Gedankenkarusell - Leyla

[Triggerwarnung: Suizidgedanken]

Dienstag 12.10.2076

Die ersten Sonnenstrahlen scheinen in die Küche wo Leyla am Tisch sitzt und leise an ihrem Tee nippt. Eigentlich hätte sie am liebsten einen Kaffee, aber ihr Vorrat reicht nur noch für ein bis zwei Tassen und die möchte sie sich aufheben. Doch der Tee vertreibt ihre Müdigkeit nicht, denn sie hat die Nacht kaum geschlafen. Die Ereignisse am Montag haben sie zu sehr aufgewühlt. MMVV positiv. Als wäre KFS nicht schon schlimm genug. Warum musste sie auch unbedingt im Dunkeln nach Hause gehen? Sie war doch selbst Schuld. Wäre ihre andere Persönlichkeit nicht gewesen… dann hätte sie der Werwolf noch an Ort und Stelle zerfleischt. Vielleicht wäre das besser gewesen, dann hätte dieser Alptraum hier ein Ende. Jetzt bleibt ihr aber nur abzuwarten was geschieht. Ob etwas passiert? Der Angriff ist nun fast zwei Wochen her und sie hat quasi nichts bemerkt. Dabei hätte es doch schon längst ausbrechen müssen. Wenn sich der Prozess einfach nur verzögert? Hoffnungslos senkt sie den Kopf auf ihre Arme. Es ist egal was passiert. Am Ende wird sie die Kontrolle über ihren Körper verlieren, ihre gesamte Persönlichkeit wird einfach ausgelöscht. Ob es nun durch KFS ist oder MMVV. Sie weiß nicht, wie lange sie den Gedanken noch ertragen kann.

In ihren Gedanken versunken bemerkt Leyla erst spät, dass es an der Tür klingelt. Sie lässt sich auf einem AR-Display anzeigen, wer vor der Tür steht und als sie das bekannte Gesicht von ihren Kumpel Simon erblickt, macht sie sich auf zur Tür.

Simon hatte Leyla vor einigen Jahren kennengelernt, bevor sie in Seattle für Broker angefangen hatte zu arbeiten. Er besorgte ihr früher verschiedenste Zutaten für ihre Toxine und nachdem Leyla ihm mal das Leben rettete, ist aus der ganzen Sache eine Freundschaft entstanden. Er ist neben Tessa, ihrer Freundin auf Kuba, einer der wenigen, dem sie sehr vertraut. Deswegen hatte sie ihm auch von ihrer KFS Erkrankung erzählt.

Als Leyla dem braunhaarigen Menschen die Tür aufmacht schaut sie in sein leicht besorgtes Gesicht: “Morgen. Ich soll ein Auge auf dich haben? Sag, was ist denn los? Du wolltest es mir es mir ja per Chat nicht erzählen.”

“Ja, es ist kompliziert, komm erstmal rein.” sagt Leyla zögerlich.

Sie gehen zusammen ins Wohnzimmer. Das meiste Blut von dem Angriff hat sie mit Mühe entfernt bekommen, aber das Sofa ist hinüber. Das überspannt Leyla jetzt mit einer Decke, damit die Flecken nicht mehr sichtbar sind.

“Also es ist so…” beginnt Leyla leise. “Ich… hatte eine Begegnung… mit einem Werwolf. Er hat mich angegriffen und nun erfuhr ich gestern, dass ich das Virus in mir trage…”

Simon weicht einen Schritt zurück: “Oh Drek! Heißt das jetzt du wirst auch zu einem Werwolf?! Und was soll ich jetzt tun? Zusehen wie du dich verwandelst? Dich töten?” erwidert er aufgebracht.

“Nein du sollst mich nicht töten, also im Ernstfall schon… ach lass mich kurz erklären. Der Angriff ist vor fast zwei Wochen gewesen. Ich hätte schon vor Tagen entweder tot oder verwandelt sein müssen.” erklärt Leyla beschwichtigend.

“Aber wie ist das möglich?” fragt Simon noch mit aufgeregter Stimme, aber er scheint etwas ruhiger zu werden.

“Ich weiß es selbst nicht. Freunde von mir vermuten, dass KFS das MMVV Virus unterdrücken könnte. Wir sind uns aber nicht sicher, ob sich Symptome ausbilden oder nicht, deswegen sollte jemand ein Auge auf mich haben.”

“In dem Falle wäre das dann wohl ich” ergänzt Simon “Und was ist, wenn du dich doch verwandeln solltest?”

“Dann hab ich hier ein hoch wirksames Gift, was mich innerhalb weniger Minuten töten sollte.” Leyla zeigt ein kleine Phiole hoch mit einer leicht schimmernden violetten Flüssigkeit drin.

“Mir gefällt das Ganze nicht.” Simon schaut sie skeptisch an.

“Mir definitiv auch nicht und ich weiß, das ist wirklich viel verlangt, aber du bist einer der wenigen, denen ich wirklich vertraue.” Leyla schaut ihn mit flehenden Augen an.

Simon seufzt: “Okay. Ich tue es. Lass mich nur noch schnell ein paar Sachen aus meinen Apartement holen. Essensvorräte für zwei hast du bestimmt auch nicht für längere Zeit.”

Simon macht sich auf den Weg zur Tür.

“Simon?”, er dreht sich zu ihr um, “Danke.” sagt Leyla mit einem feuchten Schimmer in den Augen. Der Gedanke, dass sie die nächste Zeit nicht alleine verbringen muss, erleichtert sie sehr.

“Das mache ich nur, weil du es bist” sagt Simon mit einem schiefen Grinsen im Gesicht und macht sich auf den Weg.

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„Mehrere Minuten mit einem Werwolf in einer Wohnung eingeschlossen sein und warten bis das Gift, dass ich ihm hoffentlich korrekt verabreicht habe, wirkt“ steht nicht auf meiner bucket list. :smiley:

Freut mich, zu sehen, was die beiden Infektionen mit Leyla machen! Sehr schön :slight_smile:

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Nawwww arme Leyla :frowning::pleading_face:
Sehr schön geschrieben Alisa :heart_eyes: Kommt sehr gut raus wie sie sich mit dem Ganzen fühlt und der Rückgriff auf Toxine ist ein schöner Callback zu dem Charakterkonzept :relaxed:

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Danke schön :blush:

Ach wird schon klappen… ganz bestimmt… :upside_down_face:

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