Nachts nach dem Pubcrawl
Seufzend ließ sich Holliday neben Ben auf einen der Holzhocker am Lagerfeuer fallen. Er reichte dem Mann neben ihm eine Flasche kubanischen Rum, den Jazz bei der Mafia besorgt hatte. “Ist kein Scotch…”
“Oh glaub mir, das ist super. Der erinnert mich immer daran wie ich als junger - und im Vergleich zu heute wirklich unbedarfter - Magier in die karibische Liga gestolpert bin. Der alte Batista war nicht so auf Kuschelkurs wie der junge. Das kann ich dir versprechen. Das muss so ‘51 gewesen sein.”
“Schön zu sehen, dass ich nicht der Einzige bin der Ärger mit der Mafia bekommt.” Holliday schenkte den beiden einen Schluck ein und stellte die Flasche auf dem kiesigen Untergrund ab.
“Nun. Man kann mir viel vorwerfen, aber ich war nie so blöd, mich an den Batista Frauen zu vergreifen. Prost.” Die beiden stießen klirrend ihre Gläser aneinader.
Durch das Klappern der Gläser angelockt traten auch Oscuro und A.J. ans Feuer heran und ließen sich auf ein paar von Keziahs gepolsterten Holzbänken fallen.
“Worüber wird geredet?” A.J. hielt die frostigen Elfenfinger etwas näher ans Feuer.
“Ich wollte coole Geschichten aus Bens Vergangenheit hören. Aber er hat mich mit meinen Problemen bei der Mafia und den Batista Frauen abgelenkt.”
Oscuro nickte langsam und nahm sich ebenfalls die Rumflasche zur Hand. “Was hast du auf Kuba eigentlich gemacht Ben?”
Der ältere Mensch kratzte sich kurz am Bart. “Ich bin in meinen jungen Jahren rumgereist. In meinem Umfeld gab es immer nur Witches und ich wollte wissen, was die astrale Welt sonst noch so zu bieten hat. Ich bin herumgezogen und habe von den Großen lernen wollen. Ich wusste von zu Hause gut wie man astralen Größen den Bauch pinselt also… Ja.”
A.J. lachte auf. “Du warst Magie Roadie!” dann schüttelte er den Kopf.
“Ja… Ja doch! Das beschreibt es.” Ben wirkte mit dieser Aussage ziemlich zufrieden.
“Und wie kamst du dann zu…?” Oscuros Blick schweifte unwillkürlich zu Keziahs Zelt, dass das übliche abendliche warmrote Leuchten von sich gab.
“Ach? Achja. Der erste Drink und ihr werdet sofort persönlich? Nein. So machen wir das hier nicht. Jeder von euch erzählt von euren Beziehungen bevor ich hier auspacke. Und lasst euch lieber was gutes einfallen. Mango-Fledermaus! Du hast eine erstaunlich monogame Vergangenheit! Die will ich hören.”
Der Sukuyan rieb sich mit den tätowierten Fingern übers Gesicht und setzte sich dann etwas bequemer hin. “Xiomara und ich waren Nachbarn. Sie war… Sehr lieb. Und sehr hübsch. Nicht auf diese wilde Jazz Art oder auf eine elegante sleeke Weise wie Elfinnen das manchmal haben. Aber sie war das… das perfekte Mädchen von Nebenan. Wir trafen uns nach der Schule immer im Aufzug oder wir haben zusammen auf den Straßen Kubas gespielt und… sie war immer da. Und als wir 14 wurden… waren wir einfach ein Paar. Da gab es irgendwie nie Zweifel. Sie war mein ein und alles. Ich hätte mir niemals vorstellen können eine andere Partnerin zu haben und mir hat nie etwas gefehlt. Wir hatten unser gemeinsames Leben detailliert ausgeplant. Alter für Hochzeit, Kinder, wo Flitterwochen verbracht werden sollten, wir haben zusammen unsere ersten Autos geplant und auch ein Viertel ausgesucht in dem wir später gerne eine kleine Wohnung gehabt hätten und… es war friedlich. Dann… wurde ich infiziert. Und die Mafia hat mich sehr lange zurückgehalten bis es sicher war, dass ich zu ihr zurück kann. Und als ich zurück kam in unsere Wohnung… Jazz hatte sie zwischendurch aufgeklärt, was passiert war und… Sie hatte sich entschieden zu gehen. Hat Kuba verlassen. Ich habe keinen Brief, keine Erklärung… nichts. Ich weiß auch nicht wo sie hin ist. Nur, dass sie nicht mehr auf Kuba ist. Ich weiß nicht mal ob Jazz weiß wo sie ist.”
Holliday hob schützend die Hände. “Keine Ahnung. Sie hat mir nie irgendwas davon erzählt.”
Oscuro nickte. “Wenn man sich bei der Frau bei einer Sache sicher sein kann, dann dass sie ihre Geheimnisse mit ins Grab nimmt. Ganz besonders die von Javier. Sie hatten irgendein geheimes Zeichen wie sie sich mitteilen wer aus einer Menschenmenge rausgepickt werden soll. Ich kenne es bis heute noch nicht.” Dann griff er erneut zu der Flasche Rum, die sich langsam unter den Männern zu leeren begann. “Die beiden waren unglaublich eng miteinander. Als Javiers Vater gestorben ist dachte ich kurz er zieht zu ihr auf ihr Boot. Bevor sie angefangen haben sich mehr… naja eigentlich hat nur Jess angefangen ihn mehr als Geschäftspartner zu sehen. Sein Punkt war da von jeher ziemlich klar. Sie waren genau so eng wie ich es zwischendurch mit ihr war. Oder dann ihr. Naja, vor dem Beziehungspart. Da war nie was.” Er lächelt Holliday distanziert durch das Feuer zu. “Du tust ihr gut. Hätte nicht gedacht dass Jessica wirklich einmal eine Spur von erwachsener Verantwortlichkeit abseits vom aufnehmen von Streunern entwickelt. Sie fühlt sich wohl und wird normaler. Das ist irgendwie schön.”
Bei “wird normaler” wandte sich A.J. dem Sukuyan zu. “Wenn das normal ist, wie war sie denn früher?!”
“Oh… Laut. Sehr sehr laut. Und wild. Wie ein Hurrikan als Frau. Sie saß nie auch nur zwei Minuten still und war immer unter Leuten. Sie kannte jeden und hat das auch genossen.” Oscuro dachte einen Augenblick nach. “Ist vor vielen Sachen weggelaufen denke ich. Dass sie sich jetzt so von allem distanziert ist allerdings… neu. Kriegen wir jetzt ein bisschen Keziah Mason Story?”
Der Cowboy lupfte langsam den Hut um seine Haare darunter zu richten und etwas Rauch der auf ihn zu wehte zu vertreiben. “Wisst ihr Witzbolde denn überhaupt wer Keziah Mason ist?” Als sich die Blicke der Männer wieder dem Zelt zuwandten winkte Ben ab. “Nicht diese Keziah Mason. Die originale. Keziah Mason war eine der ersten großen bekannten Salem Hexen. Sie wurde 1692 als Hexe gebrandmarkt und zuerst von der Gesellschaft ausgestoßen. Später wurde sie bei den Witch Trials festgenommen. Sie gilt als - und das wird euch jetzt überaus praktisch vorkommen - die erste Frau, die sich in der 5. Welt mit interdimensionalen Reisen auf andere Metaebenen beschäftigt haben soll. Sie sagte unter der Folter eines der Richter der Witch Trials aus, einen Packt mit einem schwarzen Mann geschlossen zu haben. Später ist sie auf unbekannte Weise aus ihrer Zelle entkommen. Sie wurde einige Jahre später von einem Physikstudenten der von ihren Dimensionsreisen lernen wollte mit einem Kruzifix erwürgt. Nur falls einer von euch mal einen Ausweg sucht. Naja, außer Oscuro. Der wird von den Dingern ja in die Flucht geschlagen. Auf jeden Fall… Wenn ein Coven einer Tochter diesen Namen gibt, dann heißt das schon was. Man sagt am Abend ihrer Geburt, natürlich eine Vollmondnacht” Ben rollte theatralisch mit den Augen “Ging ein dunkelroter Flammenball auf Salem nieder. Ihre astrale Macht war von klein auf sehr beeindruckend. Ähnlich wie bei FiFis Baby… Aber auf eine andere Art. Sie hatte mit sechs Jahren die sprechende schwarze Ziege Baphomet die ihr überall hin folgte. Erzählt mir nicht dass das nicht irgendwie verdammt cool ist. So. Der nächste bitte. Ersatz-Holliday!”
A.J. hatte gerade sein Rumglas angesetzt und schüttelte den Kopf. “Nichts spannendes von meiner Seite Choom. Aber… Daisy!” Die Menschin war gerade vom Waschzelt gekommen, und A.J. nutzte die Gelegenheit sie abzufangen. “Erzähl Ben ne schnulzige Story!”
Die Menschin runzelte die Stirn und versicherte sich beim nickenden Holliday, dass A.J. wusste was er da sagte. “Die wundervolle Liebesgeschichte wie die Leadsängerin meiner Lieblingsband sich in mich verliebte?”
Ben schnarchte laut auf, was Daisy wiederum mit einem Schulterzucken beantwortete. “Dann hab ich nur meine Freundin Simone. Über die rede ich nicht. Schönen Abend noch Chummers!” Sie nahm Oscuro die Flasche Rum aus dem Schoß und lief in Richtung ihres Wohnwagens.
“Toll A.J. der gute Rum!” funkelte Oscuro ihn böse an.
“Jazz hat davon noch genug im Auto unter den Bodendielen versteckt. Aber ich will nicht aufstehen…” Holliday warf einen auffordernden Blick zu Ben, welcher kurz nickte und eine Flasche Scotch vor sich manifestierte. Er reichte sie zu Hollidays leerem Glas und warf dann einen abwartenden Blick zu A.J.
Dieser zuckte erneut mit den Schultern. “Ich hab seit ich jung bin immer wieder paar Jahre ein paar nette Mädels und wenn die Zeit reif ist trennt man sich eben wieder. Keine wurde verrückt, keine stalkt mich. Ich komm gut klar. Die aktuelle ist… süß. Sie ist erst vor kurzem in die Schatten gestolpert und hat… so gar keine Ahnung was hier abgeht. Es ist zwar immer cool, wenn die andere Person versteht wie es in den Schatten so läuft aber…Ich bin jetzt so lange dabei, dass es auch echt schön ist mal wieder jemanden um sich zu haben der noch Freunde außerhalb der Schatten hat. Jemand der einen erinnert wie das normale Leben eigentlich zu sein hat. Dass immer überall bewaffnet sein und aufpassen zu müssen wann dich wo, wie, welche Cam aufnimmt, eigentlich nichts ist was man machen muss. Mal jemand der nicht dauernd mit einem Hinterhalt rechnet sondern den es aufregt wenn ihre Freundin ein Outfit in den Club anzieht, dass ihrem ein wenig zu sehr ähnelt… Hat was.” Er schubst einen kleinen Kiesel ins Feuer. “Uh ich hatte aber auch was mit Turbo Bunny. Die war der Wahnsinn. Meine Güte. Holla.”
Die Männer um ihn herum lachten und schüttelten die Köpfe über den schürzenjagenden A.J. Trotzdem sah man auch ein anerkennendes Nicken von eigentlich allen Beteiligten.
“Erzähl das niemals Daisy. Ich glaube Turbo Bunny ist die einzige Person auf dieser Welt für die sie Mara stehen lassen würde.” Erwiderte Holliday. Ihn wunderte, dass die neugierige Menschin nicht sofort bei dem Erwähnen von Turbo Bunnys Namen hinter ihnen gespawnt war.
“Jap. Diesen Trumpf hebe ich mir auf für wenn sie mal wieder frech wird… Also wahrscheinlich morgen.” Sein Blick wandert zu Ben der bereits wieder Luft holt.
“Keziah war also bereits recht früh ziemlich stark. Die Hexen ihres Covens und dem meiner Mutter waren stets sehr ebenbürtig. Als ich geboren wurde ging den Masons wohl der Arsch etwas auf Grundeis. Viele Hohepriesterinnen die Söhne bekommen geben diese an ihre Schwestern oder Tanten ab. Bei den Wicca haben nur Frauen die Macht. Aber meine Mom hat mich behalten uns ausgebildet aufgrund meiner Fähigkeiten. Zehn Jahre später kam dann Keziah zur Welt. Und ihr Werdegang… Ich habe selten Magier so diszipliniert an sich arbeiten sehen. Sie hat alles an Wissen aufgesaugt und verinnerlicht, was sie finden konnte. Hat sich mit 15 in die verschlossene Bibliothek meiner Mutter geschlichen um Interpretationen der Lovecraftschen Geschichten aus Sicht der Wicca zu lesen. Schriften aus denen man erstaunlich viel schließen kann. Auch einige Schriften der originalen Salem Hexen befinden sich in dieser Bibliothek die jetzt wohl für immer in Boston festsitzt. Meine Mutter und ich hatten damals ein angespanntes, aber noch freundschaftliches Verhältnis” Ben schmunzelte und schüttelte langsam den Kopf “Sie hat mich nie so erbost angerufen wie an diesem Tag. Als ich nach meiner Zeit mit Ashe, die wirklich schön war und in Frieden endete, in meine Heimat zurückkehren wollte war sie vor einigen Monaten 18 geworden - Und mächtiger als jede andere Anwärterin die mir in den Jahren untergekommen ist. Mir wurde diese Gabe geschenkt, aber sie hatte sie sich wirklich hart erarbeitet. Ich hatte in der Zwischenzeit viel von Ashe gelernt und Keziah sah das und… Wollte an meinem Wissen teilhaben wie ich vorher an Ashes. Es war nur eine Frage der Zeit dass wir anbandelten. Sie wusste ziemlich genau was sie hinter sich ließ als sie Salem mit mir verlassen hat weil uns dort unsere Beziehung verboten wurde.” Bens Augen taxierten die flackernden Flammen als sich wieder ein ruhiges Lächeln über seine Lippen zog. “Ich hätte nie gedacht, dass wir es wirklich Elf Jahre miteinander aushalten. So. Holliday, bitte.”
“Er kriegt keinen dummen Spitznamen?” Fragte A.J. mehr belustigt als wütend.
Oscuro griff ein und winkte mit einer kräftigen Handbewegung ab. “Na los! Gib an. Vor dem einsamen Cowboy, dem einsamen Lustmolch und dem One Night Stand Vampir. Du hast von uns gewonnen!”
Holliday richtete sich ein bisschen auf und zog seine Jacke etwas glatt. “Wisst ihr… Das war ein Teil meines Lebens, mit dem ich irgendwann als ich in den Schatten landete abgeschlossen hatte. Ich hatte mich damit abgefunden, dass meine Leben aus guten Freunden, Kollegen und gelegentlichen One Night Stands bestand. Damit war ich vollkommen fine. Ich hatte eine große Liebe. Meine Exfreundin Mary und ich haben uns mit 11 auf einem Schulfest kennengelernt als wir uns gegenseitig noch ziemlich doof fanden. Mit 14 kamen wir zusammen. Sie war mein erster Kuss, mein erstes… alles eigentlich. Unsere Familien liebten sich, unsere Collegefächer und später Studienarbeiten ergänzten sich perfekt. Sie war gutmütig und lieb und ruhig. Oh Gott sie war so ruhig.” Holliday lachte. “Aber als wir uns verlobten hat sie mir gestanden, dass sie mich betrogen hat und ich bin gegangen. Ich hatte danach noch eine ‘normale’ Beziehung mit der langweiligmöglichsten Person der Welt. Aber sie war… sicher wenn ihr versteht.” Die Männer nickten und Ben murmelte ein “Sicher ist für Langweiler.”
Holliday lachte. “Ja… Ja das weiß ich jetzt auch. Jess ist… Fantastisch. Wirklich. Sie hat diesen Teil in mein Leben zurückgebracht, von dem ich fest überzeugt war, er wäre vorbei. Und ich bin froh um jeden Tag den ich mit ihr habe.”
“Und um den Sex. Vermutlich. Also… Wenn man sie sieht dann…Sie hält damit ja nicht hinterm Berg.” A.J. machte eine abwägende Handbewegung als er und mit ihm die umstehenden Männer schmunzelten.
Holliday atmete kurz tief durch und zog die Brauen hoch. “Oh ja. Ja. Das auch.”
“Du guckst als würde ein ‘aber’ kommen Holliday.” Oscuro klang verwundert als er sein Glas mit Bens Scotch füllte und ansetzte.
“Wir sind ja zusammen gekommen kurz bevor wir Havanna zusammen verlassen haben. Und waren danach erstmal zusammen auf der Tibidabo. Und wir haben uns einander angenähert und… danach ist sie sofort aufgestanden und aufgesprungen und hat eine Serie angemacht und mir ein Bier hingehalten und wollte quatschen. Und das war für mich irgendwie total irritierend weil… naja als frisches Pärchen dachte ich irgendwie eher an die Pärchen Nummer. Sie wusste aber natürlich gar nicht was die Pärchen Nummer war. Selbst die zwei etwas nennenswerten Beziehungen die sie vorher mit Frauen hatte waren nie so… traditionell kitschig. Sie hat auch immer von sich behauptet sie war nie tiefgreifend verliebt. Und ich bin nicht blöd, ich konnte gut genug Askennen um auf Kuba zu bemerken, dass sie in mich verliebt war. Als wir uns nach FiFis und Doyles Hochzeit am Steg vor unseren Booten geküsst haben ging das von ‘Oh Wow.’ über ‘nimm mich mit auf dein Boot’ bis hin zu ‘Fuck was ist wenn wir uns jetzt küssen und nie wieder’… Naja. In unserer dritten Nacht zusammen auf diesem Boot auf dem Weg raus aus der Liga hat sie danach plötzlich furchtbar angefangen zu weinen. Richtig laut und war kaum ansprechbar… Und ich dachte ‘Okay Holliday, das wars. Die setzt dich jetzt mit deinen paar Sachen an der Aztlaner Grenze des Kanals ab und ab dann heißt es irgendwie aus dem Land fliehen.Wo ist eigentlich deine Machete?’ Aber das war einfach ein emotionaler Durchbruch. Sie war so übermannt von ihren eigenen Gefühlen und hatte da erst realisiert, dass wir jetzt… wir sein können. Und seit dem wird es von Tag zu Tag nur besser. Wir saßen erst auf diesem Boot, dann in Boston und dann jetzt wieder in diesem Wohnmobil pausenlos miteinander fest. Und trotzdem fehlt sie mir wenn sie in Cheyenne im Club ist. Ich freue mich wahnsinnig für sie und bin ehrlich gesagt auch überrascht von ihrem Businesstrieb und davon was sie aus Maras Karriere alles rausholt aber… Noch lieber habe ich sie bei mir. Dass sie seit Mittwoch weg ist, ist… schwer.” Der Elf lächelt als eine aufflammende Flamme ihn kurz blendete. “Vielleicht… Ich… Manchmal habe ich auch für eine Sekunde die total irrationale Angst, dass sie irgendwann doch wieder Monogamie blöd findet und mich ersetzt, oder dass jemand in diese Bar spaziert und…”
“Das ist blödsinn.” Fuhr Oscuro dazwischen.
“Ich weiß.” Erwiderte Holliday.
“Ich kenne Jazz jetzt 17 Jahre und in all den Jahren hat sie niemals jemanden so angesehen wie sie dich ansieht. Glaubst du wir würden so viele Witze darüber machen, sie dir auszuspannen wenn da auch nur der Hauch einer Chance wäre, dass wir ihr zutrauen würden, das durchzuziehen? Seit ich euch zwei das erste mal zusammen gesehen habe, das muss ‘70 gewesen sein, wusste ich dass du irgendwas besonderes für sie bist. Keine Ahnung was, sie wollte damals nie drüber reden aber… Da musste man schon blind sein um das nicht zu sehen. Deshalb war Javier ja auch so wütend auf dich. Du kamst und er war plötzlich nicht mehr ihre nummer eins. Sie war blöd… oder unbedarft… und hat ihn etwas zu häufig gefragt wann du denn endlich wieder nach Kuba kämst.”
“Wieso hast du so lange zugeguckt wie er jeden von der Insel schmeißt der ihr wichtig ist? Er hat das mit Luisa gemacht, dann später mit mir… Wer weiß mit wem noch.”
“Mit Tàri. Beispielsweise. Die wurde nie von ihren Leuten versetzt. Aber bind ihr das nicht auf die Nase. Was sollte ich denn machen? Mich für ihre Freiheit gegen den Representante stellen? Sie musste selbst einsehen, was Javier da mit ihr macht und sich selbst wehren. Wenn sie mir gesagt hätte ‘Ozzy ich brauche deine Hilfe um zu fliehen’ hätte ich das sofort getan. Aber einfach so? Ich gehöre zu den Batistas, nicht zu den Diaz-Ruiz. Außerdem… Wollte ich nicht dass sie geht. Sie ist meine beste Freundin und sie gab mir immer das Gefühl, dass das was aus mir geworden ist vollkommen normal für sie war… Ich konnte mir Havana ohne sie nie vorstellen. Die Insel war farbloser ohne sie. Zumindest für mich.” Der Vampir setzte das Scotchglas neu an. “Und auf jeden Fall auch für Javier.”
Holliday nickte langsam und blickte zurück zu Ben und A.J. ergriff das Wort. “Genug Offenbarungen? Wie endete das Ganze? Warum will die Frau dich so sehr tot sehen?”
Ben seufzte. “Elf Jahre sind eine sehr lange Zeit. Wir hatten immer mal wieder kleinere On und Offs, hauptsächlich wenn wir uns eher kurzfristig in unterschiedliche Richtungen entwickelten. Über kurz oder lang kamen wir immer wieder zusammen. Das war ein Arrangement mit dem wir beide wirklich glücklich waren. Und es ist jetzt wirklich nicht so, dass Keziah die Frau war die Heirat und Kinder wollte…Aber es wurde eben ernst. Zu ernst für einen Ende 30 Jährigen Ben. Ich hatte noch nicht das Gefühl alles gesehen zu haben, was diese Welt mir zu bieten hat. Und irgendwie nicht das Gefühl, mit ihr alles sehen zu können. Das versteht ihr doch oder? Die meisten von euch sind in meinem damaligen Alter! Könntet ihr jetzt… Stört euch das Gefühl euch zu binden nicht?”
Ben schaute in die Runde in der A.J. nickte. Seinen Standpunkt zu dem Thema hatte er wiederholt deutlich gemacht.
Oscuros Blick fiel auf seinen Handballen, auf dem ein kleines X eintätowiert war. Sein erstes Tattoo. Er schüttelte langsam den Kopf.
Holliday schien kurz zu grübeln. Er konnte sich gut vorstellen, dass eine Keziah mit ihren strengen und unbedingt seriösen Geschäftsbeziehungen, den flatterhaften Ben Kendall einschnüren konnte. Ben war kein Mann den man in einen Käfig sperren konnte.
Langsam öffnete er den Mund. “Ich habe nicht das Gefühl, dass gerade Jazz mich von irgendwas auf dieser Welt abhalten könnte. Aber… War das dein einziges Problem mit Keziah?” Jazz hatte ihm erzählt, dass Keziah davon ausging, Ben habe sie aufgrund ihres transformierten Körpers verlassen.
Ben zog die Brauen zusammen. “Ja. Es war sonst wirklich eine gute Zeit… Keziah und ich sind uns sehr ähnlich. Wir haben uns blendend verstanden. Um die Freundschaft ist es wirklich schade.” Ben hob den Zeigefinger mahnend. “Sagt ihr das nicht!”
Holliday nickte ruckhaft und schaute vor sich auf den Boden.
“Was? Was Elf?” Ben lehnte sich etwas vor. “Ich kann dich auch verzaubern, damit du es mir sagst.”
Hollidays Kopf drehte den zu Oscuro: “Du kannst ihn doch mit Antimagie davon abhalten oder?”
Der Vampir nickte. “Da ich die Antwort sowieso kenne, kann ich dich da unterstützen.”
“Das ist unfair! Was erzählt Keziah euch denn?!” Ben war aufgestanden und hatte die leeren Gläser der schulterzuckenden Männer eingesammelt.
“Also mir gar nichts. Ich hab Angst vor der Frau.” A.J. stand auf und streckte sich.
“Wisst ihr was? Ich fliege morgen zu Jazz. Ich vermisse sie. Und ihr tragischen Junggesellen habt mir klar gemacht… Das eine Freundin haben cooler ist als nicht!” Holliday klopfte sich die Hände ab und rückte die Stühle zurecht.
“Vielleicht sollte ich auch mal wieder zurück nach Daniel. Meine Freundin kommt auch diese Woche zurück und eigentlich freu ich mich auch sie wieder zu sehen. Selten genug bei mir.” A.J. löschte das Feuer in der Campmitte mit einem bereitstehenden Eimer Wasser.
Während sich A.J. und Oscuro sich bereits in ihre Bereiche zurückzogen, passte Ben Holliday noch einmal ab. “Du würdest mir doch sagen wenn es irgendwas gäbe was ich wissen müsste?”
Der Elf lachte leise auf. “Bist du wahnsinnig? Will ich, dass Jazz mich eigenhändig erwürgt? Ich kalibriere diesen Cyberarm regelmäßig. Ich weiß was das bedeutet! Hör zu… Wenn es etwas gibt worüber du reden willst, wirst du selbst mit Keziah reden müssen.” Er klopfte Ben noch einmal auf die Schulter und ließ ihn dann alleine im Camp zurück.