In fremden Gewässern - Nicolay

09.34 AM - Dienstag, 02.03. - an der Grenze zu den Gewässern der Karibischen Liga

Mit einem pochende Schädel und einer plötzlichen Welle von Übelkeit erwachte Nicolay. Sein Stöhnen unterdrückend, versuchte er sich von dem Licht abzuwenden, welches ihm direkt ins Gesicht schien und seinen Kopf nur noch schlimmer schmerzen ließ.
Das laute Klingen von schwerem Metall verrieten ihm, dass es Ketten waren, welche ihn daran hinderten, sich auf dem Stuhl wegzudrehen. Diese Realisation ließ den Kopfschmerz für kurze Zeit in den Hintergrund rücken.
Um keine weiteren Geräusche zu erzeugen, beendete Nicolay seine Versuche sich von der grellen Lichtquelle abzuwenden und konzentrierte sich stattdessen auf das, was er mit seinen Ohren wahrnehmen konnte.
Um sich herum konnte er mindestens zwei Personen flach und unregelmäßig atmen hören. In der Distanz konnte er außerdem ein ganz leises, tiefes Brummen wahrnehmen. Als er allerdings versuchte das Geräusch genauer zu identifizieren, spürte er allerdings den stechenden Schmerz in seinem Kopf mit einer Macht zurückkommen, dass er laut stöhnen musste.
Das Geräusch von Schritten war auf einmal zu vernehmen und eine amüsierte Stimme erklang zu Nicolays Rechten. „Es wird Zeit, dass du endlich wieder zu dir kommst. Wir erreichen bald unser Ziel und hier muss noch aufgeräumt werden.“
Innerlich stöhnte Nicolay auf. Es war Titanias Stimme und er meinte sich dunkel daran zu erinnern, dass er sich mit ihr auf einem Schiff befand. Dies würde die leicht salzige Luft erklären und warum er das Gefühl hatte, der Boden unter ihm würde sich konstant bewegen.
„Ich habe jetzt noch einen Massagetermin und wenn ich damit in einer Stunde durch bin, plane ich dieses Deck zum sonnen zu benutzen. Nicolay ich bin mir sicher, dass ihr bis dahin hier alles wieder aufgeräumt habt, aber lass dir gesagt sein.“ an dieser Stelle verschwand die Freundlichkeit aus ihrer Stimme und eisiger Schauer lief Nicolay den Rücken herunter. „Sollte ich dazu gezwungen werden, hier selbst aufräumen zu müssen, kannst du dir sicher sein, dass ihr alle den Rest des Weges nach Havanna schwimmen könnt.“
Laut stöhnend öffnete Nicolay endlich seine Augen. Das gleißend helle Licht, welches ihm ins Gesicht schien, stellte sich als die Strahlen der Sonne heraus, welche aus einem strahlend blauen Himmel auf ihn herab schien.
Langsam kehrten Teile von Nicolays Erinnerungen wieder zurück.
Er war zusammen mit Titania (seiner Tante), Mishka (seinem Cousin und Sohn von Titania) und Jahm (eine junge Magierin, die den Schutz der Maffia gesucht hatte) auf der Privatjacht seiner Tante unterwegs in die Gewässer der karibischen Liga.
Seine Augen fokussierten sich schlussendlich auf seine Tante, die in einem weiten, weißen Sommerkleid mit einem Cocktail in der Hand neben ihm stand. „Tetya, warum bin ich an einen Stuhl gefesselt?“ stöhnte Nicolay, der versuchte möglichst nicht in die Sonne zu schauen. Als sein Blick auf den Boden des Decks fiel, funkelten ihm von dort unzählige Reflektionen der Sonne entgegen.
Titania, die neben ihm stand, sog geräuschvoll ihren Cocktail durch ihren Strohhalm. „Nun ja, Nicolay. Ich vermute, dass du gestern Abend bei unserem kleinen Beisammensein doch weniger vertragen hast, als du dachtest.“ antwortet sie, entspannt. „Wir hatten gerade die dritte Kiste Vodka auf gemacht, als du meintest, du würdest eine ganze Flasche meines Selbstgebrannten vertragen. Ich habe dagegen gewettet, und die Tatsache, dass ich dich mit Ketten am Deck festbinden musste, damit du nicht ins Meer springst um in deiner Übermut den Rest der Strecke zu schwimmen, spricht wohl dafür, dass ich den Gefallen gewonnen habe.“ als sie mit ihrer Beschreibung endete, konnte Nicolay eine Mischung aus Belustigung und Zufriedenheit in Titanias stimme ausmachen.
„Aber ich muss dir gratulieren. Du bist einer der Wenigen, die es geschafft haben eine ganze Flasche zu trinken und danach nicht sofort in die Notaufnahme mussten.“
Mittlerweile kehrten auch Nicolays Erinnerungen der letzten Nacht, verschwommen wieder zu ihm zurück.
Wie konnte er nur so dumm gewesen sein. Jeder aus der Familie wusste eigentlich, dass Titanias selbst gebrannter Vodka eher magischen Reagenzien gleich kamen, als normalem Alkohol.
Titania drehte sich um und bewegte sich auf eine Tür zu, welche zu einem der unteren Decks der Black Swan führte. Auf dem Weg dahin stellte sie ihr Cocktailglas auf einem umgekippten Sofa ab und schnipste mit den Fingern ihrer linken Hand. Die Ketten, die Nicolay bisher noch auf dem Stuhl gefangen gehalten hatten, lockerten sich und fielen von ihm ab.
„Du hast eine Stunde, Nicolay. Ach und sorg bitte auch dafür, dass mein Sohn und meine Schülerin ansprechbar sind, bis wir in Havanna angekommen sind. Ich habe Arbeit für euch drei.“


3 Stunden später

Mit kreidebleichem Gesicht hing Mishka über der gläsernen Reling und entledigte sich dessen, was noch vom letzten Abend übrig geblieben war.
„Und sie hat gesagt, dass sie Arbeit für uns hat? Ich dachte wir wären hier in den Urlaub gefahren, damit sie sich etwas Zeit für ihre Schülerin nehmen kann, die sie bisher komplett vernachlässigt hat.“ stöhnte er.
„Ich habe sie das gleiche gefragt, nachdem ich euch beide zum Ausnüchtern in den Pool geworfen hatte.“ erwiderte Nicolay. „Und sie meinte zu mir, dass wir sie missverstanden haben müssen.“ sagte er, während er hinüber zum Boot der Küstenwache schaute, welches neben der Black Swan eher klein wirkte. „Deine Mutter hat mir zu verstehen gegeben, dass sie hier ist um Urlaub zu machen, und das wir sie begleiten durften, weil der hier ansässige Familienzweig Hilfe benötigt und sie zu sehr mit Cocktailpartys beschäftigt sein wird um sich darum zu kümmern.“
Mishka wischte sich seinen Mund mit dem Handrücken ab und schaute ebenfalls auf das andere Schiff hinüber, welches Spritzer seiner Übelkeit auf dem Deck aufwies. „Jahm sieht echt auch nicht gut aus.“ meinte er und nickte zu dem jungen Mädchen herüber, welches auf zitternden Beinen vor einem bulligen Mann mit mechanischem Arm stand und auf einen Koffer neben sich deutete.
Nicolay erwiderte „Ich muss sagen, ich habe keine Ahnung warum Titania meinte, dass Piraten bestechen ein wichtiger Teil ihre Ausbildung sein wird, und sie das auch im Schlaf können sollte.“
„Meine Vermutung ist, dass Mama einfach nicht aus dem Whirlpool aufstehen wollte um sich selbst drum zu kümmern. Arme Jahm, sie sieht in etwa so aus, wie ich mich fühle.“
Nicolay brummte zustimmend. „Mach dir keine Sorgen. Als Tochter eines Medienmoguls ist Bestechungsgelder anbieten sicherlich etwas, was sie schon von Kindheitstagen an gelernt hat. Da, siehst du? Alles ok.“
Der Mann hatte soeben Jahm freundlich auf die Schulter geklopft und ihr ein Glas mit brauner Flüssigkeit zum Anstoßen angeboten. „Aber jetzt kommt der schwierigste Teil. Ich kann nicht fassen, dass sie gestern Abend versucht hat genau so viel zu trinken wie du Mishka.“
Mishka wendete seinen Blick ab. „Sogar beim zuschauen wird mir übel, ich will nicht wissen, wie sie es schafft das Zeug unten zu behalten.“

Nachdem sich Nicolay versichert hatte, dass Jahm den Kapitän des anderen Schiffes nicht beleidigte, indem sie ihm den angebotenen Rum wieder entgegen spuckte, wendete er sich erstaunt über ihre Fassung ebenfalls von der Scene ab.
„Tetya hat mir aufgetragen mich auf der Insel mit der örtlichen Familie in Verbindung zu setzen, da diese anscheinend den Batistas einige Gefallen schuldig sind und einen Cleaner gebrauchen können.“
Seufzend lehnte sich Nicolay gegen die Reling. "Näheres soll ich bei einem Treffen der Familien erfahren, auf das wir eingeladen sind. Zwar nur als Fußvolk, aber ich nehme an, dass das ausreichen sollte um die lokalen Kontakte kennenzulernen. " Mishka beobachtend, ergänzte er noch.
"Außerdem habe ich keine Absicht, die ganze Zeit hier auf dem Boot zu wohnen und Titania um mich zu haben. Und ich denke, sie stellt sich ihren Urlaub so auch nicht vor. Ich habe schon ein schönes kleines Hotel am Rand der historischen Altstadt gebucht. Es hat auch noch genügend freie Zimmer, falls Jahm und du ebenfalls mal Pause von deiner Mutter brauchen. "
Mit einem leicht schiefen Lächeln erwiderte Mishka „Das Angebot nehme ich dankend an. Aber ich glaube Jahm will sich keine Möglichkeit entgehen lassen, von Titania zu lernen. Also vielleicht sind wir da erstmal nur zu zweit.“

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Vom Bourbon brennen für Ben, über mit Russen trinken bis hin zu den Piraten nicht ihren Rum entgegen sprucken. Das Mädchen kommt viel herum :smiley:

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Ich mag es, dass Nicolay lieber Cleaner für die kubanische Mafia spielt als noch einen Tag länger in der Nähe von Titania zu sein. :grinning_face_with_smiling_eyes:

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