James kehrte spät abends zurück in seine komfortable Wohnung. Er war nicht überrascht, dass das Licht bereits an war und, dass dort vor dem Fenster seine Frau stand.
“Hat dir mein Geschenk gefallen?”
“Broker nennst du ein Geschenk? Ich glaub wir müssen nochmal darüber reden was ein richtiges Geschenk ist.”
Charlie drehte ihren Kopf zu ihrem Mann und schmunzelte. In wenigen schnellen Schritten stand er hinter ihr und legte seine Arme um ihre Taille. Er küsste ihre Wange und legte seinen Kopf auf ihre Schulter. “Die kurzen Haare sind neu”, murmelte er und sie betrachteten zusammen die untergehende Sonne. Das Farbenspiel spiegelte sich auf dem Mississippi, es war eine Aussicht die sie genoss aber auch oft vermisste. Ihre einfachere Wohnung im Gentilly Terrace bot weder eine solche Aussicht noch den Komfort oder Platz. Die meisten wären dennoch sicher dankbar für ein sicheres Dach über dem Kopf, oder andere Möglichkeiten die sich ihr boten. Charlotte versuchte sich kontinuierlich daran zu erinnern dankbar zu sein für diese Dinge die James ihr bot. Ein seufzen entwich ihr.
“Wurde meine Wäsche von der Reinigung gebracht?”
“Ja, und es ist bezahlt. Vielleicht kannst du mir aber mal erklären, warum ich extra zahlen musste für einen großen Blutfleck auf einem Samtanzug.” Sie verdrehte die Augen. Was eine Frechheit.
“Das hat nicht zufällig etwas damit zu tun warum Broker bei mir war?” fragte er weiter.
“Erinnerst du dich an Mr. Noda? Aus der Wissenschaftsabteilung? Der an den neuen integrierten Blades forscht?” Sie löste sich von James, stolzierte zu einem Ledersessel und ließ sich darauf nieder. Rollschuhe waren etwas was man nur aus alten Filmen kannte, aber eingebaut in den Körper könnte es einem Runner oder einem Bürohengst Schnelligkeit verleihen, die die Muskeln und Cyberware entlastet. Ein Kinderspielzeug für Erwachsene.
“Mhm. Kann sein.”
“Ich habe für ihn ein paar Leute an der Techxpo abgefangen. Seine Forschung sollte jetzt schneller vorankommen und es sollte bald Werbung erscheinen für sein Produkt, da er jetzt die nötigen Deals abschließen konnte. Ich bin an dem Tag Broker ein paar mal begegnet, aber er hat mich vor ein paar Tagen nochmal gesehen, natürlich ausgerechnet als Queens ärger wollte.”
“Da ich für eine Blutentfernung aus Samt bezahlt habe gehe ich davon aus sie hat dich getroffen?” James verschränkte die Arme, lockerte seine Krawatte und warf sein Sakko auf die Couch.
“Nur ein bisschen. Es ist nicht so dramatisch wie du es darstellst.”
James schnaubte, ging zur Küche und fing an zu kochen. Charlotte schloss einen Moment ihre Augen und folgte ihm dann langsam. Sie setzte sich an den Küchentisch und sah ihm zu wie er mit all den Geräten hantierte von denen sie keine Ahnung hatte.
“Wirst du Brokers Angebot annehmen?”
“Ich will sehen was es mir bietet.” Es war ein stiller aber wenigstens gemeinsamer Abend. Charlotte genoss die Vorzüge davon zu Hause zu sein und James zu sehen.
“James? Arbeitest du nicht mit einem Rokuda zusammen? Der Name stand in den News und kam mir bekannt vor.” Mit unschuldiger Miene spielte sie mit dem Essen auf ihrem Teller und nahm dann einen großzügigen Bissen.
“Naja, ich arbeite nicht mit ihm, aber ich habe ihn ein paar Mal gesehen. Mitsuhama ist nicht wirklich erfreut darüber, sie kümmern sich selbst um die Angelegenheit.” Er betrachtete sie kritisch. Es war offensichtlich, dass das Thema ihre Neugierde getroffen hatte.
“Wenn sie sich selbst drum kümmern, warum haben sie es dann veröffentlicht?”
“Ach Charlie, du stellst mir immer die selben Fragen worauf ich keine Antworten habe.”
“Komm schon, du weißt irgendwas.”
“Es gibt ein Überwachungsvideo. Rokuda geht ganz normal nach Hause, dann bleibt er stehen, geht in diese Gasse und verschwindet. Mehr weiß ich nicht.”
Charlie sah ihn entschuldigend an, lächelte dann und begann ein neues Thema. Es war einfach mit ihm zu lachen, und zu vergessen was alles geschehen war, wer sie waren und was irgendwann auf sie zukommen würde. Erst als sie im Bett lagen, und Charlotte die Fotos auf James’ Nachttisch sah erinnerte sie sich daran warum sie so oft weg blieb. Sie nahm das Bild von Minoru’s Geburt und legte es vorsichtig mit dem Bild nach unten wieder ab. Ohne James anzusehen wusste sie wie schmerzhaft all dies für ihn sein musste, also legte sie sich an ihn und vergrub ihr Gesicht an seinem Hals. Mit einem traurigen Lächeln zog er sie näher, und strich ihr durch die Haare.
“Wenn du es gewusst hättest, hättest du mich trotzdem geheiratet?” flüsterte er und küsste sanft ihre Stirn. Es war keine Anschuldigung, keine romantische Geste.
“Nein.” Er hatte diese Antwort erwartet, egal wie schmerzlich sie sich anhörte. “Schlaf jetzt…”
Nach ein paar Stunden Schlaf löste Venus sich vorsichtig von James, stand auf und sammelte ihre Sachen zusammen. Barfuß ging sie zu James’ Büro, bevor sie ging wollte sie dieses Überwachungsvideo sehen. Es war interessant wie unaufmerksam ihr Mann war. Rokuda ging tatsächlich anscheinend normal nach Hause, aber an der Gasse änderte sich sein Verhalten. Warum drehte er sich so steif um? Warum diese Gasse? und wie konnte er aus den Kameras verschwinden? Sie würde die anderen vom Jackpoint darüber informieren müssen. Das ganze war sehr seltsam. Als sie das Büro verließ konnte sie schon den SoyKaffee riechen. Ein kleines Lächeln zog über ihre Lippen, sie hätte wissen sollen, dass er sie nicht einfach so gehen lassen würde. Naja, er würde ihr sicher trotzdem nicht Abschlagen ein paar Lebensmittel für Bedürftige mitzunehmen.