Sunny und Reginald sitzen in einem gemütlichen kleinen Diner in Tacoma.
Es ist Mitten in der Nacht. Vor ihnen steht ein großer Becher schwarzer Kaffee, ein Vanille Milchshake mit Pumpkin Drizzle und ein Whitenoise Gerät.
“Also Miss Percival. Seit sie mit diesem Geschäft angefangen haben, dachte ich schon, dass es früher oder später zur Sprache kommen wird. Was ich Ihnen nun erzähle liegt natürlich genau so sehr unter der Hülle des Schweigens gegenüber Ihren Eltern, wie ich ihr kleines Hobby nicht erwähne.”
Sunny nickt und zieht an ihrem Milchshake.
“Mein Geburtsname ist nicht Reginald Bow. Eigentlich ist es William Jefferson. Sir William Jefferson genau genommen.” Bei Wort Sir starrt Reginald betreten auf seine Hände.
“Ich bin, wie Sie aus meinen Unterlagen wissen, 2015 geboren. In einem der ärmeren Viertel Londons. Meine Mutter war Näherin und mein Vater arbeitete bei BMW. Das ist heute Saeder Krupp zugehörig.
In meiner Jugend verwickelte ich mich, ähnlich wie Sie nun, in eine eher problematische Szene Londons. Und so wurde William , wie aus Elana irgendwann Sunny wurde, zu ‘Beetle’.
Meine Kollegen und ich haben uns zunehmend hochgearbeitet. Bis wir überhaupt nur noch für die ganz großen Dinger unser Safehouse verlassen haben.
Die meisten Sachen erledigte ich zusammen mit meinem besten Freund ‘Peacock’. Er war Decker, oder zumindest das was wir damals als einen solchen bezeichnet hätten.”
Reginald grinst beim Gedanken an seinen alten Freund und macht dann eine ausladende Handbewegung.
“Die Decks waren damals etwa so groß! So groß wie eine Tasta… ach das kennen Sie ja auch nicht mehr in dem Ausmaß. Zu Beginn waren die guten Decks so groß wie ein…ja wie ein Tennisschläger!
Nunja, ich, ich war eher auf die Waffen spezialisiert. Hatte immer das neuste und dickste, mit jeder technischen Spielerei die die Zeit irgendwie zu bieten hatte. Wissen Sie, schießen war damals noch eine richtige Kunst.
Nicht wie heute wo man nur einen Arm hochheben muss und das Smartgunsystem erledigt den Rest. Und ich war der beste in dem was ich tat.
Kein HTR-Teams konnte es mit mir und Peacock aufnehmen. Runnen in diesem großen Stil war zu dieser Zeit noch absolut neu, grade in Großbritannien.
Wobei es dort durch die Probleme mit Tir Na nOg und den ganzen toxischen Umwelteinflüsse schon recht früh Trickbetrüge und Einbrüche im größeren Stil gab.
Wir fühlten uns jedenfalls unbesiegbar.
Nach einem größeren Job wurde irgendwann die Krone auf uns aufmerksam. Wir kamen eines Nachts halb zerschossen in unserem Safehouse an und wurden kurz darauf von staatlicher Armee überwältigt und mitgenommen.
Zu unserer großen Verwunderung wurden wir nicht einfach ins Verlies des Buckingham Palace geworfen sondern es wurde mit uns verhandelt.
Wir wurden zu einer Art ‘Sonderkommando’ oder ‘Doppelagenten’ wenn Sie so wollen.
Wir sollten für die Krone unsere gesammelten Kontakte zu den Triaden, Yakuza und anderen Gangs der Stadt ausspielen und ihnen möglichst viele Namen liefern.
Da wir zu diesem Zeitpunkt nicht mehr dachten groß eine Wahl zu haben, haben wir das auch getan.
Es lief gut, wir gaben alles ab was wir gesammelt hatten und bekamen diese affigen Adelstitel verliehen mit denen keiner von uns was anfangen konnte.
Unser Plan war uns danach nach Kuba abzusetzen, da wir uns von der Mafia vor Ort Sicherheiten gegen die Triaden erhofften.
Nach der Zeremonie beim Königshaus und auf dem Weg zum Flughafen wurden Peacock und ich überfallen.
Eine Gruppe Triaden nahm uns in einer dunklen kleinen Gasse in London hoch. Ich konnte über eine Feuertreppe fliehen, aber von Peacock hörte ich nur noch furchtbare schreie und ein Paar Schüsse. Ich habe nie wieder von ihm gehört.”
Trauer zieht sich über das Gesicht des sonst so neutralen Mannes.
“Zum Schutz vor den Triaden floh ich 2060 dann nach Seattle. Ich hatte eine kleine Bruchbude in Puyallup, die dauerhaft etwas am schwelen war, und Tag und Nacht Angst, die Triaden würden mich finden.
Mit verschiedenen Gelegenheitsjobs verdiente ich mir in der Stadt einen Ruf und wertvolle Kontakte.
2065 begann ich dann, und das wissen Sie ja nun, für ihre Mutter als Assistent zu arbeiten, sie schätzte mich immer für meine kühle Art und professionelle Arbeit.
Kurz darauf wurde ich dann zu Ihrem Fahrer und konnte aus der Bruchbude in die schöne Wohnung in Bellevue ziehen die Ihre Familie mir stellt.
Ich bin sehr dankbar dafür. Und mir gelang ein glatter Ausstieg aus dem Runnerleben. Passen sie auf dass es Ihnen auch so geht Miss Percival. Die wenigsten kommen lebend aus dem Runnerdasein heraus.”
Als William seine Geschichte beendet hat, hört man einen Augenblick nur das Schlürfen von Elanas Strohhalm, während sie nachdenklich blickt.
„Ich dachte immer, sie stammen aus hohem Hause, mit Ihrer Ausdrucksweise, und allem.“
„Mitnichten.“ Er nimmt einen Schluck von seinem Kaffee, lächelt und zuckt mit den Schultern. „Ich nehme an, eine britische Ausdrucksweise wirkt in den Kolonien einfach etwas anders, Miss Percival.“