Konflikte auf kubanisch - Jazz

[Schließt zeitlich direkt an “Abende auf der Tibidabo” an. Kurzer reminder wegen der Ausgangssituation: Holliday hat Jazz erzählt, dass Javier jeden der ihr nahe steht (nominell Holliday und Luisa Mendoza) von der Insel schmeißt, was sie ziemlich aufregt.]

20.3.2076 - Havanna Cerro - Villa Batista - spät nachts

Fordernd klopft Jazz an die dicke Holztür, welche im 3. Stock der Villa Batista zu Javiers persönlichen Rückzugsort führt.
Die Hallen der Villa wirken nachdem sie zwei Monate hier gelebt hat, merkwürdig vertraut. Sie lässt den Blick durch die häufig modernisierte Kolonialstil-Villa schweifen. Die komplette hintere Front war auf Wunsch des Hausherren durch Glas ersetzt worden, was vom hügeligen Gelände Cerros aus einen wunderschönen Blick über die Stadt und das Hafengelände liefert.

Noch bevor Jazz Hand das Klopfen beendet öffnet Javier die Tür.

“Na du hast mich aber warten lassen. Ich muss dich doch sonst nicht mehrfach kontaktieren.” Er umarmt sie und küsst sie kurz auf die Wangen.
“Hola Javier. Was gibt es denn Mitten in der Nacht, was nicht bis zum Team Brunch warten kann? Ist etwas mit Luisa?” Sie betritt das nach Zigarrentabak riechende Büro, wissentlich, dass sie vermutlich nicht ohne Streit hier raus kommt.

“Deine kleine Gespielin? Nein, nein. Die ist weiter in Gefangenschaft, ganz schön biestig die Dame. Aber darum soll es nicht gehen.” Er schüttelt den Kopf, wendet sich ab und setzt sich auf das gewaltige Ledersofa in der Mitte des Raumes, mit Blick über die Stadt.
“Es ist furchtbar Jessica!” Mit einem Mal kommt ihr jedes Wort und jede Bewegung des Mafiabosses furchtbar affektiert vor.
“Es ist Aztlan, naja eher Aztechnology. Sie wollen Ricardo für ihr erwachtes Konzernprogramm. Sie sagen er habe die stärkste erwachte Signatur, die sie lange gesehen haben. Sie fordern ja häufiger erwachte Kinder und Jugendliche für ihr Konzernprogramm an. Unsere Kontakte zu den Konzernen sind sowieso so brüchig, da habe ich keine Handhabe zu widersprechen.”

Jazz durchfährt ein kalter Schauer. Dann platzt aus ihr heraus.
“Wollen sie ihn haben oder willst du ihn abgeben weil ich an ihm hänge?!”
Javier runzelt die Stirn. “Jessica was redest du denn da? Wie kommst du auf solche Gedanken?” Nun muss eine gute Ausrede her, die nicht Holliday ins Zentrum stellt. Gedanken rasen durch ihren Kopf.

“Luisa Mendoza. Sie lachte dreckig als du mir gesagt hast sie wäre ein schlechter Einfluss. Sie betonte, dass sie deshalb damals so überstürzt die Insel verlassen musste, weil du sie loswerden wolltest. Und so überstürzt wie Holli…Vacaciones damals aufgebrochen ist… Du hast nie geleugnet, dass du ihn zu den Zobop geschickt hast!”
Jazz steht zitternd vor Wut in der Mitte des Raums. Gegen Javier müssen Worte wohl gewählt werden, noch ist sie nicht an dem Punkt an dem sie ihn nur anschreit.

Javiers Mund verzieht sich zu einem bitteren Lächeln als er sich ein Glas Rum einschenkt.
“Ach Jessica. So hübsch wie du bist, so naiv bist du leider auch. Merkst du es denn nicht?” Er tritt näher an sie heran und legt ihr eine Hand auf die Wange.
“Vacaciones ist gerade mal einen Monat zurück auf der Insel und er spielt auf dir wie auf einer Stradivari. Erklär mir inwiefern es kein schlechter Einfluss ist, das du vor mir stehst und mich anzweifelst. Deinen besten Freund und Anführer.” Er nimmt einen Schluck Rum, dessen Geruch Jazz zum ersten Mal in der Nase beißt.

“Für diesen Elfen hast du einen einzigen Wert Jessica. Deine Kontakte zu mir. Du solltest ein gutes Wort bei mir einlegen. Du sollst ihm Infos weitertragen die ich dir mühevoll übertrage. Und jetzt bringt er dich dazu mit mir zu brechen um dich gefügiger zu machen. Was glaubst du denn passiert wenn er weg ist?”
Jazz starrt ihn wütend an. Ihr zittern wird stärker, doch noch bekommt sie kein Wort heraus.

“Ach, que linda.” Er legt den Kopf schief und streicht mit dem Finger über ihre Wange.
“Du denkst er nimmt dich mit? Nimmt dich in seine kleine Zirkunsbande auf?” Er schüttelt den Kopf. “Jessica meine Liebe. Männer wie er haben an jedem Hafen eine wie dich. Wenn du mit mir brichst landest du da, wo wir uns kennengelernt haben. Allein in der Gosse.”
Jazz reißt endgültig der Geduldsfaden.

“ICH BIN NICHT DEIN VERDAMMTES EIGENTUM JAVIER!”
Sie wendet sich in einer schnellen Bewegung ab und starrt auf einen alten Wandteppich mit aufgestickten Segelbooten auf dem If you see a sailing ship, it might be your last eingestickt steht. Ein altes Geschenk der Zobop an Javiers Vater.

“Du hast nicht zu bestimmen, wann ich mit wem wie viel Kontakt habe!”
Javier geht nicht auf sie ein.
“Sollte dir nicht zu denken geben, dass er käuflich genug war einen Run mit den Zobop anzunehmen und dabei auch noch auf dich zu schießen?” Seine Augenbrauen zucken kurz nach Oben.
Javier bleibt ruhig. Verdächtig ruhig. Die beiden haben sich schon häufiger gestritten, normalerweise wird dabei kurz viel geschrien und danach ist alles wieder gut. Das hier ist anders.

Jazz erstarrt. Javier ist ihr seit ihrer frühen Jugend ein sehr guter Freund. Er hat immer für sie gesorgt. Holliday hat ihr Boot zerstört und sie in Seattle erst freundlich in Empfang genommen als sie Babysitter für ihn gespielt hat.
Und auch dabei war er nicht sonderlich glücklich über ihre Anwesenheit.
Hier wollte er sie gar nicht erst informieren, dass er wieder da ist. Sie gibt und gibt und hilft, aber zurück kommt wenig. Sollte Javier wirklich recht haben? Sollte sie sich so in Holliday getäuscht haben?

Sie sinkt auf dem gewaltigen braunen Ledersofa zusammen.
“Ich habe dir nur diesen Job zugemutet, weil ich dachte du wärst stark genug dafür Jessica.”
Er setzt sich neben sie und legt den Arm um sie.
“Es ist nicht schlimm falls du es nicht bist. Du bist mir sehr wichtig Jessica. Ich weiß, du wirst nie den Namen Batista tragen können wegen… Na du weißt. Und das bedauere ich. Das weißt du auch. Wenn du möchtest ziehe ich dich von diesem Job ab. Du könntest ein paar Zobop foltern, die wir gefangen haben. Das wäre doch spaßig oder?”
Er lächelt sanft.
“Der neue Kinderarzt aus Großbritannien ist vor ein paar Tagen eingetroffen. Du könntest ihm die Insel zeigen. Er wirkt sehr nett und aufrichtig.”

Jazz nickt langsam. “Lass mich den Job mit den Runnern aber noch fertig machen. Ich schaffe das. Ich mag keine unbeendeten Sachen.”
Javier nickt. “Natürlich. Alles was du willst. Sag bescheid sobald ich Vacaciones Hintern von der Insel bugsieren soll. Und wegen Ricardo… Das besprechen wir morgen nochmal in Ruhe. Bei Aztech hat er vermutlich ein luxuriöseres Leben als bei dir auf dem Schiff. Wenn du möchtest, dein Zimmer ist noch hergerichtet, bleib gerne über Nacht.”
Jazz umarmt Javier mit einem sehr mulmigen Gefühl.

Ihre Gedanken drehen sich wild im Kreis als sie das schlichte, elegante Zimmer mit Glasfront und Blick über die gesamte Stadt betritt.
Stumm starrt sie auf den Hintergrund ihres Komlinks, bereits ein paar Jahre alt. Jazz und Holliday sitzen lachend auf dem Deck der Tibidabo,über Jazz Rücken klettert der deutlich kleinere Ricardo und Charly sitzt mit offenem Maul grinsend vor den Beiden.

Tränen steigen in ihre Augen als sie in ihre Manteltasche greift und den Basiliskenzahn der zu einer Kette umfunktioniert wurde ertastet, den Jazz vor ihrer Abfahrt in Seattle Holliday als Andenken geklaut hatte. Damals als sie noch dachte ihr Wiedersehen würde deutlich länger auf sich warten lassen, wenn überhaupt.

Aber erstmal gibt es wichtigere Dinge zu klären, als welcher Mann sie wie hintergeht.
Sie durchforstet ihr Komlink nach einer lange nicht genutzten Nummer, schaut nach wie spät es gerade in Seattle ist und hofft das abgehoben wird.
Sie weiß dass Javier sie nicht abhören würde.

“Ben, ich brauche deine Hilfe. Du musst mein Kind aus dem Land kriegen.”

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Ich dachte beim Lesen am Anfang: „Nein, so dumm kann Jazz doch nicht sein, auf Javiers schamlose Manipulation reinzufallen!“ aber eigentlich spricht wirklich viel gegen Holliday, das kommt in der Mitte leider gut raus :smiley:

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Also so ganz gut weg kommen alle beide nicht.

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Ich glaube auch dass es aktuell einfach mehr gibt was für Javier spricht als was für Holliday spricht, einfach weil sie mit Javier nochmal mehr verbindet (da gibts Montag auch nochmal kleine Rückblicke zu) und ihre Existenz halt auch einfach im Moment zumindest von ihm abhängt.

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Sehr schöne Geschichte. Aber ja Holliday kommt hier nicht gut rüber (auch wenn mein Herz das nicht einsehen will, ich mag Holliday als Charalter eigentlich)

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Ja Paul war auch schockiert wie viele Argumente man gegen ihn findet wenn man explizit sucht :smiley:
Dafür dass Jazz ihn wieder mag ist Paul jetzt bis Montag ein bisschen zuständig, da schreibt er nen Part in meiner nächsten Fiction, mal sehen was er da so draus macht :smiley:

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Mir geht es da auch ein wenig wie alisa…da muss der gute echt gucken das er wieder mehr pluspunkte sammelt bei jazz

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Tensiiiooon!! :smiling_imp:
Ich bin aber sehr froh, dass ich mir die Fiction aufbewahrt hab bis ich Zeit hatte ! Wie immer sehr schön geschrieben und zeigt weiterhin wie schwierig der Konflikt zwischen den dreien ist. Und dieser nette Cliffhanger :smirk:

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