Der Geisterpakt Teil 2 - Jazz

07.06.2077 - Hub am Pompeys Pillar nahe Billings

Jazz stieg aus dem Auto und ließ die Tür hinter sich lautstark zuknallen. Sie eilte durchs Camp vorbei an den anderen Runnern die bei einer Runde von Weazels Rollenspiel zusammensaßen.
“Sorry Jazz…” Daisy versuchte sie abzupassen aber sie zeigte der Riggerin nur den Mittelfinger.
Am Rand bekam Jazz mit wie die anderen sich aufrappelten und sich in ihre jeweiligen fahrbaren Behausungen zurückzogen.

Sie blieb vor der Tür ihres Wohnmobils stehen und atmete tief durch. Als sie von innen ein Rumpeln hörte zog sie die Tür auf. Holliday der augenscheinlich eine Flasche laut rumpeln hatte fallen lassen stopfte ein paar Utensilien in eine schwarze Sporttasche.

“Querido, was…?”
“WAS FÄLLT DIR EIGENTLICH EIN?!”
In all den Jahren in denen Jazz Holliday jetzt kannte, 8 um genau zu sein, hatte sie ihn noch nie so schreien gehört. Sie wusste nicht mal, dass er so schreien konnte.
Sie hörte hinter sich ein paar Autotüren zuknallen. Ein am Feuer sitzender Tower schaute kurz hoch, ging aber sofort wieder seiner eigentlichen Tätigkeit nach.
Ben Kendall war da weniger dezent. Mit laut klirrenden Flaschen kam er aus seinem Zelt gestolpert. Effekthascherisch in Richtung des Wohnmobils blickend.
“Verzisch dich und geh mit Keziah schlafen.” blaffte Jazz ihn laut an. Warum sollte sie dieses Geheimnis bewahren wenn ihre nicht bewahrt wurden?
Bevor sie die Autotür zuzog, sah sie tatsächlich wie Ben in Richtung von Keziahs Zelt abbog.

Im inneren des Wohnmobils war es dunkel. Zu dunkel für Jazz menschliche Augen. Sie tastete einen Lichtschalter und sah wie Holliday sein Deck und sein Kommlink in eine Tasche warf.
“Liam das ist doch… Du kannst doch nicht… Wo willst du überhaupt hin?”
“Du sagst mir doch auch nicht mehr wo du hin gehst.” In seiner Stimme lag eine Bitterkeit die Jazz tief traf. Die beiden waren ein sehr harmonisches Paar, das hier war sehr eindeutig ihre bisher schlimmste Auseinandersetzung.
“Liam, ich…”
"Liam, Ich… Was?! Liam ich bin ohne mit dir drüber zu reden los um irgendeinen Geisterpakt abzuschließen? Ohne darüber nachzudenken was es für dich bedeutet wenn ich meine Seele an den Dämonenfürsten von Keziah verhökere?” Er baute sich vor ihr auf. Sein Gesicht ausdruckslos und kalt.
“ICH HAB ES NICHT GETAN.” Jazz war verwundert über ihren Schrei.
“Hast du nicht?” Hollidays Fassade bröckelte ein wenig.
“Natürlich nicht, du Idiot! Ich stand da und habe mir alles angehört und dann dachte ich sofort… ‘Nein. Ich kann das nicht. Nicht ohne mit Liam darüber zu reden.’” Ihre Stimme drohte von Wut in Trauer umzukippen.

Holliday packte die Tasche und setzte sie schwungvoll auf dem Boden ab, dann ließ er sich auf dem Sofa des Wohnmobils fallen. Jazz wollte sich neben ihn setzen doch er hob die Hand um sie abzuhalten.
“Wieso kommst du überhaupt auf die Idee einen Geisterpakt einzugehen Jazz?” Er seufzte leise und strubbelte sich gestresst durch die blonden Locken.
“Weil… Weil…Weil all das hier mir mehr bedeutet als alles andere! Weil ich bei dir sein will!”
“Aber das bist du doch!”
“Aber nicht für immer.” Sie schlug die Hände über dem Kopf zusammen und drehte sich frustriert einmal um sich selbst.
Langsam schien es Holliday zu dämmern. “Du willst nicht mehr altern?”
Jazz schüttelte den Kopf “Ich will Elfenalt werden…”
Langsam hob der Elf den Kopf. “Du weißt dass das total wahnsinnig ist oder? Jessica wir… Wir sind unfassbar glücklich aber wir sind erst ein Jahr zusammen!”

“Ja und? Wenn wir uns trennen seh ich trotzdem lange scharf aus und werde keine Ahnung wie alt. Das Ziel ist mit dir alt zu werden aber es ist auch noch ein guter Deal falls wir uns trennen. Und egal ob mit oder ohne dir… Ich hätte wieder die Chance auf ein Baby. Falls ich das irgendwann wollen sollte. Elfen sind fruchtbar bis in ihre siebziger meinte Dr. Percival in Boston. Dann hätte ich noch vierzig Jahre Liam. Vierzig. Nicht fünf mit viel Glück.”
Holliday nickt langsam und steht dann wieder auf. “Und was will der Geist?”
Jazz zögern ließ seine Mimik wieder etwas mehr erstarren.
“Na gut… Er… Er sagt wenn ich die von uns beiden bin die zuerst stirbt dann… Passiert einfach nichts.”
Holliday zog die Brauen hoch. “Und wenn ich…?”
“Dann werde ich seine Geister Personal Assistent oder sowas. Dann soll ich in seinen Dienst.”

Holliday lachte auf. “Ach wenns nur das ist! Jessica. Ich lasse beruflich auf mich schießen. Das guten Gewissens zu machen ist seit ich dich habe schon schwierig genug. Wenn ich dann auch noch weiß dass wenn ich sterbe du… Wie soll ich denn?!”
Kurz wollte Jazz ein ‘Dann bist du eben mal vorsichtiger’ erwidern, aber das wäre unfair gewesen. Holliday war schon einer der bedachteren der Gruppe.
“Liam du machst diesen Job schon unendlich lange! Und du bist einer der besten die ich je kennenlernen durfte. Das letzte Mal dass du ernsthaft verletzt wurdest war weil ich dir in den Rücken geschossen habe.”
“Okay. Und was ist wenn wir uns trennen und ich irgendwann mit 90 sterbe und du mich zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr kennst?”
Jazz atmete tief durch und ging einen Schritt auf ihn zu. “Und was wenn nicht? Was ist wenn wir zusammen 170 gemeinsame Jahre erleben von denen eines schöner ist als das davor? Was wenn wir irgendwann alt und glücklich auf einer Veranda sitzen und auf ein Leben voller Reisen und Lachen und Liebe zurückblicken können?”
Holliday lächelte. “Und das ist dir das Risiko wert?”
Sie zuckte die Schultern. “Um ehrlich zu sein…” Jazz Augen füllten sich mit Tränen und Holliday drückte sie sanft auf die Sitzgruppe. Sie atmete tief durch. “Meinem Vater die vier Jahre zuzusehen die er ohne meine Mutter verbringen musste waren mit die schlimmste Zeit meines Lebens Liam. Er hat jeden Abend geweint. Und geschrien. Und getrunken. Und mit immer und immer wieder gesagt ich soll auf keinen Fall eine Bindung zu einem anderen Meta eingehen wenn es so sehr weh tut wenn sie einen verlassen. Ich glaube deshalb wollte ich nie eine Beziehung. Bis du kamst. Und jetzt… Vielleicht ist es sogar gnädig wenn ich in einen Geisterdienst muss wenn du tot bist… Dann bin ich wenigstens… abgelenkt?”

“Und wenn wir wirklich Kinder kriegen? Dann verlieren sie auf einen Schlag sofort Vater und Mutter.” Holliday hatte sich neben sie fallen lassen und starrte die gepackte Tasche an.

“Ich dachte wenn wir Kinder kriegen ist das auf und schießen lassen sowieso vorbei… Dann… Wollte ich wirklich nur noch arbeiten wie Keziah. Und ein Netzwerk haben das uns schützt. Ich will doch auch ohne Geisterpakt nicht, dass der Vater meiner Babys erschossen wird.” Sie lehnte sich vorsichtig an ihn an. “Wir haben 24 Stunden Bedenkzeit. Aber bitte… Hör auf zu packen. Weil… Ohne dich werd ichs nicht machen. Aber du weißt wie sehr mich all das bedrückt. Das alt werden… Das wäre mein Ausweg.”

Holliday strich ihr über ihr Haar. “Rede das nächste Mal mit mir bevor du los fährst ja? Und du weißt, dass da jetzt irgendwo eine Elfin liegt die ihre Lebenszeit und Fruchtbarkeit und sowas abgezogen bekommt damit du glücklich sein kannst?”
Jazz nickte langsam.
Holliday stand auf und packte ein paar Sachen.
“Was machst du?”
“Denkst du du findest wieder wo er sich materialisiert? Der Geist? Oder bräuchten wir Keziah?”
“Nein ich denke ich finde es noch… Liam was…?”
Holliday schwang sich auf den Frontsitz und startete den Motor. “Ich war bei sowas noch nie dabei. Falls wir sowas machen dann nicht hier.”
“Dann bist du dabei?” Jazz Herz raste. Sie verfolgte weiter wie der Elf irgendein Zeug verräumte.
“Ich war so wütend weil ich dachte du entscheidest über meinen Kopf hinweg irgendwas aber… Du bist zurückgekommen und hast mit mir geredet. Und du hast recht… Wenn es wirklich klappt, ist es das vollkommen bescheuerte Risiko auch einfach wert.”
Jazz fiel ihm um den Hals während er sich bereits auf den Beifahrersitz schob.

Aufgeregt fuhren die beiden zurück in Richtung Cloud Peak Wandergebiet. Auf dem Weg gingen sie noch ein paar Szenarien durch und besprachen was ein Geisterpakt für die beiden bedeutete.

Es war bereits mitten in der Nacht als sie den kleinen Wanderparkplatz erreichten und zurück zu der keinen Goldmine liefen in der Jazz zuvor den Geist getroffen hatte.

Es dauerte einige Augenblicke, dann manifestierte sich das astrale Wesen erneut vor den beiden. Er schien sich einen dummen Witz mit den beiden zu erlauben, denn er tauchte trotz Anzugs in Badekappe auf und mimte ein paar Bewegungen als würde er duschen. Affektiert wandte er sich den beiden Metas zu. “Oh. Sie auch hier?” Er lachte. “Wie ich sehe habt ihr euch meinen Deal überlegt? War wirklich ein guter Deal. Schön den Elfen hinter all dem kennenzulernen.” Crowley nickte anerkennend und blickte zu Jazz. “Er ist süß.”

“Danke?” sagte Holliday fragend als Crowley bereits wieder eine Schriftrolle in seinen Händen manifestierte.
“Ich will das Kleingedruckte noch lesen! Mir wurde gesagt bei Deals mit dir muss man das immer machen” gab Jazz dem Geist zurück.
Selbiger rollte mit den Augen, flog auf sie zu und hielt ihr die Schriftrolle unter die Nase. Jazz überflog den Geisterpakt-Vertrag in dem tatsächlich keine Geheimnisse versteckt zu sein schienen.
Holliday runzelte die Stirn. “Sie wird danach von astralen Schwankungen betroffen sein?”
“Naja. In einem Manaloch kann ich den Pakt nicht aufrechterhalten. Wenn ihr sie ins Weltall verlegt oder in einen Manahohlraum altert sie wieder. Es kann auch sein dass starke Hintergrundstrahlungen sie betreffen. Mit einem Adepten vergleichbar aber bei ihrem Essenzlevel dürften die Auswirkungen nicht allzu stark sein. Aber merklich.”
Der Elf nickte langsam. “Klingt fair.”

“Ich bin ein fairer Mann, Mr. Henry.” der Geist grinste. “Wenn ich nun bitten dürfte Jessica. Geisterpakte werden mit Blut unterschrieben. Einmal diesen Füller in den Finger pieksen und deinen Namen schreiben.”
Zögerlich griff Jazz den Füller und stach sich in ihre Hand. Sie atmete tief durch und warf noch einmal einen rückversichernden Blick zu Holliday. Dieser erwiderte “Wenn es das ist was du willst…” und sie nickte.

Ihr Blut verwandelte sich auf dem Papier in leuchtend goldene Tinte. Mit dem letzten Strich ihres Nachnamens klappte der Geist die Schriftrolle zusammen. “Wunderbar, immer wieder schön Geschäfte zu machen. ich ersparte euch mal den ganzen hässlichen Teil in dem ich der Elfin die Lebenskraft absauge. Die zerfallen dann immer so zu Staub. Riesen Sauerei.” Er wedelte sich etwas Staub vom Revers seines Anzuges. “Also gut!”
Er knackte mit den Fingern. Im nächsten Moment krachte ein gleißender dunkelroter Strahl astraler Macht in Jazz Brust und hob sie einen Meter in die Luft.
Als sie wieder auf dem Boden aufkam blickte sie sich im Raum um. Ihr Blick fiel auf Holliday und sie schrie auf. “AAAAH.”
“Was?!” Der Elf eilte auf sie zu.
“AAAH. Um dich herum fliegen so geometrische Muster Sachen und ich sehe sonst nichts! Das ist wie Wärmebild aber alles leuchtet rot und du bist irgendwie türkis. Ich hab doch gar kein Deepweed genommen!”

Holliday blickte sich verwirrt zu dem Geist um. “Sie kann jetzt Astralsicht?”
Der Geist zuckte mit den Schultern. “Geht aufs Haus. Ist immer witzig sie dabei zu beobachten wie sie ihre ersten Versuche machen die Astralsicht einzusetzen und dabei nicht High sind.”

“Ich bin viel dunkler als Holliday.” Jazz lief verwirrt durch den Raum. Sie konnte ihre Umgebung überhaupt nicht deuten weil alles rot leuchtete. Sie glaubte gegen eine Felswand zu laufen und der Geist lachte.

“Nun gut. Empfehlt mich weiter! Macht mich zum Patenonkel falls das was wird mit eurem Nachwuchs! Aleister ist ein sehr edler Name! Und ruft mich bitte nicht so oft an wie Keziah!” Mit einem Schlag verblasste das rote Leuchten und zurück blieb für Jazz nur ihre Signatur und Hollidays.

“Du bist sehr hübsch so.” Jazz lächelte und sah wie Hollidays Signatur ein bisschen aufleuchtete. “Nimm es mir nicht übel aber… Wie zur Hölle komme ich aus dieser Sicht wieder raus?!”

[Jazz erhält mit dieser Fiction den neuen Nachteil dass sie von Hintergrundstrahlungen (schwach) betroffen ist und den Vorteil, dass sie ab sofort astral Wahrnehmen kann (inkl. Essenzabzug).]

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