Horizon hat einen etwas anderen Ansatz als andere Megakonzerne, was Forschung, Entwicklung und Vermarktung angeht: Es setzt weit mehr auf Software und immaterielle Güter als auf Hardware. Zwar beschäftigt sich der Konzern durchaus mit Cyberware und Bioware, aber eher mit neuralen Augmentierungen und Headware, und stets auf Synergien mit SimSinn, der WiFi-Matrixund seinen Medienaktivitäten bedacht.
Horizon hat außerdem enormes Interesse an angewandter Psychologie. Die starke Präsenz des Konzerns im Bereich von Nachrichten, Öffentlichkeitsarbeit, Werbung und Vermarktung und die vielfachen Querverbindungen zur konzerneigenen Unterhaltungsindustrie machen den Konzern zu einem wichtigen Partner für viele andere Unternehmen und Regierungen bzw. Regierungsorganisationen. Horizon kann einige wichtige politische Beziehungen vorweisen, unter anderem zu Tír Tairngire und dem Pueblo Corporate Council.
Vor allem ist Horizon die größte Datenkrake der Sechsten Welt. Informationen sind Horizons wahres Kerngeschäft. Ihre Social Networks, Matrixdienste, Produkte, Dienstleistungen, Software, Überwachungssysteme, all das sammelt unaufhörlich Daten. Zudem betreibt der Konzern eine große Zahl von Agenten und Überwachungssystemen, die die Matrix beständig nach neuen Trends durchsuchen, Memes und gesellschaftliche Strömungen kartieren und so dem Konzern seine dauerhafte Trendigkeit ermöglichen.
Aber niemand ist allmächtig, auch Horizon nicht. Bald war der Lack ab, zeigte das perfekte Image Risse, und fand der junge Megakonzern heraus, dass man nicht alles mit genug Selbstüberschätzung, Idealen und Medienmacht erreichen kann.
Der Aztlan-Amazonien-Krieg
Horizons wirkliche Probleme begannen mit dem Ausbruch des Aztlanisch-Amazonischen Kriegs. Amazonien warb Horizon an, nachdem es einige schmerzhafte Rückschläge einstecken musste, und Horizon akzeptierte. Der Konzern schlug sich auf die Seite Amazoniens, das Horizon als natürlichen Verbündeten gegen Aztechnology sah, und unterstützte die Kriegsanstrengungen Amazoniens mit allen Mitteln.
Anfangs schaffte Horizon es, den Narrativ zu kontrollieren. Die humanitären Anstrengungen des Konzerns - begleitet von diversen Spendenkampagnen fielen positiv auf („Fünf Prozent von jedem verkauften Spicy Soy Burger gehen in die Versorgung der verwundeten Kinder Bogotás“). Aber sie hatten den Kampf mit den Meistern der Meinungsmache aufgenommen - und das im Krieg, auf Aztechnologys Heimatgebiet.
Leider kulminierte die Medienkampagne Horizons in einem PR-Desaster. Zuerst stolperte Horizon mit seiner Veröffentlichung des sogenannten Capri-Vids. Aufgenommen von automatischen Kameras, mit denen Horizon dokumentieren wollte, wie die von Aztlan mutmaßlich ausgesäten Sangre del Diablo-Bäume die Tier- und Pflanzenwelt Amazoniens bedrohten, zeigt es stattdessen, wie einer der Bäume ein Kind verspeist. Nun war dies ein mächtiges Vid, und Horizon nutzte es, um zu zeigen, was für ein Verbrechen Aztlan mit dem Aussähen der Bäume begangen hatte. Leider regte sich die Matrix mindestens ebenso sehr darüber auf, dass Horizon offenbar den stundenlangen Todeskampf eines Kindes gefilmt hatte, ohne einezugreifen. Und während Aztlan eine gewisse Grausamkeit durchaus zu nutzen wusste, sah Horizon, das so gerne anders und besser sein würde, plötzlich vor allem verlogen und doppelzüngig aus.
Ein noch größeres Desaster war der Kriegsgefangenen-Massenmord von Medellín. Amazonien hatte Trideo-Aufnahmen von Kriegsverbrechen, die Aztlan begangen haben sollte, die Horizon begeistert einsetzte. Es ging um Aufnahmen von Massengräbern, die Amazonien gefunden hatte, und in denen sich tausende Kriegsgefangene des Aztlanischen Militärs befanden. Horizon konnte sogar eine offizielle UN-Ermittlung erreichen. Durch weitere Shadowrunner-Teams konnte die Dawkins Group Horizon zudem Aufnahmen aztlanischer Folter und von Hinrichtungen von Kriegsgefangenen beschaffen. Horizons diverse Newsmedien schlachteten dieses Material genüsslich aus.
Allerdings stritt Aztlan ab, die Gefangenen von Medellín hingerichtet zu haben - und glaubhafte Beweise tauchten auf, die Aztlans Sicht stützten. Am wichtigsten waren Aufnahmen einer Überwachungsdrohne, die einen Gefangenenausbruch aus dem Lager, aus dem die Toten stammten, zeigten - und ein Gespräch zwischen Horizonmitarbeitern, die diskutieren, dass Aztlan schon nicht beweisen wolle, dass sie diese Leute nicht umgebracht haben, weil sie dafür zu viele wirkliche Kriegsverbrechen zugeben müssten. Leider war dies genau zu der Zeit, da Horizon wegen des Technomancer-Massakers von Las Vegas und der Kampagne verschiedener radikaler Technomancer-Rechte-Gruppen gegen den Konzern viele Kräfte aus diesem PR-Krieg abziehen musste. Daher konnte Horizon nicht verhindern, dass sie diese PR-Schlacht verloren, Aztlan die Kontrolle über den Narrativ der Geschichte zurückgewann und Amazonien nun selbst als mordende Kriegsverbrecher dastanden.
Horizons Ruf als PR-Genies nahm ernsthaften Schaden (der von Amazonien auch). Dass Amazonien letztlich den Krieg verlieren und Horizon mit der Begründung dieses PR-GAUs viel Geld schuldig bleiben sollte, machte die Sache auch nicht besser.
Das Vegas-Technomancer-Massaker
Der folgenschwerste Fehltritt Horizons in der ersten Hälfte der 2070er war aber eindeutig das sogenannte Technomancer-Massaker.
2074 hatten Technomancer schon einiges erreicht, verglichen mit dem Hass, der ihnen noch 2070 entgegenschlug. Zwar wurden sie nach wie vor von manchen Megakonzernen gejagt, aber andere boten ihnen Schutz, und auch Staaten waren größtenteils von Internierung und Verfolgung abgekommen und gaben sich mit Registrierungen zufrieden (selbst die Schweiz).
Überzeugt aus einem nach wie vor etwas zögerlichen Alliierten, den sie in Horizon hatten einen vollwertigen Streiter für ihre Rechte machen zu können, wen sie ein wenig Druck ausüben, begannen radikalere Technomancer-Rechte-Organisationen, gegen Horizon zu protestieren, vor allem in seinen nordamerikanischen Hochburgen, Los Angeles und Las Vegas.
Leider hatten sie die Toleranz von Horizon überschätzt, denn auch wenn der Konzern Technomancern freundlich gegenüberstand, sah er in ihnen nicht ausschließlich eine noble Mission, und war auch nicht gewillt, sich so kurz nach dem Debakel mit Amazonien erneut die Finger zu verbrennen. Zudem setzte Horizon durchaus auch härtere Mittel als Freundlichkeit und Argumente ein um Technomancer an sich zu binden. Weit ab von dem, was Technomancern von MCT und NeoNET angetan wurde, war das dennoch ebenso weit ab von dem, was radikalere Technomancer in Horizon zu sehen glaubten. Und wenig macht wütender als Enttäuschung.
Was als harmloser Hacktivismus und friedliche Demonstrationen begann wuchs sich bald zu weit aggressiveren Aktionen aus. Hackende Technomancer fanden Memos in Horizon-Knoten, die ihnen zeigten, dass Horizon sie und ihre Proteste nutzte, um lokalen Casinos Sicherheitspakete zu verkaufen, und alles eskalierte. Die Technomancer-Community erklärte Horizon einen stillen Krieg. Die Proteste weiteten sich aus und wurden aggressiver, Horizons Knoten und Netzwerke wurden gehackt und gestört. Im Zuge dieser Angriffe wurden diverse interne Dokumente erbeutet, die die Aktivisten veröffentlichten, was Horizon weiter schadete und Umtriebe des Unternehmens wie die versuchte Deckelung des Parker-Quinn-Unterschlagungsskandals, die brutale Unterdrückung von Widerstand in Tir Tairngire zugunsten des Regimes von Larry Zincan, und weitere, kleinere Skandale, meist vertuschte Sexaffären oder Korruption, auffliegen ließ. Dies schadete Horizons Ruf immens und kostete den Konzern eine Fülle von Kunden.
All das kulminierte Ende 2074 in Las Vegas. Die Aktivisten sammelten sich dort und nutzten Sprites und ihre Technomancer-Fähigkeiten, um in der ganzen Stadt so viel Chaos wie möglich zu verursachen. Und Horizons Sicherheitskräfte entschieden, hier ein Exempel zu statuieren. Die Aktivisten wurden mit tödlicher Gewalt bekämpft und ausgeschaltet. Zwar drang durch einen Matrixblackout (mit dem das PCC die aggressiven Sprites im Bereich Las Vegas halten wollte) in den ersten Stunden kaum etwas aus der Stadt, aber die wenigen Bilder, die die Technomancer raus brachten, zusammen damit, dass Horizon fast jeden Technomancer identifiziert und als Ziel an Truppen des PCC weitergeleitet hatte, sowie das harte Vorgehen von Horizons eigenen Sicherheitskräften, ließen die Aggression der Technomancer-Aktivisten in den Hintergrund treten und Horizon sehr schlecht dastehen.