Gingerbread, Schürzen und Ehrlichkeit - Jazz

23.5.2076 - Habana del Este - Touripromenade

“Das ist doch wirklich ein schlechter Witz. Da ziehe ich nach Kuba um ein Frühjahr in der Sonne zu genießen und hier ist Wetter wie in London in einem warmen Sommer.” Dr. Benedict Wright schüttelt den Kopf und beißt in einen an der Promenade gekauften Burrito mit Soyfleisch. Seine Atemschutzmaske baumelt an einem seiner Ohren. Er und Jazz sitzen auf einer Bank mit Blick auf den Nanostrand und das Meer. Zwischen ihnen steht eine Schale Mango Sticky Rice mit 2 Löffeln.

“Ja das Wetter ist definitiv nicht Kuba-typisch. Wir prüfen da grade ob…”

Benedict lässt sie nicht aussprechen. “Begleitest du mich nach Südafrika? Hast du dich entschieden? In einem Monat geht es los und bis dahin gäbe es noch sehr viel zu planen. Und hier geht wirklich abgedrehter Kram ab. Du solltest dich langsam mal entscheiden.”

Jazz atmet tief ein, so tief wie die FFP3 Maske es erlaubt. Dasselbe hatte Holliday gestern gefragt. ‘Das ist meine Chance auf ein normales Leben Holliday. Diese Entscheidung trifft man nicht einfach so.’ Hatte sie ihm geantwortet.
Nachdenklich reibt sie sich den Unterarm und blickt Benedict nochmal an, der sie verständnisvoll anlächelt.

“Hör zu Jessica. Ich habe drei großartige Schwestern. Meine Eltern sind beide Ärzte. Sie waren immer für uns da. Meine Familie liebt sich. Ich bin im gleichen Vorort aufgewachsen in dem wir immer noch alle leben. Jede Frau die unserer Familie angehört bekommt eine I found my Mr. (W)Right Schürze.” er lacht und schüttelt den Kopf “Bei den meisten macht das ja nicht mal Sinn, weil sie mit dem Namen geboren sind. An Weihnachten backt meine Mutter mit meinen Schwestern Gingerbread für ungelogen, halb London! Sie singen dabei die ganze Zeit Weihnachtslieder.” Er lacht erneut auf.

“Klingt schön.” sagt Jazz, etwas traurig und etwas verwundert worauf er hinaus will.

“Ist es. Ist es wirklich. Es ist so familiär und häuslich.” Sein lächeln vereist etwas als er sie anblickt. “Und wenn ich eines über dich in den letzten Wochen herausgefunden habe dann, dass du all das furchtbar hassen würdest. Du bist niemand der im gleichen Vorort lebt für den Rest seines lebens. Und für mich steht fest, dass ich genau das irgendwann wieder will. Und dieses irgendwann ist sehr viel schneller als du dich mit diesem Gedanken anfreunden könntest. Du würdest in einem Haus sitzen mit Teeküche und Volants an den Fenstern und du würdest es hassen. Und ich wäre traurig, dass du nicht glücklich bist und müsste mich zwischen dir und dem Leben, dass ich führen will entscheiden.” Er greift ihre Hand. “Und das kommt für mich nicht in Frage.”
Jazz nickt langsam und weiß nicht so recht was sie zu all dem sagen soll, deshalb führt Benedict seinen Monolog erstmal fort.

“Weißt du was einer der Vorteile ist, so harmonisch aufgewachsen zu sein? Anders als sehr viele Menschen in deinem Umfeld die ich kennenlernen durfte bin ich ein vollständig normal emotional entwickelter Mensch. Und daher kann ich dir eines sagen: Ich denke jeder kann sehen, dass zwischen dir und dem Kybernetiker mehr ist. Außer dir und dem Kybernetiker. Und das ist… Gelinde gesagt, etwas anstrengend.” Er lacht sie erneut an und lässt ihre Hand los.
“Du solltest dir überlegen was du willst Jessica. Ich konnte leider nur ausmachen was du nicht willst.” Er steht auf, setzt seine Maske wieder auf und hebt den Arm nach einem Cocotaxi. Dann dreht er sich erneut um.
“Allerdings… Javier war dein ganzes Leben für dich da. Egal was du durchgemacht hast, er stand hinter dir, hat dir das Leben ermöglicht, dass du dir gewünscht hast. Jetzt ist sein Bruder tot und seine Familie gespalten. Hat er es da wirklich verdient dass du ihn auch noch verlässt? Ich denke er braucht dich Jessica. Ich an deiner Stelle würde ihm zur Seite stehen und Kuba nicht verlassen.”

Bevor Jazz etwas erwidern kann hebt er die Hand zum Abschied, lächelt sie an und steigt in ein haltendes Cocotaxi.
Jazz starrt dem losfahrenden Moped mit Aufbau nachdenklich hinterher.


Dr. Benedict Wright checkt sein Komlink und tippt eine Nachricht. ’Ich hab ihr gesagt was Sie wollten Javier. Das war die letzte Zahlung die ich von Ihnen annehme um Jessica zu manipulieren. Alles weitere liegt in Ihrer Hand.’


Etwa zeitgleich auf der Tibidabo:

Trollobert schüttelt den Kopf und fährt sich mit allen vier Armen durch die Haare. “Warum genau sagst du ihr nicht einfach, dass du sie magst? Sie ist eine erwachsene Frau. Sie wird dir dann schon sagen was Sache ist.”

Holliday setzt seufzend seine Bierflasche an und nimmt einige Schlucke.

Krah Wenn ich mit meiner Antonia diesen Affentanz aufgeführt hätte, wären wir heute bestimmt nicht da wo wir jetzt sind.” Antoni reibt seinen Kopf an der schwarzen Ara-Dame die neben ihm auf der Regenrinne der Tibidabo sitzt.

“Jungs das ist nicht so einfach… Ich bin nicht so der Elf für… Emotionen und so Kram.”

Das Boot schwankt leicht als Albinork die Tibidabo betritt. “Meiner Hanna habe ich meine Liebe mit einem mehrseitigen Gedicht über…”

“Ok halt Stop. Ich nehm doch keine Datingtipps von dem der eine syphilitische Hafendirne datet, dem Troll mit vier Armen und einem verdammten Papagei an!” Holliday wirft die Hände in die Luft und sich selbst in einen herumstehenden Liegestuhl.

“Hey! Der Troll mit vier Armen war 8 Jahre glücklich verheiratet!”
“Und wo ist deine Frau jetzt?”
“Sie hat mich mit meinem Bru… Ach tut doch nichts zur Sache. Gib mir auch ein Bier.”
Holliday wirft Trollobert eine kühle Flasche Bier zu.

“Das Theater geht jetzt schon länger so als es vertretbar ist Holliday. Ich hör mir das schon zu lange an. Jazz hat doch bestimmt schon was gemerkt und wartet nur auf…” Albinork unterbricht seine Ansprache als der Vogel und der muskelbepackte Troll gleichzeitig vehement den Kopf schütteln.
“Jessica ist absolut emotionsbehindert. Wir arbeiten dran, aber das ist wie ein Opfer eines Autounfalls zu pflastern.” sagt Trollobert und öffnet die Flasche an der Regenrinne der Tibidabo, was Antoni und Antonia kurz durchschüttelt.
“Jep. Krah. Absolut emotionsbehindert. Aber es wird besser. Sie ist nicht mehr nur wütend. Krah

“Wer ist nicht nur wütend?”
Die Männer fahren erschrocken herum als Jazz hinter ihnen am Steg auftaucht.
Sie betritt ihr Boot und greift in die vor Holliday stehende Kühltasche.
“Und was macht ihr eigentlich alle auf meinem Boot?” Mit einem plopp öffnet sie eine Flasche Rum und setzt sie zügig an.

“Gibt was zu feiern! Aber… Wolltest du nicht bis heute Nacht mit dem Arzt unterwegs sein und über das Krankheitsbild der toten Leute reden? Wieso bist du so früh zurück? Ich dachte auch ihr wollt den Afrika-Tripp bei dem ihr kleine Kinder zusammenflickt besprechen?” Trollobert sieht sie fragend an.

Jazz setzt die Rumflasche ab und beginnt ziellos über das Deck der Tibidabo zu wandern. Als sie Trollo passiert bleibt sie kurz vor ihm stehen. Vor dem gewaltigen Troll wirkt Jazz noch filigraner und kurviger als ohnehin.
“Der Arzt geht alleine nach Afrika. Und zurück nach London glückliches Pan de jengibre mit glücklichen Frauen backen, die glückliche londoner Vorstadt-Ärztebabies kriegen. Und ich bin für all das wohl nicht glücklich genug.” Sie setzt erneut die Rumflasche an und wandert weiter weg von den Männern.

Trollobert hebt auffordernd alle vier Arme Richtung Holliday der die Stirn in Falten gelegt hat und Jazz nach blickt wie sie auf dem Deck ihre Runden zieht.
Albinork lehnt sich zu Holliday und flüstert: “Sollten wir ihr nicht verbieten zu trinken wenn sie augenscheinlich nicht gut drauf ist?”
Holliday winkt ab. “Der Zug ist lange abgefahren Chum.”

“Ja wo ist mein großes böses Kroko?!” Hört man von weiter vorne und dann nur ein scheppern, ein schwanken des Bootes und ein leise klingendes Glöckchen.
“Weißt du was? Wir nehmen dir das Halsband mal ab. Warum sollen Möwen glücklich sein wenn ich es nicht sein darf?”

Das sieht Holliday als sein Stichwort, springt auf und eilt nach vorne zu Jazz. “Hey hey, die Ausrottung des kubanischen Möwenbestands ist doch auch keine Lösung.” Er lacht und legt Jazz eine Hand auf die Schulter. “Du wirkst traurig. Tut mir leid mit dir und Benedict.”

“Ach mir gehts doch nicht um Benedict. Der war nett, aber es gibt viele nette Typen. Aber… Das war meine Chance für den Ausstieg Holliday. Und sie ist weg. Mich will kein cooler Super-Forscher, der Vater einer sehr spendablen aufdringlichen Teenie-Tochter ist, um eine Arbeit für ihn zu tun, die genau im richtigen Maß spannend und doch normal ist. Ich musste den Cocotaxifahrer bitten mich zum Steg zu begleiten. Ich hab zu viel Angst um alleine unterwegs zu sein… diese Schläger haben mir meine Heimat genommen.”
Sie tätschelt Charly zu ihren Füßen und wirft seine angekaute Lieblingsboje mit Schwung ins Wasser. Das Krokodil sprintet hinterher.

Holliday nickt nachdenklich. “Du weißt, dass du auch mitkommen kannst nach Boston, oder? Wo sie einen Runner brauchen, brauchen sie auch zwei. Und Portland ist ja nicht weit… also das in Maine. Hogwarts.”
Jazz seufzt und streicht sich durch die Haare.
Benedict hatte mit seinem Hinweis auf Javier eindeutig einen Nerv bei ihr getroffen.
Sie wendet sich ab und starrt hinaus auf die im durch die Wolken blitzenden Abendrot leuchtenden Lichter der smogverhangenen Stadt.
„Komisch wie ruhig die Stadt ist oder? Es dauert nicht mehr lang, da steht uns ein großer Kampf bevor, von dem wir nicht mal wissen ob wir oder die Liga ihn überstehen und trotzdem mache ich mir schon Sorgen was danach sein wird. Ich hab die ganze Nacht mit Leuten telefoniert, damit sie uns helfen.”

“Wir schaffen es nur auf den Krieg zuzurennen weil wir denken, dass es ein danach gibt. Oder weil wir denken, dass das wofür wir kämpfen es wirklich wert ist.”
Jazz nickt. “Was macht Mina?”
“Ich arbeite dran. Denke das wird. Möchte das geklärt haben, bevor auf uns geschossen wird.” Er lächelt

Jazz verzieht die Mundwinkel etwas wirr, dreht sich dann zu Holliday um und blickt ihn an. “Als wir dich zurück nach Kuba geholt haben, durch den Dschungel und so, und du meintest, wir wären mal beste Freunde gewesen aber das wär ja vorbei… Das hat mich wirklich verletzt.”
Holliday blickt sie mit einer Mischung aus Verwunderung und leichtem Schock an.
Jazz atmet tief an. “Clarence hat mir geraten meine Gefühle besser zu kommunizieren weil das helfen könnte, dass ich nicht immer nur eine wÜtEnDe ZiEgE bin. Und Sachen aus der Vergangenheit fallen mir grade noch einfacher als aktuelle Sachen.” Sie wuschelt sich erneut nervös durch die Haare. Holliday macht einen Schritt nach vorne und nimmt sie in den Arm.
“Ich war ein Idiot ok? Ich hatte grade erst meinen Dad im Rucksack und keine Ahnung was hier mit mir passiert und wie Mina…”
Jazz drückt ihn etwas fester.
“Ich weiß das doch jetzt. Nur damals nicht. Alles vergessen.”
Sie lösen sich voneinander und stehen noch kurz nebeneinander.
Holliday setzt kurz an als wolle er noch etwas sagen, scheint es sich jedoch anders zu überlegen und schaut wieder auf die Hafenanlage.

“Also, Señores. Was haben wir denn zu feiern? Ich bin im Moment sehr fürs Feiern so lange wir noch können.” Jazz läuft mit der Rumflasche in der Hand zurück zu Trollobert und Albinork.
Holliday hinter ihr beginnt zu grinsen. “Du wirst Großmutter.”
Jazz winkt ab. “No no. Medusa macht das mit den Eiern ab und zu, die sind unbefruchtet. Keine Ahnung warum, eigentlich machen Schlangen das nicht. Aber ein Taliskrämer in der Stadt kriegt sie.”
Die beiden bleiben wieder am hinteren Teil der Tibidabo stehen und wenden sich Trollobert und Albinork zu.

“Nicht Medusa.” Holliday deutet auf das in der Regenrinne sitzende Vogelpärchen.
“Waaaas?” Jazz beginnt ebenfalls zu grinsen als Trollobert sie schnappt und anhebt, so das sie einen Blick auf das Nest, auf dem Antonia sitzt, werfen kann, in dem 3 Eier liegen.
“Wahnsinn. Welche Farbe kriegen die denn?”

“Wussten Sie: Die Küken eines bunten und eines monochromen Aras erhalten häufig einen schwarzen Kopf und einen bunten Körper.”

“Huh. Sie kann sich mittlerweile besser auf Situationen anpassen. Aber sie hat recht. Die Matrix sagt das gleiche.” Holliday streichelt Medusa die sich über das Dach der Tibidabo schlängelt und sich an einer Stelle an der das Dach etwas wärmer ist einrollt. “Sag mal… fressen Schlangen nicht Vogeleier?”

“Das wussten Sie richtig. Vogeleier sind eine wichtige Proteinquelle für Reptilien.”

Jazz hebt die Schlange auf ein aufgeregtes Zwitschern von Antoni und Antonia hin vom Dach und legt sie sich um den Hals.
“Herzlichen Glückwunsch ihr zwei.” Jazz hebt ihre Rumflasche während Trollobert sie absetzt und sie sich in ihre Hängematte wirft.
“Ich fass es nicht. Mein Vogel hat ein erfolgreicheres Liebesleben als ich.”

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NEIN! NEIIIN! :scream: :scream: :scream: :scream: :scream: :scream: WHY WOULD U DO THIS ! OMG.

Fair.

Der Vogel hat das erfolgreichste Liebesleben von allen :speak_no_evil: :see_no_evil:

Sehr sehr coole Fiction und das ist super cool um den Standpunkt von ihr aufs Finale hinaus zu sehen :3

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Du wolltest Drama!
Du kriegst Drama!

:smiley:

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Hehe, die Vögel haben sich lieb :3

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ICH WOLLTE DRAMA, NICHT DEIN EINBRUCH MEINER WELT.
(Nein Spaß, I fucking love it! So ein guter Plottwist!)

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Einbruch deiner Welt?!

WARST DU ETWA TEAM INSELAFFE?!?!?!?!

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HEHEHEHEHEHEHE no. Zu gelackt für Jazz, aber er war … „der Gute“ / „der Unproblematische“. I have no faith in humanity anymore. :face_with_monocle: :joy:

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Er war doch ihre Chance für den Ausstieg :weary:
Aber er fand sich ja selbst zu unkompliziert :joy:

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Das wäre ja nicht schlimm… wenn er nicht einen Deal mit Javier hätte!!

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Mal schauen ob sie das noch rausfindet :smiley:

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