7.11.2075 - Seattle Downtown
“Hier ist es.” Sunny bleibt vor einem unauffälligen kleinen Ladengeschäft in einer Seitenstraße der Seattler Innenstadt stehen.
“Danke fürs Begleiten und den Milchshake.” Sie und Jason umarmen sich kurz als Reginald hinter den beiden vorfährt.
“Ich danke für den Lagebericht über das was mit Phillip los ist und deine verkorkste Schattenfamilie. Jeremiah wird die Infos über KFS zu schätzen wissen.” Er hält einen kleinen gesicherten Datajack hoch.
“Reginald fährt dich nach Hause. Mich holt hier nachher ein Freund ab und fährt mich direkt in die Barrens.” sagt Sunny müde lächelnd.
“Viel Glück bei dem da drin.” Jason winkt ihr zu und nimmt darauf hin in der Limousine platz.
Sunny betrachtet das kleine bronzene Schild an der Eingangstür.
“Madame Melody - Astrale Beratung - Heilung durch Selbstheilung”
Einen Termin bei dieser Guru Tante zu bekommen ist nicht einfach gewesen, aber wenn astrale Energien tatsächlich die Stärke von KFS verringern, sollte Sunny diesen Teil ihres selbst wieder stärker aufnehmen.
Als sie die Tür aufstößt dringt ihr ein beißender Geruch nach Räucherstäbchen und magischen Ingredienzien in die Nase.
“Willkommen mein Kind. Setz dich.” Vor ihr steht eine in langen Leinengewändern gekleidete Menschin die etwa 60 sein muss. Um sie herum tanzen Lichtpartikel in der Luft.
“Mein Name ist Madame Melody. Am Telefon meintest du, deine astralen Energien gehen zurück. Wenn ich mir das so angucke…” abfällig mustert sie Sunnys Datenbuchse und die LED-Tattoos.
“Wundert mich das nicht. Die Geister hassen nichts mehr als diesen neumodischen Schnickschnack.”
Sie mustert Sunny eingehend, geht einen Schritt auf sie zu und legt ihr eine Hand auf die Stirn.
“Und deine Geister wirken ausgesprochen wütend. Sie geben dir eine Gabe die nur einem Prozent unserer Weltbevölkerung geschenkt wurde und du trittst sie in den Dreck.”
Sunny nickt verunsichert.
“Leider muss ich sagen, dass ich für Leute mit implantierten Gerätschaften keine Rituale durchführe. Ich habe in der Vergangenheit damit zu schlechte Erfahrungen gemacht.
Ich kann dich an einen weniger professionellen Kollegen in Renton weiterleiten, aber dieser ist Momentan enorm ausgebucht. Magie als Business ist und bleibt mir unangenehm aber ist leider zeitgemäß. Kennst du vielleicht einen Magier der dieses Ritual mit dir durchführen könnte?”
Sunny nickt zögerlich und denkt nach.
Madame Melody setzt sich an einen kleinen Schreibtisch und öffnet ein Holo-Deck mit blauem Schimmer.
“Zeig mir wie groß die astrale Aura deines Gurus ist. Je stärker desto besser.”
Sunny hält inne. Venus hat mit ihrer eigenen astralen Energie genug zu handlen. Lex dafür ein Rudel erwachter Troll Kinder oder so. Holliday ist wie sie Adept, jedoch hatte sie gehofft ihm ebenfalls helfen zu können. Die anderen erwachten der Gruppe wirken auch aktuell als hätten sie besseres zu tun.
Sunny seufzt und zeichnet die astrale Aura von Ben auf dem Holodeck ein.
Die Beraterin stockt. Blickt vom Deck auf Sunny und zurück.
Dann nickt sie anerkennend.
“Das ist nicht schlecht. Hör mir gut zu, was ich dir jetzt erkläre muss der Guru mit dir und anderen betroffenen vermutlich vorerst ein Mal die Woche durchführen.”
Sie beschreibt ein ausführliches meditatives Ritual, schreibt Sunny einige Formeln auf eine Art Pergament oder Tierhaut, so genau will sie das gar nicht wissen und packt ihr einige Reagenzien ein.
“Melde dich zurück ob du eine Veränderung spürst. Andere teilnehmende ohne Essenzverlust werden früher einen Unterschied spüren. Die Rechnung sende ich dann an die angegebene Adresse. Und nun verlasse meinen Laden.”
Vor der Tür wartet bereits Holliday an sein Musclecar gelehnt.
“Na gibt es Hoffnung für uns?” Er lacht und begibt sich zur Fahrertür.
“So wie die Schrulle meine Datenbuchse angeguckt hat, gibts die nur für dich. Meine Geister sind wohl wütend oder so.”
Holliday verzieht das Gesicht, lacht, dreht die Musik auf.
“Weiß Ben eigentlich dass wir kommen?”
“Dass wir kommen, ja. Dass er unser spiritueller Führer bei einem uns fremden Ritual ist? Nein.”
Die Fahrt in die Barrens verläuft überraschend ruhig. Ben nimmt den mitgebrachten Alkohol, Burger und die Gäste freundlich in Empfang.
“Klar, ich bin gerne die Yoga Tante eurer Wahl. Ist ja nicht so dass ich schon ein mächtiges Ritual für eine von euch organisieren muss.” seufzt er lachend.
“Oben ist ein ruhiges Zimmer, das ehemalige Kot-Kabinett, da können wir hin, blitzblank sauber jetzt. Geht schon mal vor. Wenn ich das richtig sehe müsst ihr auf einem Kissen auf dem Boden sitzen und ich muss diesen rituellen… Bademantel tragen. Mensch Sunny dafür schuldest du mir was. Worauf ist das eigentlich geschrieben? Bah, Schlange!”
“Medusa komm her du sollst doch Ben nicht ärgern!” hört man Jazz von oben rufen.
Sunny und Holliday begeben sich nach oben in ein ruhiges Zimmer in dem sie vorher noch nicht waren, legen Kissen auf dem Boden aus und setzen sich darauf.
“Hijo de puta! Ist das kalt hier. 5 Grad im November! Mierda!” in den Raum gestolpert kommt Jazz, vergraben in einen gewaltigen Wollmantel.
“Oh Hola! Ich wusste nicht, dass ihr da seid. Auf Cuba sind grade angenehme 23 Grad und ich frier mir hier den Culo ab. Ben meinte er war mit der Jacke in den Rocky Mountains, aber ich friere trotzdem!” Sie blickt auf Holliday, lächelt und winkt ihm freundlich zu. Dann stürmt sie durch das Zimmer.
“Trollobert! Spanisch-Lektion in 10 Minutos!” brüllt sie und rennt auf der anderen Seite des Raumes die Treppe runter.
“Hey sie scheint dich langsam weniger zu hassen!” lacht Sunny und wendet sich Holliday zu.
“Naja,” er zuckt mit den Schultern “Wir sind eigentlich ziemlich gute Freunde. Ich hab ja eine Zeit lang quasi auf ihrem Schiff gewohnt. Und wenn wir mal ehrlich sind, wenn mir jemand die Red Street abbrennen würde wäre ich um einiges wütender als sie. Und ich hätte wenigstens Alternativen.” Holliday kratzt sich am Haar und Ben betritt den Raum.
„Irgendwann musst du mir mal eure coolen Piratengeschichten erzählen!“
„Lass das lieber sie machen, im Geschichten erzählen ist sie unschlagbar.“ Holliday grinst.
Ben trägt einen bodenlangen dunkelroten Mantel aus Leinen. Sunny will es sich verkneifen, schießt dann aber ein Foto mit ihren Kontaktlinsen. Wer weiß wann das mal nützlich wird.
“Worüber reden wir?” fragt er mit einem gezwungenen lächeln.
“Jazz” sagt Sunny und deutet in die Richtung in der man sie und Trollobert leise Vokabeln üben hört.
“Donde está la biblioteca?” “Siiiii! gut!”
“Achja. Sie bringt ihm jetzt spanisch bei. Ihr wird es zu kalt hier, sie will im nächsten Monat zurück nach Havanna und Trollo mitnehmen. Ich hoffe er ist dumm und das dauert noch eine Weile. Neulich mussten der Große und ich von ihr Salsa tanzen lernen.”
Holliday lacht: „Da mussten Albinorc und ich auch durch.“
„Hast du gesehen wie sie sich bewegt? Ich dachte ja immer LeClair konnte sich bewegen… aber das! Und mehr Energie als Titania in einem Orkan.“
Sunny schiebt sich demonstrativ einen Finger in den Hals und macht ein würgendes Geräusch.
Die Männer lachen laut auf.
“Ist die Tibidabo schon wieder repariert?” fragt Holliday und blickt aus dem großen alten Glasfenster über dem an einigen Stellen Bretter angebracht sind.
“Das Boot? Keine Ahnung. Sie kriegt hier ordentlich Trinkgeld von männlichen Gästen wenn mal welche da sind und meint sie hat gute Kontakte. Sie wirkt als würde sie über die Runden kommen. Sie meint wenn sie noch länger weg wäre müsste sie auch einen Charly nachholen und dass das nicht so einfach wäre ihn ins Land zu kriegen.“ Hollidays Augen weiten sich angsterfüllt.
Ben zuckt mit den Schultern und legt die magischen Reagenzien zwischen Sunny und Holliday aus. Er setzt sich zu den beiden auf den Boden.
Im Laufe des Rituals füllt sich der Raum mit bläulichem und orangenem Licht. Sunny und Holliday fallen in einen meditativen Dämmerschlaf. Ben spricht einige Worte und der Raum wirkt als würde in ihm eine kleine Melodie widerhallen.
Nach ungefähr 20 Minuten ist alles vorbei.
Sunny und Holliday kommen langsam zu sich und Ben faltet den roten Bademantel zusammen.
“Na? Mach ich micht gut als Charles Manson?” Sunny kichert laut auf. Die Männer gucken sich verwundert an, hatten damit gerechnet dass die junge Elfe das nicht kennt.
„Was denn? Ich hab eine Affinität für Real Crime und meine Eltern hatten Angst, dass ich an eine Sekte gerate. Also, wie gehts dir Holli?“
“Also ich…” beginnt Holliday stockend “fühle mich viel besser! Das war super, danke Ben!”
Ben und er blicken beide auf Sunny die die Stirn runzelt.
“Ich…Ein bisschen? Vielleicht? Aber die Tante meinte bei mir würde es länger dauern.”
“Das machen wir jetzt ein Mal die Woche!” Holliday klatscht in die Hände und blickt auf die Uhr.
“Ich hab noch einen Termin mit meinen Jungs vom Boot, ein Zwischenbericht von ihren letzten…” er beginnt zu flüstern aus Angst Jazz könnte ihn hören.
“Von den letzten Kaperfahrten.”
“Kannst du mich mit nach Downtown nehmen? Ich helfe Broker beim Ausplanen des Thanksgiving Events… Ach da muss ich auch noch was auf dem Schattenboard schreiben!” Sie blickt die beiden älteren Männer an.
“Ich dachte wir machen hier in der Nacht vor Thanksgiving eine kleine Party für die Truppe?” Ben hebt den Finger um einen Einwand einzubringen aber Sunny schneidet ihm das Wort ab.
“Jaja, ich kümmer mich um alles. Und es springt bestimmt ein nettes Catering dabei raus.”
Ben lächelt zufrieden, nickt und bringt die beiden runter zur Haupttür.
“Adiós mis amigos” flöten Trollobert und Jazz den beiden noch hinterher bevor sie die Tür hinter sich schließen.
[Hiermit dürfen sich alle erwachten der Gruppe zu einem wöchentlichen Meditations-/ Hexenzirkel im Haven eingeladen fühlen. Ob und was es bringt denkt sich Paul irgendwann aus! Zur Thanksgiving Sache poste ich nochmal was extra im Chummer Chat]