast es dir so ausgesucht. Du bist von zu Hause weggelaufen. Du hast die Entscheidung getroffen! Hör auf dich hinzustellen als ob du das arme kleine Mädchen bist! Du hattest immer eine Wahl und du hast immer gewählt egoistisch zu sein!” Erschrocken und verletzt starrt Medea ihre Freundin an, dann kneift sie die Augen zusammen. Selbst Rena sieht erschrocken aus von dem was sie sagte, aber nicht erschrocken genug um sich zu entschuldigen. Tränen bauen sich in Medeas Augen auf, dann nimmt sie ihre Tasche und rennt. Raus. Raus aus der Wohnung und weg. Weg von Rena. Weg von dieser Realität.


Medea weiß, dass Rena recht hat. Genauso wie sie Recht hat mit den Runs, sie müsste keine Shadowrunnerin sein. Aber was sonst? Sie will studieren, aber will sie aufgeben was sie so lange über Wasser gehalten hat? Das Runnen aufgeben bedeutet nicht nicht in Gefahr zu sein, so naiv kann sie nicht sein. Und warum dann aufhören? Wie würde sie ihrem Vater erklären, dass sie nicht nett und hübsch sein konnte wie man es von einer Frau mit dem Lebensstil erwartete? Wie würde sie ihm erklären können, dass die Zeit wo sie am glücklichsten war, sie beinahe in eine Mordende-Zombie-erweckende-Mafia gebracht hatte? Die Leute vor denen gerade er sie hatte beschützen wollen? Nicht, dass das jetzt noch ein Unterschied macht. Sie hatte England gewählt, nicht Haiti. Nicht die Person, die sie gleichzeitig wahnsinnig gemacht hatte, aber ihr auch endlich das Gefühl gab lebendig zu sein. Die Angst in den Runs, das Adrenalin, das Unerwartete hinter jeder Ecke. Es macht ihr gleichzeitig unglaubliche Angst und es gibt ihr das Gefühl wach zu sein. Lebendig. Wichtig. Talentiert. Aber was nutzt es gut in etwas zu sein, wichtig zu sein, oder wach zu sein, wenn die Leute mit denen man es teilen möchte nicht mehr da sind?

“Medea… MEDEA!

Abrupt reißt es sie aus ihren Gedanken. Benommen starrt sie Candy in die Augen, die vor ihr auf dem Bett kniet und ihre Hände auf Medea’s Wangen gelegt hat. Erst dann fällt ihr auf, dass sie weint. Weint und Zittert. Erschöpft lässt die Gorgone sich vor fallen und schluchzt in die Schulter der anderen Magierin, die sie schnell in die Arme schließt und ihr über den Rücken reibt. “Sh… ganz ruhig, Kleine…” murmelt Candy ihr zu. Es dauert einen Moment bis Medea sich wieder fängt.

“Wie oft ist das schon passiert?” fragt Candy sie ernst. Sie streicht Nayad über die Stirn, dann nimmt sie ihre immernoch zitternde Hände. Verlegen nickt Medea. “Vor zwei Wochen… Bin einer Banshee im Wald begegnet… Ich hab nicht wirklich was mitbekommen zwischen Waldrand und Townhouse… bin einfach gerannt. Ich hab erst da angekommen gemerkt, dass ich die ganze Strecke gerannt bin…”

“Mhm…” Candy drückt ihr einen Kuss auf die Stirn. “Das geht nicht. Wenn du so weg trittst… Wer weiß was dir nächstes Mal passiert, Kleine. Was ist wenn das auf einem Run passiert? Und jemand von euch verletzt wird?” Zerknirscht lässt Medea den Blick senken. Sie sind alle schon oft genug verletzt wurden. Die Stakes sind nicht eine Narbe mehr oder weniger, sie sind Leben oder Tod.

Langsam steht Candy auf von dem Bett, und zieht Medea mit sich hoch. “Na komm, ich hab was was dich beruhigt und dir helfen wird dich zu erden wenn du es brauchst.”

“Okay… ist das mein T-Shirt?”

Candy grinst. “Hol es dir doch?” Dann geht sie vor in ihr Arbeitszimmer.

Müde grinst Nayad, dann greift sie einfach nach dem erstbesten Shirt was sie findet, zieht es über und folgt ins Arbeitszimmer.

Auf dem Boden liegen zwei weich aussehende Kissen, und in der Mitte davon eine Schüssel mit verschiedenen Kräutern. Die Gorgone kann Salbei, Minze und Lavendel erkennen. Daneben an jeder Seite stehen zwei einfache Kerzen. Candy deutet ihr sich zu setzen, dann setzen sie sich gegenüber auf die Kissen. Sie macht die Kerzen an, und wirft dann das brennende Streichholz in die Schüssel zu den Kräutern. Die Aromen verteilen sich schnell im Raum. Medea atmet tief durch, dann schließt sie die Augen. Meditieren war immer gut um sich selbst und ihre Magie wieder zu ankern. Endlich kann sie fühlen wie sich ihr Körper beruhigt, entspannt.

“Bist du bereit?”

Die Gorgone nickt und starrt ihre Gegenüber an. Ihre Tattoos leuchten hell, es bringt ihre weiß-blauen Haare noch mehr zum Leuchten. Dann nimmt Candy wieder ihre Hände, auf ihre Handflächen legt sie eine handvoll Kräuter. “Konzentrier dich auf die Kräuter… Die Gerüche… Wie warm sie in deiner Hand sind… Und dann knüpfst du an deine Magie an.”

Der Geruch der frischen Kräuter gibt ihr ein wohliges Gefühl. Ein warmes vertrautes Gefühl. Die zerfallenden Kräuter in ihrer Hand. Vorsichtig schließt sie die Hände um die noch warmen Kräuter. So zerbrechlich… Sie flüstert leise, “Cuida de mi.” Sicherheit. Sie kann die anderen nur dann schützen, wenn sie selbst nicht immer am Rande des Abgrunds steht. Dann fühlt sie noch etwas anderes. Etwas weiches was in ihren Schoß krabbelt. Als sie die Augen öffnet starren ihr große goldene Augen entgegen. Dunkles Fell schimmert grünlich im Kerzenlicht, aber Nayad kann auch Flecken erkennen.

“Ein kleiner Jaguar, mh? Sehr schnell… Stark, wobei deine Stärke eher in deiner Magie ist, als in deinen Armen… Einzelgänger. Hört sich an wie jemanden, den ich kennen gelernt habe…”

Verlegen streicht sie ihrem Watcher zwischen den Ohren über den Kopf. “¿Se supone que debes protegerme?” Als Antwort niest der etwas zu kleine dunkle Jaguar und Nayad muss lächeln. Ihre Pfoten sind viel zu groß für ihren Körper, und dann nickt sie.

“Fühlst du dich etwas besser?” fragt Candy zaghaft. Ein Lächeln umspielt ihr Gesicht als sie Medea zusieht wie diese fasziniert mit ihrem Watcher interagiert.

“Ja… Viel besser. Danke, Candy. Wirklich. Ich hab nichtmal gemerkt wie sehr das alles mir zusetzt.”

“Das hab ich gemerkt. Bleib noch hier sitzen. Ich geh den Kaffee holen. Vielleicht verschieben wir das Gespräch über die Infos die du wolltest auf einen anderen Tag?”

“Ja… Am Besten tun wir das,” murmelt Medea zurück. Es sind genug Fässer offen für den Moment und die Information bringt ihr nichts solange Boston abgesperrt ist. Sie ist 21 Jahre ohne ihren Erzeuger ausgekommen. Es kann also noch ein paar Tage warten.

Punkt acht Uhr morgens betritt die Gorgone leise das Townhouse.


Author’s Note:

Cuida de mi = Watch over me
¿Se supone que debes protegerme? = Sollst du mich beschützen?

Nayad levelt Initiation auf für Ritualmagie und wird in den nächsten Tagen Candy eine große Summe Geld zukommen lassen unteranderem damit sie weitere Hilfe bekommt und gut aufgestellt ist für die kommende Zeit.

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Nice, Ritualmagie ist cool, und Watcher auch :partying_face:

Nayad hat sich ganz schön entwickelt, in dieser Hinsicht :3

Hab aber nicht erwartet, dass sie so schnell zur Sache kommen! In der MCZ waren sie noch eher distanziert. Aber tbh sagen ja alle durchgehend „Nayad, geh halt Mal vögeln!“, also hatte sie da wenig Wahl :stuck_out_tongue:

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Findest du? Ich fand das klang noch expliziter als Stinger und seine Uschi damals

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Hat sehr sehr gut gepasst mit dem Timing und Initiation :heart_eyes:

Ich glaub sie ist auch irgendwo mal vor Rena weggelaufen. :thinking:

YES. Es war als Recht obvious gedacht und dann musste ich noch 2 Wochen warten. Die waren vorher schon ein bisschen in Kontakt, sie wollte zu Candy für Infos für Gorgonen Daddy, dann werden die ja vorher schon gesprochen haben. Ich hatte eigentlich noch die Szene geplant wo die sich halt da treffen wo es abgemacht war, sodass man vorher gerede gehabt hätte - aber das wurde gecuttet durch das „KE deponiert die bei euch“ :joy:

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Ich fand die beiden da auch schon etwas flirty. Aber ausgeglichener ist sie dehsalb nicht geworden :wink: aber passt halt zu ihr das sie trotzdem unter strom steht.

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NOPE. Ich war halt so größtenteils fertig heute Mittag, und dann ging der Jackpoint offline. Ich saß da so „Guess who’s having two mental break downs today?“ :joy:

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Nach der Season ist Nayad totally mental broken, so viele break downs wie sie momentan hat.

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Sehr schön geschrieben :heart:

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Ich liebe die Fictions, welche zeigen, was warum und wie gelevelt wird.
Also ich lese generell die Fictions sehr gerne, egal welche Thematik, aber jeder hat eben seine Vorlieben ^^
Schön geschrieben, wie immer :blush:

Da hat es ja auch nicht mal der Autor gemerkt, dass da was läuft.

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Das war funny, ja :smiley: Das wird niemals wieder vergessen werden :smiley:

Naww Thanks :yellow_heart: ich finds bei neuen sachen oder halt zB initiation was ja bedeutet, dass man in sich geht, sehr interessant und ich musste auch erstmal überlegen wie ich es schreibe. :smiley: Ritualmagie kann ja alles sein. :thinking:

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Hatte tatsächlich Mal überlegt, an Initiation explizit die Pflicht dranzuschreiben, es irgendwie herzuleiten.
Habs dann glaube ich als Wunsch dazugeschrieben :slight_smile:

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„Das ist ein guter Anlass für eine Fiction“ den Satz hatte ich schonwieder vergessen :smiley: aber war für mich selbstverständlich, dass das eine Fiction Wert ist :thinking:

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