Nuevos comienzos [New Beginnings] - Maple

10.05.2078 - Outskirts von Vancouver

Maples Blick haftete an der gerunzelten Stirn des verschwitzten Mannes in abgewetzter Kleidung. “Weick - der beste SINfälscher der Stadt” war die persönliche Empfehlung eines der Kojoten an sie gewesen.

“Wenn der deine Weste nicht rein kriegt, schaffen das nur Metas, die viel teurer sind als du dir leisten kannst.” Hatte der Kojote Turtleneck ihr ans Herz gelegt.

Weick hatte ihre private SIN ausgelesen und seitdem wurde der Ausdruck auf seinem Gesicht düsterer und düsterer. “Weiß nicht, ob ich hier… Vielleicht hier… Mädel das ist wirklich übel. Dein letzter Identitätsdieb hat wirklich nicht so sauber gearbeitet, um dich aus Chicago rauszukriegen. Steht zur Wahl dir die Finger zu verätzen, das Gebiss erneuern zu lassen und nach Aztlan abzuhauen?”

Maple atmete tief aus. Bei allem was im Salish Sidhe Council besser war als in Seattle, war ihr eine Sache zu jedem Zeitpunkt bewusst: Sobald sie aus dem ersten Flüchtlingslager raus sein sollten, würden die Sicherheitskontrollen hier um einiges strenger ausfallen als in den Seattler Barrens. Einen Job zu finden, der sie beanspruchte und nicht nur aus simpler abstreitbarer Schwarzarbeit bestand, schien aussichtslos.
“Keine Chance.” Brummte der Identitätsfälscher vor ihr. Sie wischte sich frustriert ein paar Haarsträhnen hinter die Ohren. “Und was mache ich jetzt?”

Weick zuckte mit den Schultern. “Zwei Alternativen: Beten dass deine wirklich nur halbwegs funktionale FakeSIN weiter funktioniert und jede mögliche SIN-Scannung vermeiden um nicht doch aufzufliegen. Oder: Weg hier. Salish Sidhe hat ein Auslieferungsabkommen mit den AAA Konzernen, wenn die gesuchten Personen keine Staatsbürgerschaft vom SSC haben. Die könntest du erst beantragen, wenn…"

Maple driftete ab, während der Mann ihr das Einbürgerungsprozedere eines Landes, in dem sie nicht bleiben konnte, erläuterte.
Flüchtig ging sie ihre Optionen durch: Flucht zu einem anderen Kon und ihr Wissen über Ares gegen Schutz verkaufen. Das bot die Gefahr, entsorgt zu werden, sobald ihr Wissen erschöpft war. Aztlan, Paraguay und ein großer Teil der arabischen Länder lieferten nicht an Ares aus.
Erstere Option fiel weg, da sie keine Lust hatte Blutsoldatin zu werden. Außerdem kannten sie einige der Aztech Soldaten vom Schlachtfeld… Ihre Überlebenschancen sobald sie erkannt wurde standen mehr als schlecht. Ihr wurde übel und sie bemerkte, dass Weick seine Rede beendet hatte und die AROs vor sich geschlossen hielt.
Sie bedankte sich für seine Dienste und trat zurück auf die Straßen Vancouvers. Es war so lächerlich malerisch hier, wie sie ihre Kindheit in Wisconsin in Erinnerung hatte. Gerade spielten tatsächlich ein paar Kinder vor ihr auf der Straße ein indigen anmutendes Spiel bei dem man Nüsse in die Luft warf und anschließend in einer bestimmten Weise um sie herum rannte.
Maple seufzte und trat aus den Straßen heraus an eines der weitläufigen Hafenbecken.

Als würde sich der Gedanke in ihr Hirn brennen, kam ihr die Erkenntnis dass der Rest ihres Lebens nicht darin bestehen würde sich zu verstecken und Angst zu haben.
Sie zog ihr Komlink aus der Tasche und suchte nach dem Kontakt von Tanelia Dorcan.
Genau in dem Moment, in dem sie den Anruf einwählen wollte, poppte das ARO eines ankommenden Anrufs bei ihr auf.

“Maple! Ihr habt ja doch überlebt! Hab’ ich echt nich’ dran geglaubt, aber die Underdogs können ruhig auch Mal nen Haufen Leute in den Barrens umlegen!” Das runde und fröhliche Gesicht des lachenden Zwergs vor ihr vertrieb Maples Sorgen kurzfristig und sie rang sich zu einem gequälten Lächeln durch. “Hi Waterloo. Ja tatsächlich. Wir haben es alle rausgeschafft. Alle außer…”

“Ja das hab ich auch gehört. Sorry für euch… Tja, da macht man nix.” Der Zwerg wirkte ernster. “Ich wollt dich auch nur kurz ‘n bisschen updaten: Buddy verlagert sein Diner weiter weg von der Grenze von Puyallup. Durch die extra Kohle von der grünen Langohr-Convention in Midland kann er sich ne ganz schöne Location, näher hier an der Red Street, leisten. Eddie hat den für mich im Blick, aber er wirkt ganz happy. Ganz im Gegensatz zu dir. Zu friedlich auf Stammesland? Oder isses die falsche Sorte Baum für dich?” Er lacht brummend.

“Nein. Es ist nur… Ich werde nicht hier bleiben können. Wegen meinen Problemen mit… Du weißt schon. Und ich weiß nicht wo hin…Die Aussicht in ein fremdes Militär einzuziehen, in dem jeder der googelt herausfindet, dass ich medienwirksam potentielle Kameraden erschossen habe, ist gerade wenig rosig.”

“Doof, wenn man zu gut in seinem Job is. Kannte Mal nen Wetworker der immer ‘Ganz oder gar nicht’ sagte und direkt die Familien von allen Zielen auch umgelegt hat. Gut in seinem Job, kein guter Partygast.” Der Zwerg nickte nachdenklich und drehte sich dann um, weil jemand hinter ihm brabbelte. “Maple, Eddie is hier und sagt irgendwas… Meinst du echt? Fragen kann man mal aber… Hmm…”

Hinter dem Gesicht des Zwerges erschien das freundliche Gesicht des Trolls, der den Kiosk neben Maples Wohnung betreut hatte. “Ava! Beantworte folgende Fragen bitte ehrlich und aufrichtig:”
Sie schnaubte verwirrt lachend, nickte aber.

“Du bist top ausgebildete militärische Sniperin, kannst mit diversen Waffen umgehen, kennst dich mit Kampftaktiken, Verteidigung und Personenschutz aus?”
Sie nickte.
Waterloo grätschte dazwischen: “Und dein moralischer Kompass ist mehr so ‘variabel’ oder ‘verloren gegangen’ und würdest auch illegalen Kram machen, wenn du dann wieder zur Maniküre kannst?”
Sie zuckte mit den Schultern. “Nichts mit Kindern, keine Zwangsprostitution…”
“Neeein. Nein, nein, nein. Eine junge aufstrebende Piratentruppe!” erwiderte Eddie.

Maple kniff die Brauen zusammen und die Männer begannen miteinander zu diskutieren.
“Drek Eddie Maple is doch viel zu schick und etepetete für Hollys Kutter!”
“Bessere Id…?”
“Ja klar! Die muss wenn dann zum Landpersonal!”
“Hä?” machte der Kioskbesitzer knapp.
“Sie kann doch direkt für ihn arbeiten.”
“Äh Waterloo, ich glaub der hat schon noch seine Freundin. Also Maple ist eine sehr Hübsche aber, er wirkte das letzte Mal doch sehr glück…”

“Wollt ihr beide mich gerade an einen reichen Geschäftsmann im Ausland verkaufen?”
Der Zwerg strahlte: “Wäre das denn auch ne Option? Weil dann ke-”
“NEIN!”
“Okay okay! Dann doch Plan A: Hör zu. Ein alter Kumpel hat… Ohje, sehr sehr lange Geschichte. Auf jeden Fall hätten die bestimmt Arbeit für dich. In Barcelona. Er meinte mal wenn ich gute Leute hab die ne Zeit weg vom Emerald City Grid müssen, soll ich die ihm rüber schicken.”

“Barcelona ist super duper schön und da liegt der Hauptsitz von Aztech in Europa, deshalb gibt es da kaum Ares Präsenz!” Der Troll strahlte stolz von einem Horn zum anderen.
Waterloo prustete. “Eddie, als wir die Hop On Hop Off Tour gefahren sind, war das ein JOB, du hättest dir den Text nicht merken müssen!”
“Okay. Mal davon abgesehen, dass ich nicht mal ein Flugzeug nach Europa boarden kann mit meiner SIN… Was macht dieser Freund?”
Der Zwerg atmete nachdenklich ein. “Irgendwie alles? Also er selbst ist Schmuggler.” “Ausgezeichneter Schmuggler!” Eddie strahlte.
“Akzeptabler Schmuggler. Das Boot ist echt Mist und er hat nie gefragt, ob ich es Mal für ihn frisieren kann. Eigentlich war er auch Runner, aber dann kam die Liebe dazwischen und jetzt… macht er so Lohnsklaven-Johnson-Zeug und organisiert Runs für so eine ziemlich heiße arkane Geschäftsfrau in Barcelona. Ist aber alles wurscht du gehst ja zum Landpersonal also zu seiner Freundin: Die unterhält vor Ort eine aufstrebende Mafia. Und genau die braucht garantiert jemand, der dein Kompetenzfeld hat. Deren eigener Sniper ist irgendwie mit dem Cousin meines Kumpels durchgebrannt… auch ne lange Geschichte. Und mich wollten sie ja, aber ich bleib’ lieber in Seattle.”

“Ich dachte, sie hätten dich nur nach Empfehlungen gefragt!”
DasMussMapleJaWohlNichWissenEddie. Wie dem auch sei: Die brauchen dich bestimmt für irgendwas!”

Gedankenverloren nahm Maple einen Stein von der Kaimauer und ließ ihn in das Hafenbecken fallen. “Und dieser Kumpel ist… Vertrauenswürdig?”
“Ich würde ihm jederzeit mein Leben, Eddies Leben und-” Er zögerte kurz. “Sogar das Leben jeder meiner Drohnen anvertrauen. Und wenn ich dir nicht zu 100% vertrauen würde, würde ich diesen Kontakt niemals rausrücken, Maple. Wobei er sowieso irgendwie Gefahr immer wittert. ALSO VERSUCH LIEBER NICHTS! Aber zum Glück vertraue ich dir ja."

“Danke.” Maple atmete tief durch. “Ich weiß das wirklich zu schätzen. Aber nichtsdestotrotz… Ich sehe für mich keine Möglichkeit nach Europa einzuwandern.”

“Liebchen… Ein Rigger von Welt ist kein Rigger von Welt wenn er nicht andere Rigger kennt die Leute irgendwie nach Europa kriegen.”
“Das klingt verschwörerischer als es ist. Er hat nen Kumpel bei der Lufthansa. Der kann dich auf nen leeren Platz setzen und bei Aus- und Einreise bei den richtigen Leuten durchschicken.”

“Und was kostet mich das?” Druckste Maple kleinlaut. Das alles klang viel zu einfach.
Waterloo und Eddie tauschten kurz Blicke aus.
“Jeder braucht mal Starthilfe Maple. Mach einfach das Beste draus. Bei dem Lufthansa-Piloten habe ich ohnehin noch einen Gefallen offen und ob der sein Betthäschen der Woche schmuggelt oder dich ist dem gleich. Und wenn du gute Arbeit leistest kann ich meinem Kumpel damit endlos in den Ohren liegen und Gefallen ohne Ende abziehen. ‘Ey, immerhin hab ich dir Maple vermittelt, da ist es doch okay wenn ich dein Komlink übertaktet habe um damit eine Handgranate zu bauen’ sehe ich als gute Ausrede. Maple ich muss weiter. Ich schicke dir alle Details und Geotags. Machs… Besser als bisher!”

Das Gesicht des Zwerges vor ihr verschwand, Maple blieb verblüfft zurück und sie fragte sich was zur Hölle gerade passiert war.

12.5.2078 - Luftraum über den UCAS

Keine 24 Stunden später saß sie in der Boeing in ihr neues Leben. Waterloos Pilotenkontakt war ein schrulliger aber herzlicher Ork, der sie in der Economy Class unterbekommen hatte und ihr bereits ein Glas First Class Champagner zukommen hatte lassen. Zu ihrer Freude war auch Dog in einer Transportbox im Frachtraum untergekommen.

Während sie sich immer weiter von ihrem Heimatkontinent entfernte, ließ sie die letzten Monate vor ihrem inneren Auge Revue passieren.

Ihre Flucht vor Ares und damit ihrer Heimat, ihrem Traumjob und allem was sie liebte.
Ihre auf Logan LaFleurs Visionen aufbauende neue Hoffnung auf Glück, welche in den Ruinen einer kleinen abgelebten Kirche in Puyallup zerschellte.
Die Erkenntnis, dass Vancouver auch nicht die Lösung war.

Ihr Abschied von der Gang war kein tränenreicher gewesen.
Mit Lore, Maila und Grenadine blieb sie in Kontakt.
Charlie und Astra waren bereits am Vortag zu Astras Tanten nach Maine abgereist. Die dabei von Astra vergossenen Tränen hätten für die gesamte Gruppe gereicht.

Smashmouth, Skidmark und Namys… Würden sicherlich ihr Ding machen.

Maple schaltete das Entertainmentprogramm durch und geriet durch Zufall auf eine Aufnahme der Wüstenkriege. Sie zappte zu ihrem alten Bataillon durch. Leute, die ihre besten Freunde und Weggefährten waren, bis sie es auf Befehl der Obrigkeit nicht mehr waren.
Als ihr Verlobter eingeblendet wurde, begann Maples Herz zu schmerzen. Um den Hals trug er neben seiner Erkennungsmarke ein dünnes Lederband, an dem ihr Verlobungsring baumelte. Ein paar Tränen brannten unerbittlich in ihren Augen.
“Wirklich furchtbar, dass ihm die Verlobte so kurz vor der Hochzeit abgehauen ist, oder? In einem Interview letzte Woche hieß es, die Hochzeit wäre eigentlich diesen Samstag gewesen… Ich verstehe nicht, wie man so einen Mann verlassen kann.” Lächelnd reichte die Stewardess ihr ein heißes Tuch und eine Packung Nüsschen und zog dann weiter.

14.5.2078 - Placa de St. Pere - Barcelona

Übernächtigt und verspannt stand Maple auf dem kleinen Platz in Barcelona. Der Steinboden wurde von den Sonnenstrahlen des Mai erwärmt und die Palmen und sonstigen Pflanzen standen in voller Pracht. An einem kleinen Brunnen saß ein prächtiger roter Ara neben einem kleineren schwarzen Papagei.

Sie atmete tief durch. Die notdürftige Katzenwäsche im heruntergekommenen Hostel hatte reichen müssen, um sie hierauf vorzubereiten.

Dank der positiven, warmen und glücklichen Stimmung in der Stadt hatte wenigstens Maples Symbiose beschlossen, etwas Glanz und Energie zu spenden.
Sie kraulte der Hündin neben ihr noch einmal das Ohr und betrat dann, mit dreimaliger Rückversicherung wirklich am richtigen Ort zu sein, die kleine, erst am Abend öffnende Bar.
Im Inneren der fensterlosen, modernen und schick eingerichteten Bar war es dunkel und nur ihre leuchtenden lindgrünen Haarspitzen erhellten den Innenraum in einem gedimmten Licht.

Trotz elfischer Restlichtverstärkung erschrak sie, als fast wie aus dem nichts ein Mann hinter der Bar vortrat.
Er war ca. 1.80 groß und muskulös, braun gebrannt mit nahezu leuchtenden goldbraunen Augen und war vom Hals abwärts über und über mit Tattoos übersät.Hätte Maple sch nicht so vor ihm erschrocken, hätte sie ihn durchaus attraktiv gefunden.
Außerdem war sein Hemd weiter geöffnet, als das von SmashMouth die meiste Zeit. Sein Blick glitt an ihr hoch und runter und spätestens nach dem selbstsicheren Grinsen war sie sich sicher, dass er und SmashMouth sich hervorragend verstanden hätten.

In einem Englisch dem man eine lateinamerikanische Herkunft deutlich anmerkte, rief der Mann "Jess! Der Kontakt vom Käsezwerg ist da.” in den hinteren bereich der Bar aus dem, wie Maple nun auffiel, laut ein Lied der alten Sängerin Shakira drang.
Die Musik wurde leiser und eine glockenhelle freundliche Frauenstimme, die kaum älter sein konnte als Maple und der man eine katalanische Herkunft sehr deutlich anhörte, drang zurück.

“Ay, wunderbar Oscuro! Bring sie zu mir. Und bringt unbedingt den Hund mit!”

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Awwww! AWWWW :heart_eyes: :heart_eyes:

Ich liebe die Fiction sehr! Und das du Maple an Jazz weitergeleitet hast find ich toll :face_holding_back_tears:

Tbh, dachte ich auch erst so, dass Maila einen meiner Charaktere kennenlernt… aber nicht jetzt, vielleicht irgendwann :smirk:

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Wie immer eine sehr schöne Story <3

Find das immer wieder schön, wenn sich die Charaktere treffen und man wieder was von den bekannten Leuten hört :smiley:
Naja bei mir wird nix mehr mit kennenlernen :woman_shrugging: die alten kennen sich ja schon :smiley:

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Oooh nooo demiii :smiley:

Ich mag die Fiction auch sehr gerne!
Ratet Mal, mit wem Lissy Maple shippen wird :upside_down_face:

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Wenn ich Drama will, Holliday.

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