Das Leben ist ungerecht. - Daisy, Jazz, Mara, Holliday, Keziah

17. Februar 2077 - Garden City / Pueblo Corporate Council - Heutiges Utah - 12 Uhr

Holliday seufzt und drückt die Klingel am Betonpfosten vor dem kleinen Gebäude aus Backstein. Eine Kamera die sein Gesicht scannen sollte hängt lose in der Wand, die Linse schon lange gebrochen und trüb. Eine Stimme meldet sich über einen kleinen blechern klingenden Lautsprecher.

“Doc? Sind Sie’s?” die Stimme des alten Mannes kratzt selbst über den Lautsprecher als wäre er seit 50 Jahren Kettenraucher. Und vermutlich stimmt das sogar.
“Ja, Sheriff.” Erwidert der Elf und mit einem Surren öffnet sich die Tür der Betonmauer, die das Sheriff’s Office umschließt.
“Kommen Sie rein.” Der Lautsprecher verstummt. Holliday schiebt das Tor auf und folgt dem ausgetretenen Beton-Pfad dessen Ränder immer noch mit dicken Schneehaufen bedeckt sind, eine kleine Treppe hinauf. Die dunkelblaue, abgeschrabbte Metalltür steht bereits einen Spalt offen und von innen ziehen warme Nebelschwaden aus dem Büro.
Mit einer Hand wickelt Holliday seinen dicken Schal ab und mit der anderen schiebt er die Tür weiter auf.

Vor ihm an einem großen Schreibtisch sitzt der angestrengt guckende Sheriff Carter Campbell. Der Mensch rückt seinen Cowboyhut mit einer kurzen Bewegung. Das typische ‘Guten Tag’ im Mittleren Westen, dass Holliday sich selbst auch in den letzten Wochen in der Kleinstadt angeeignet hatte. Er ahmt die Bewegung mit seinem Kinn nach, da er selbst aktuell noch auf einen solchen Hut verzichtet. Cowboyhüte mit Elfenohren-Schlitz sehen auch im Jahr 2077 noch irgendwie lächerlich aus.

Hollidays Blick schweift zu einer Tür, die er schon kennt. Der Sheriff ergreift das Wort: “Sie hat’s meinen Männern mal wieder nicht leicht gemacht, Doc. Einer unserer Azubis, ein junger Troll, hat geheult und macht jetzt nur noch Schreibtisch-Dienst.” Der Mensch versucht einen strengen Tonfall zu halten, aber ein kleines gehässiges Grinsen zuckt für eine Sekunde über seine Lippen.
“Was war es dieses Mal?” fragt Holliday ruhig.

“Aufstand im Supermarkt. Doc, das geht so nicht weiter. Das ist das 3. Mal in drei Wochen! Ich weiß… Sie beide sind gute Metas. Aber irgendwann… Irgendwann kann ich das nicht mehr vor dem Marshall verstecken. Und der wird nicht so großzügig über ihre zwielichtigen Hintergründe hinwegsehen wie ich.” Der Mann hebt eine Kaffeetasse mit einem stilisierten Sheriffstern darauf.

“Unsere zwielichtigen…?” Wenn Holliday nicht so ein geschulter Runner wäre, würde ihn diese Andeutung nervös machen. Aber er kann sich beim besten Willen nicht vorstellen wie dieser, größtenteils eigenständig arbeitende Kleinstadt-Möchtegern-Wyatt Earp, hinter ihr Geheimnis gekommen sein sollte. Sie waren auf ihrer gesamten Reise enorm vorsichtig und ihr letzter Job liegt einige Zeit zurück.

Die letzten Wochen hatten sie großen Gefallen an dem ruhigen Leben auf dem kleinen Trailerpark in der Nähe der großen Salzseen und in unmittelbare Nähe diverser Nationalparks gefunden.
Nicht mehr lange, dann würde Mara in Salt Lake City auftreten und sie würden diese Gruppe begleiten. Dann würde es schnell genug unruhig genug werden.

“Naja. Ich kanns ja verstehen. Meine geliebte Valeria… Sie war auch nicht unbedingt legal in diesem Land. Aber in Aztlan gings ihr echt dreckig. Und mit der FakeSIN ihrer Lady [High Class Escort] … Und dem Arm… will ich auch gar nicht wissen was die in Aztlan mit ihr gemacht haben. Und finds sehr ehrenwert, dass Sie sie mit her gebracht haben. Man kann ja auch nichts dafür in wen man sich verliebt. Aber, wie gesagt… Der Marshall…” Er zeigt auf das Bild eines indigenen Trolles in perfekt sitzender Uniform mit aufwändiger Flechtfrisur, dass als ARO an der Wand prangt. Bevor der Sheriff weiter sprechen kann, fällt Holliday ihm ins Wort: “Wie geht es Ihrer Tochter Sheriff?”

Der ältere Mann verzieht den Mund. “Gut, Doc. Gut… Sie spricht gut auf Ihre Behandlung an… Danke nochmal. Nun gehen Sie ihr verrücktes Weibsbild holen. Sie kennen ja mittlerweile den Weg. Ist sonst eh niemand im Trakt. Ich mach Ihnen von hier auf. Und bringen Sie ihr Manieren bei!”
Der Mensch klopft dem größeren Elf auf die Schulter. Holliday wendet sich ab, geht am Schreibtisch der zwergischen Sekretärin vorbei, die ihn freundlich grüßt und betritt den Zellentrakt.

Der kleine enge und beklemmende braun-graue Zellentrakt ist in das schummrige Mittagslicht gehüllt. In Utah herrscht immer noch eher Winterstimmung. Ein baldiger Frühling nicht abzusehen.
Der Sheriff hat sein Wort gehalten. Zwei der drei kleinen, spärlich eingerichteten Zellen sind leer. In der letzten und größten Zelle sitzt Jazz im Schneidersitz auf dem Boden und starrt auf ein vor sich liegendes Puzzle.

Sie blickt auf und grinst. “Holli!”
“Was ist das?” der Elf legt eine Hand an die rostigen Gitterstäbe der Tür, die dank der Fernsteuerung des Sheriffs bereits aufgesprungen ist
“Ay, Mathilda, die Sekretärin hat mir einen Milchshake mitgebracht! Ist das nicht nett?”
“Nicht der Milchshake Jazz!” sein Blick taxiert das Kleinkind, dass vor ihr sitzt und freudig einen der großen Puzzlesteine gegen die Vertiefung knallt.

“Ooooh. Uh. Ja. Klar. Das Baby.” Jazz rappelt sich auf und nimmt das Kind auf den Arm, das weiterhin freudig glucksend den Stein umklammert. “Das hier… Ist mein neuer bester Freund Theo. Nicht wahr Theo?” sie grinst und schüttelt den ca. ein Jahr alten Toddler kurz. Seine dunkelblonden Löckchen wackeln kurz abrupt und er lacht auf. “Theo ist das Baby von Mathilda. Ihr Babysitter hatte für heute abgesagt und dann hat sie ihn mir gegeben. Und er ist auch schon so ein großer schwerer Junge. Muss schwer sein als Zwergin mit einem Menschen-Baby. Aber wenigstens kein Troll.” Erneut formt sich ein breites Grinsen auf Jazz Gesicht und sie pustet dem Kind laut blubbernd gegen den Hals.

Holliday runzelt die Stirn, hebt anklagend den Zeigefinger und schiebt sich zurück in den Flur, wo er durch die Tür zum Schreibtisch der Sekretärin blicken kann.
“Sie geben ihr Kind einer Inhaftierten?!”
“Sie macht das doch toll! Super Babysitterin.” tönt es aus dem Büro als die Zwergin zum Telefon greift.
“Okay… Theo ist also ein Knastbaby.” Holliday schüttelt langsam den Kopf. “Reden wir über die Tatsache, dass du kurz in den Supermarkt willst und der Sheriff mich anruft ich kann dich in zwei Stunden auf dem Revier abholen? Jazz, wir wollten es hier doch ruhig halten.”

Jazz seufzt. Dieses Gespräch würde sie lieber über DNI führen, aber ihr Vercyberungs-unwilliger Partner trägt sein schickes Kantinenfrauen-Troden-Haarnetz nicht und sie wurde gezwungen ihr DNI für die Dauer ihres Aufenthalts zu deaktivieren. Sie schiebt sich mit dem Baby auf dem Arm an ihm vorbei.
“Dieser Typ hat mich beleidigt. Öffentlich. Und rassistisch! Sowas muss ich nicht auf mir sitzen lassen!” sie betritt das Büro, setzt Theo bei seiner Mutter ab, die ihr bereits einen Beutel mit den ihr abgenommenen Habseligkeiten entgegen hält.
“Ihn mit Sprüh-Soy-Käse einzusprühen, mit dem Cyberarm zu packen und zu bedrohen war aber auch nicht der feine Weg Miss.” erwidert der Sheriff trocken. “Beeindruckend dennoch. Carlisle ist der Metzger von Garden City. Ork. Recht grober und ungemütlicher Geselle. Dass so ein zartes Ding sich mit ihm anlegt…Nun nehmen Sie ihren Kram und gehen Sie.”

Theo streckt noch einmal die kleinen speckigen Ärmchen nach Jazz aus, dann schiebt Holliday sie aus dem Sheriff’s Office, bevor sie auf ‘zartes Ding’ reagieren kann.

Der Schnee knarzt unter den Lederstiefeln der beiden als sie das Office hinter sich lassen. Die Scheinwerfer von Hollidays Muscle Car blinken zwei Mal auf als der Wagen registriert, dass sein Besitzer sich nähert. Jazz und Holliday werfen sich auf die Ledersitze und ein Augenblick vergeht, in dem sie die Blicke durch die leere Kleinstadt schweifen lassen. Der Ort war zwar nicht vor den technischen Neuerungen der 6. Welt gefeit gewesen, wirkt jedoch als würde er alles tun um sich dagegen zu wehren. Garden City ist ein Ort mit sehr geringer Stammes-Aktivität. Das macht ihn zu einer der weniger belebten Gegenden. Und ohne Konzerne und Konzernanwohner, war weniger Technik, weniger “Bling Bling” an dem Örtchen hängen geblieben.

Jazz und Hollidays Blicke kreuzen sich kurz. Dann brechen sie in schallendes Gelächter aus.

“Du wirst dir von Antoni ganz schön was anhören müssen. Der leidet schon genug darunter, in einer Region zu leben, in der viele Tiere angebetet werden aber keine Papageien. Und dass du Charly zu den Batistas in die Zucht geliehen hast und wir dafür jetzt einen flauschigen kuschligen Bären haben der seinen Save Space nicht respektiert. Jetzt kommen auch noch seine Meisenknödel verspätet.” Hollidays grinsen verfinstert sich ein bisschen. “Aber im ernst Jess. Wir müssen uns bedeckt halten. Den Sheriff hab ich im Griff aber wenn das auf höhere Ebenen rutscht…”

Jazz friemelt an ihrem Kommlink rum um irgendwie ihre Headware neu zu starten. Holliday beobachtet das kurz und interveniert dann: “Was stimmt denn nicht?” Jazz runzelt die Stirn. “Ay, nachdem ich das letzte Mal in der Zelle nur rumgelegen hab und gegen Mara Candy Crush gespielt habe… Die ist echt verdammt gut geworden! Naja… Der Sheriff meinte ich müsse ja augenscheinlich noch lernen wenn ich immer wieder da lande und hat mir so ein Magnet-Dings an die Stirn gehalten. Dann gingen alle hübschen bunten Flackerlichter weg. Siehst du immer so?”

Sogar die ohnehin schon ARO-arme Kleinstadt wirkte leer und nackt ohne die flimmernden Werbebotschaften und Informationen die ihre Kontaktlinsen ihr normalerweise ins Blickfeld einblenden.

Holliday nickt und beugt sich herüber um etwas im Handschuhfach zu suchen. “Naja wie du wenn du die bildgebenden Kontaktlinsen nicht drin hast. Die AROs kommen aus den Kontaktlinsen, nicht aus den Troden.” Er zieht ein kleines Etui heraus.

“Ich habe die aber immer drin… Früher war es nur auf der See so… un-be-ARO-t. Und selbst da wird dir ja angezeigt wo welches Land ist, wo welche Raumstation gerade rumfliegt…Komisch, dass man sich in den letzten 13 Jahren so sehr an die AR gewöhnt hat, ich weiß noch wie ich mein erstes DNI…”

Holliday zieht eine lange spitze Nadel aus dem Etui und lehnt sich zu Jazz. Diese weicht automatisch etwas zur Seite. “WOAH! Nein. Ruhig Querido. Ich habe nach meiner Headware gefragt, nicht nach einer Lobotomie! Das Ding ist spitz und gruselig!”

Er legt ihr eine Hand an die Wange und sieht sie beruhigend an. “Ohne Nadel keine Flackerlichter. Du spürst nichts.” Etwas verunsichert nickt Jazz und hält still. Holliday sieht konzentriert auf ihre Stirn. “ Ich muss nur ein kleines Knöpfchen erwischen, dann sollte dieses Modell neu booten.” Ein leises Biepen ertönt und Jazz hört ein vertrautes, normalerweise kaum wahrnehmbares Surren der Headware.

“Jetzt das Kommlink neu starten.” Er lächelt sie an und verstaut die lange, gruselige Nadel wieder in der kleinen Tasche.

Der Prozess dauert einige Sekunden, dann blinken vor Jazz die gewohnten Informationen auf. Wetter, welches Lied sie als letztes gehört hat, ein Schrittzähler, ihr letztes pausiertes Video, in dem Daisy und Mara bei einer online Challenge mitmachen, wer die meisten Marshmallows in seinen Mund kriegt, der Persona-Feed von Ricky, der nach Weihnachten dank Mara mit online-Videos angefangen hatte und erstaunlich schnell erfolgreich wurde. Aber auch ein Emblem in einem zarten Braunton, das sie darauf aufmerksam machen soll, dass der Bäcker heute die Cupcakes im Preis reduziert hat oder eines, das die Öffnungszeiten des Sheriffs anzeigt. Und…

“Fuck.” entfährt es Jazz laut.

Holliday der gerade ein Video von Doyle offen hatte, wie dieser stolz ein schrumpliges Neugeborenes in die Kamera hält, zuckt zusammen. “Was denn?!”
“Acht verpasste Anrufe von Keziah. Alle aus den letzten 20 Minuten. Das ist nicht gut. Das ist gar nicht gut. Das ist sogar super duper schlecht.” Jazz wird hektisch und fuchtelt wild in der Gegend rum.
Holliday legt ihr den Arm auf den Oberschenkel. “Cariña, sie hat doch auch meinen Kommcode. Sie würde doch mich anrufen wenn es wirklich schlimm wäre.”
“Nein! Würde sie nicht! Weil du nicht mehr das ‘Link aus Boston benutzt und die Umleitung über deine 8000 anderen Links doch noch nicht wieder funktioniert.”
Holliday zieht die Brauen hoch. “Stimmt… Da hast du natürlich recht. Drek.”

Jazz startet einen Rückruf und ein großes ARO eines Lautsprechers blinkt vor ihr auf. Das erste, das sie hört ist ein lautes ohrenbetäubendes Schluchzen, das nicht von Keziah stammt. Dann Keziahs Stimme in einem kühlen gefassten Ton: “Jessica. Gut dass du so schnell… Ist… Ist Holliday bei dir?”
Holliday und Jazz tauschen kurz Blicke aus. “Ja… Ja ich bin hier. Keziah was ist denn los?”
“Ich… Ich schicke dir einige medizinische Daten. Bitte… Ich würde nicht bitten wenn ich eine Wahl hätte aber…”
“Ay, Keziah was ist denn passiert? Wenn wir helfen können dann…” Jazz fährt sich nervös durch die Haare.

“Kommt bitte einfach so schnell wie es geht nach Casper in der Sioux Nation. In das Elkhorn Valley Rehabilitation Hospital. Holliday du wirst… Ich schicke dir eine chirurgische SIN. Und einen Piloten. Ein guter Buschpilot schafft den Flug in zwei Stunden… ich kenne da jemanden in Salt Lake… Aber kriegt der euch auch über die Grenze? Fuck. Nehmt einfach keine Waffen mit. Und lasst die Tiere zu Hause! Dann gucken die nicht so streng… Kommt bitte so schnell ihr könnt. Jazz, kleb das Aztech Logo auf deinem Arm ab. Was? Ja hier… wir sind die Angehörigen.” Ein Tuten verlautet, dass der Anruf beendet wurde.


Elkhorn Valley Rehabilitation Hospital - Casper/Sioux Nation, heutiges Wyoming - 15.00 Uhr

Jazz stößt die Tür zum kleinen Wartebereich auf, der zu OP 3 der hochmodernen Klinik gehört. Es dauert keine Sekunde, da knallt eine komplett verheulte Blondine in ihre Arme und beginnt laut zu schluchzen. Holliday eilt an den beiden vorbei auf einen Arzt zu, der sich gerade mit Keziah unterhält.

“Zum Glück! Ihr seid da! Ich wusste einfach nicht wen ich… In diesem Hinterwäldler-Krankenhaus haben sie keinen Kybernetiker! Wer glaubt das denn?!” Beginnt Keziah auf ihn einzureden.

Der menschliche Chirurg mustert die Dame in Drachengestalt noch etwas argwöhnischer als zuvor. Dann nickt er Holliday zu. “Cyberware Vercyberungen sind in den Native American Nations höchst selten und ungebräuchlich. Dr. Herold?”

Holliday nickt. Er hatte sich im Flugzeug einen großrahmigen Überblick über seine Fake SIN verschafft. “Wie sieht es aus? Autounfall, ja?”

Der Arzt verzieht den Mund. “Genau. Und…Jetzt, wo Sie da sind, besser hoffe ich. Die Kolleginnen und Kollegen der Traumatologie haben alle Hände voll mit ihr zu tun. Sie sind seit…” Sein Blick fällt auf eine Uhr “Seit 4 Stunden dran. Diverse stumpfe Traumata, eine kleine Hirnblutung, die aber in den Griff gekriegt werden konnte und… multiple Frakturen an beiden Armen. Wir haben getan was wir konnten aber… Die Kollegen führen gerade die Amputation durch. Sie kommen im perfekten Zeitpunkt. Taneesha?” Der Blick des menschlichen Arztes wandert zu einer Schwester deren Kittel mit hübschen indigenen Mustern geschmückt ist. “Besorg Doktor Herold doch bitte einen Kittel und weise ihn ein. Bring ihn danach in Raum 306 zum Präparieren der Cyberarme. Ja guck nicht so, Cyberarme. BioWare sprengt den Preisrahmen der Patientin.” Er wendet sich von der Schwester ab. “Ich muss jetzt wieder rein, die Kollegen unterstützen.” Er verlässt die Gruppe und geht durch eine Schranke die mit NO TRESPASSING AROs gespickt ist.

Keziahs Blick haftet an der weiterhin in Tränen aufgelösten Blondine in Jazz Armen und schwenkt dann zu dem Elf ihr gegenüber um. Sie mustert Holliday, bemerkt die Troden in seiner Beanie und nickt ihm zu. “Diese Dilletanten wollten amputieren ohne ihr eine Alternative zu gewährleisten. ‘Bei Patienten ohne Versicherungen verbauen wir keine teure BioWare um hinterher nicht bezahlt zu werden. Für CyberWare haben wir keine Spezialisten. Wir sind Mediziner. Nicht die Wohlfahrt.’ Ekelhaft.” Keziah schüttelt den Kopf.

”Keziah, solche Behandlungen sind wirklich, wirklich kostspielig. Auch wenn Cyberware billiger ist. Die Reha kann Monate dauern. Wenn sie das hinterher nicht bezahlen kann verschuldet sie sich vielleicht auf Lebenszeit.”
Keziah atmet tief durch. ”Das wollte ich mit ihr…” sie nickt in Richtung der Blondine, ”noch abklären. Aber… du siehst sie ja.”
Holliday nickt und gibt Jazz ein Signal. Er vertraut darauf, dass Keziah sich das gut überlegt hatte.
Jazz vertröstet das Mädchen an ihrer Seite kurz und übergibt sie Keziah.

Holliday geht mit Jazz um eine Ecke und umarmt sie.
Die Menschin atmet tief durch und versucht die auf sie eingeprasselten Informationen und Eindrücke zu verarbeiten.
“Holli… es… Du schaffst das? Ja? Ich weiß, dass du dein absolut bestes geben wirst.”
“Ich habe seit Ewigkeiten nicht mehr in einem Krankenhaus… Und dann grade an ihr? Aber sie hat keine Alternative…”
Jazz stellt sich auf die Zehenspitzen und küsst Holliday. “Wenn was ist, ich bin und bleibe hier ja?”
Er nickt. “Das wird bestimmt einige Stunden dauern. Jazz ihre… Die Verletzungen sind wirklich übel. Pass hier mit dem Erwartungsmanagement auf, ja? Trösten, aber keine Hoffnungen machen, bis ihr was anderes vom Personal hört.”
Jazz nickt zögerlich. Sie streift Hollidays Kraftfokus von ihrem Hals um ihn ihm zu geben, aber er stoppt sie. “Kein Schmuck im OP. Aber danke.” Er lächelt sie noch einmal an und küsst ihre Stirn.
Kurz prüft sie mit einem geschulten Blick ihre Umgebung um sicherzustellen, dass niemand die beiden belauscht. “Ich liebe dich, Liam. Egal was da drinnen passiert. Ja?” Sie legt die Hand an seine Wange.
“Danke… Ich dich auch Jazz.”

“Jetzt geh und verpasse der Riggerin ein paar coole Arme mit denen sie coole Dinge machen kann!” Sie lächelt und beobachtet wie Holliday sich umdreht und ebenfalls in den gesperrten OP Trakt tritt, in dem eine Schwester ihn sofort abpasst, in eine Richtung deutet und ihm einen Kittel in die Arme drückt.

Jazz besorgt an einem Verkaufsautomaten zwei große Kaffee und ein Eistee-Trinkpäckchen. Zurück im Wartesaal übertönt Maras heulen weiterhin die meisten anderen Geräusche. Jazz würde es gerne anders nennen, aber die Geräusche welche die Schnitterin ausspuckt wirken nun nur noch wie ein lautes fast schon animalisches Heulen und Wimmern. Sie reicht Keziah den Kaffee, welche ihn dankbar annimmt.

“Wie lang geht das schon so?” sagt die Menschin in einem ruhigen Tonfall zu Keziah, der sich die heulende Schnitterin, die neben ihr auf einem typischen Wartehallen Plastikstuhl sitzt, tief in die Haare und den Hals vergräbt. Keziah seufzt leise und starrt auf eine Uhr. “Der Unfall war vor 4,5 Stunden. Also seit… 3,5 Stunden.” Sie trinkt einen Schluck und wechselt zum DNI. ”Ich hatte schon überlegt sie magisch ruhig zu stellen. Sie ist total am Ende. Aber sie hasst es wenn ich das mache.”

Jazz schüttelt den Kopf. Sie legt eine Hand auf den Hinterkopf der Schnitterin und legt den Kopf schief um ihr etwas näher zu kommen. “Mara? Mara Mäuschen? Trink doch mal bitte was… Schau… die haben hier deinen liebsten Eistee.” Sie hält das Trinkpäckchen in Maras Blickfeld und das Heulen der Schnitterin wird etwas leiser.

Mara richtet sich auf ihrem Stuhl auf. Jazz reicht ihr ein Taschentuch, welches die Schnitterin ignoriert. Dann beginnt Jazz selbst, ihr vorsichtig die mit tiefschwarzem Eyeliner verschmierten Tränen zu trocknen. Keziah nutzt die neu gewonnene Freiheit um sich etwas aufzurichten und ihr gewohnt elegantes Kleid glatt zu ziehen. Weiterhin stumm nimmt Mara das Trinkpäckchen entgegen. Sie starrt vor sich auf eine Bodenkachel. Ihr Blick dabei Kühl und wenn man sie nicht kennt, durchaus furchterregend.

Keziah gibt etwas entnervt über das DNI wieder: “* DESHALB hat man in den Schatten keine Beziehungen.”* und versucht ihr Kleid weiter zu glätten und die Flecken welche die Tränen hinterlassen haben, zu trocknen. Dann sieht sie etwas angewidert auf den wässrigen Automaten-Kaffee. Sie hält einen vorbeihuschenden Pfleger auf: “Sie! Besorgen Sie uns zwei Cappuccini. Und… Ein Sandwich oder so.” Der Pfleger sieht sie etwas perplex an, rennt aber sofort los.
“Mara? Hey… Du… Kannst du uns… Was ist denn passiert?” Jazz streicht der Schnitterin erneut sanft übers Gesicht.

Keziah ergreift das Wort. “Daisy, Mara, ein Geschäftspartner von mir und einige seiner Handlanger waren auf der Rennstrecke. Daisy und mein Geschäftspartner haben eine Wette abgeschlossen und sind ein Rennen gefahren. Duke wählte ein… Wie ich mir haben sagen lassen… bei offiziellen Rennen illegales und sehr riskantes Manöver. Daisys Wagen kam von der Strecke ab und kollidierte mit einem Betonmauer-Hindernis-Teil. Der Wagen hat sich…” Sie betrachtet Mara die weiterhin vor sich hin starrt. “Mehrfach überschlagen. Glücklicherweise waren zu dem Zeitpunkt auch einige andere Leute an der Rennstrecke und Hilfe war schnell vor Ort. Und Daisys Auto war wohl für so etwas mit Schutzmechanismen ausgelegt. Dann hat ein Kollege meines Geschäftspartners mich angerufen.”

Zu Jazz Überraschung lehnt Mara sich zurück und öffnet den Mund. “Ich werde Duke nicht töten, bevor ich ihn fresse.” presst sie in einem tiefen, bedrohlichen Tonfall heraus, der sogar den beiden Frauen das Blut in den Adern gefrieren lässt.
Keziah überschlägt die Beine. “Das wirst du nicht tun.”

“OH DOCH! Werde ich.” Die Schnitterin baut sich unbewusst etwas mehr auf.
Keziah schüttelt den Kopf. “Mara. Das wäre das dümmste was du tun kannst. Duke ist ein angesehener Mann.”
“WENN ER SOWAS MEINER FREUNDIN ANTUT SIND MIR DEINE GESCHÄFTE EGAL KEZIAH!”

Selbige rollt theatralisch mit den Augen. “Um Gottes Willen, Kind. Darum geht es mir nicht. Der Kerl ist ein Arschloch. Aber ein gut versichertes Arschloch. Das bedeutet, noch muss seine Versicherung all das hier bezahlen. Weißt du was zwei Cyberarme kosten Mara? Weißt du was ein mehrköpfiges Team Chirurgen und Pfleger die Stunde kosten? Was Bluttransfusionen kosten? Wochenlange Reha? Niemals kann deine kleine Freundin all das bezahlen.”

Der Pfleger der zittrig zwei Tassen Cappuccino und tatsächlich belegte Brote heran bringt, mustert die drei kurz.
“Was?!” platzt es aus den angespannten Frauen gleichzeitig heraus.
“Nun… Ehm… Wir haben die Versicherungsbeteiligungen der Gegenseite bereits prüfen lassen. Wir liegen bei dieser Notoperation weit über dem vertraglich festgelegten Freibetrag für eigenverschuldete Unfälle. Sie können nach dem üblichen Prozedere Schmerzensgeld einklagen aber… Unter uns… Das Mädchen hat keinen angemeldeten Wohnsitz und ihre SIN wirkt offiziell aber… Sie hat sich erst mit 23 chippen lassen? Jeder Richter weiß unter was für umständen SINlose Kinder aufwachsen und dass es da weder einen guten Anwalt auf ihrer Seite, noch große Gegenwehr gegen das Urteil geben wird. Da arbeitet das System gegen sie. Sowas müssen wir leider dauernd sehen.” Er stellt alles vor den Frauen ab und sucht schnell das Weite.

Die drei starren sich kurz ungläubig an. Keziah flüstert mit zusammengepressten Zähnen: “Du wirst keinen Richter fressen, Mara.” und selbige wirft trotzig sich in den Sitz zurück.

“Was ist denn mit dem ganzen Turry Geld passiert? Das Geld von Sunny?” Jazz leert ihren mittlerweile kalten Automaten-Kaffee und widmet sich dann dem warmen, duftenden Cappuccino.
Mara nickt langsam. “Ja… Ja das hat sie nie angefasst. Sie hat sich ne Drohne gekauft. Und uns einen hübschen Van aufgemotzt. Aber sonst… Sie kriegt noch Geld von Nayad für ihr Auto. Sie meinte immer das ist Notfall-Geld. Das braucht sie doch für ihre Zukunft.”

“Mäuschen, wenn wir diese Leute hier nicht bezahlen hat sie eine Zukunft ohne Arme. Ich glaube nicht, dass das für eine Schrauberin so toll ist.” Jazz streichelt ihr über das Haar und Mara nickt langsam. Dann bricht sie erneut in Tränen aus.

“Sie… Sie darf nicht sterben Jazz. Ich… Ich weiß nicht wie ich ohne sie… Ich hab mich noch nie so gut gefühlt wie mit ihr… sie darf nicht…”
Jazz drückt das junge Mädchen an sich während diese weiter wimmert.
“Ich hab ihr immer nur gesagt dass ich sie lieb hab. Nie dass ich sie super mega Bonus lieb hab.” Mara heult abermals lauter auf und stammelt dann weiter:

“Ho… Holliday macht seinen Job doch gut oder? Der… Der kann das, oder? Sie wird leben und gute Arme haben oder? RUF IHN AN! RUF SEIN DNI AN! ER KANN DIR SAGEN WIE ES IHR GEHT.” Die Schnitterin hat sich aufgerichtet und greift Jazz ziemlich unsanft an ihrem biologischen Arm.
Jazz atmet tief durch und versucht ihren Griff etwas zu lockern. Das würde üble blaue Flecke geben.

“Mäuschen. Er hat da drinnen kein DNI-Troden-Ding auf. Er muss sich konzentrieren. Er ist gut. Wirklich. Er hat mir irgendwelche komischen Drähte in den ganzen Körper gelegt, in der Praxis meines früheren Kinderarztes! Und mir gehts super. Er wird sein bestes tun.”
“WIR HÄTTEN SUNNYS PAPA ANRUFEN SOLLEN.” Der unzusammenhängende Schrei der Schnitterin der Keziah gilt, lässt die Frauen zusammenzucken.

“Der wäre doch erst viel viel später hier gewesen Mara. Wenn er ein Problem hat, kann er ihn anrufen. Holliday denkt an sowas. Hier Mäuschen… Du musst mal was essen. Du bist ganz blass.” Jazz hält ihr ein Sandwich hin und Keziah nickt.
“Und das obwohl ich ungefähr 4 Zauber allein auf sie richte um sie optisch anzupassen. Sie durch die ganzen Mana-Barrieren hier überall zu kriegen, war schwer genug.”
Maras Blick haftet abfällig auf dem Sandwich mit gewürzten Soy-Hähnchen-Attrappen-Fleisch. “Ich will was essen. Aber nicht das.”
Keziah kramt in einer großen schwarzen Lederhandtasche. “Hier.” Sie hält ihr ein abgefülltes Saftpäckchen mit Thermo-Beschichtung hin, das Mara ihr abnimmt.
“Was ist das?” Die Schnitterin riecht daran und ihre Pupillen weiten sich wie bei einem Raubtier.
“Nennen wir es einen Appetitzügler. Ich bin immer gut vorbereitet Kind.”
Mara nickt und beginnt gierig zu schlürfen.


18 Uhr

Mara hatte irgendwann am späten Nachmittag Keziah gebeten sie in einen magischen Schlaf zu versetzen, aber sofort zu wecken wenn es etwas neues gibt.

“Außer es ist nichts gutes. Dann lass mich am besten einfach für immer schlafen.” murmelte die Schnitterin.

Jazz hat sich mit ihr auf eine Bank gesetzt, Maras kopf liegt leise schnarchend in ihrem Schoß. Keziah schreitet nervös den kleinen Wartebereich ab. “Einer. Ein guter Magier und uns fliegt hier alles um die Ohren Jazz. Entdecke diverse MMVVler sind in den NAN kein selten genutzten Zauber Jazz. Sie… Sie werden sie mir wegnehmen Jazz. Und… Wenn sie sich fragen warum das Mädchen da drin, dass erst vor 2 Jahren geSINt wurde, eine teure High Class Fernsteuereinheit hat?! Wenn sie genauer nachbohren findet man bei jedem etwas Schund Jazz! Und dann haben wir auch noch diesen Typen vom Rolling Stone an den Hacken. Ein Reporter der eine Reportage über Mara schreibt, weil sie ja ‘in Boston war’ und da irgendwie wieder raus gekommen ist. Offiziell waren wir natürlich nie in der NEMAQZ und sind rausgekommen, als die ersten Lockdownandrohungen kamen… Wir haben so unsere Probleme mit dem Rolling Stone. Wir hatten da schon einmal einen Reporter da, als Mara noch Newcomerin war. Er verschwand nach dem Interview. Ein Unfall. Sie hatte sich noch nicht so im Griff wie heute. Ihr letzter Unfall… Dafür habe ich dann gesorgt.”
Die Gesichtszüge der Frau verklären etwas ins Düstere “Offiziell war es ein Gang-Mord. Man hat uns beim Rolling Stone aber bestimmt ein bisschen intensiver im Auge. Selbst wenn nicht… Wenn die das mit der Riggerin gar nicht erst wieder hinkriegen… Jazz ich habe Mara noch nie gesehen, wie seit sie dieses Mädchen hat. Wenn sie sie verliert… Es soll ihr nicht so gehen wie mir damals.”
Keziah schwenkt das dritte gut gefüllte Weinglas in ihrer Hand, dass sie redselig gemacht hatte. Niemand der sie davon abhalten wollte, hatte es geschafft.

Jazz runzelt die Stirn. Keziah taxiert sie mit ihren goldenen strahlenden Augen. “Frag ruhig. Im besten Fall sitzen wir hier ja noch eine Weile. Ich habe noch nie so oft den Satz ‘Solange sich noch niemand bei Ihnen gemeldet hat operieren sie noch. Das ist gut.’ gehört.”
Jazz beginnt verunsichert zu stammeln “Wann… Wieso… Wie… Ääääh… Was meinst du denn?”

Keziah zieht sich einen Plastikstuhl heran, beäugt ihn kurz, macht dann eine auslandende Handbewegung und der Stuhl manifestiert sich zu einem gemütlichen Stoffsessel in den sie sich fallen lässt und die Beine überschlägt.

“Ich war 19 als ich Salem verlassen habe. Die Hexen… Sie hatten Probleme mit den… >etwas Profit versprechenderen Wegen<, die ich gewählt habe. Wicca für Shadowruns zu nutzen… Das wirkte ihnen zu unehrenhaft für die originalen Salem Wiccas. Spießer. Haben Pipers Drachen-Sex-Deal echt verdient…” Sie starrt vor sich auf den Boden und spielt mit den Fingern mit einer ihrer ausladenden Körperketten.
“Lange hat Ben sich vor mich gestellt. Seine Mom kennst du ja jetzt. Sie war wenig begeistert, dass sich ihr Anfang 30 Jähriger Sohn in die grade so legale Tochter eines anderen Covens verliebt. Der Sohn auf dem ihre gesamten Hoffnungen lagen. Oder liegen… Er hat Beatrice versucht zu besänftigen. Ben verfolgte damals schon die gleichen Wege… Naja du kennst ihn ja. Er weiß ein gutes Geschäft wertzuschätzen.” Ein kurzes lächeln tanzt über Keziahs Lippen.
“Irgendwann haben wir uns gemeinsam in… ziemlich üble Dinge verrannt. Ich habe versucht sie zu lösen, aber meine Magie musste weitaus mächtiger werden, als sie es damals war. Und als es mit traditionellem Wicca möglich ist. Ben war durch unvorteilhafte Vorkommnisse stark geschwächt. Also… Ging ich einen Pakt mit einem Wesen ein, weitaus größer als wir uns vorstellen können. Er behielt meinen Körper. Dafür kann ich nun… Naja.”
Sie deutet auf den Sessel hinter sich, dann seufzt sie leise und starrt nostalgisch in ihr Weinglas.

“Die Zeiten wurden wieder einfacher und Ben tat, was er nun mal tut. Traf auf eine andere Frau, die ihn weiterbringen konnte, bei irgendwas was er mal wieder plante und… ließ mich zurück. Aber es war anders als sonst. Wir haben uns schon immer, immer mal wieder getrennt und hatten auch Andere aber diese… diese dreckige tschechische Wetter-Hexe… Die hat er angesehen… wie mich als ich noch… meinen nicht drachischen Körper hatte. Er hat mit ihr das Land verlassen. Und dann war er weg. Und ich alleine. Ich bin genauso rumgelegen.” Ihr Kinn deutet auf die komplett entkräftete Mara. In Keziahs Stimme liegt eine tiefe Verbitterung.

Titania war schuld. Na super. Jazz bedankt sich in einem Stoßgebet bei einer Gottheit, dass durch Nicolays Ausscheiden aus der Gruppe, die Chance niedrig war, ihr nochmal zu begegnen.

Die Kubanerin atmet tief durch. “Und dann?”

“Dann habe ich erkannt, dass ich meinen Erfolg nicht von einem Mann abhängig machen sollte. Und mein eigenes Vermächtnis gegründet. Die Blöße zu den Wiccas zurück zu kehren wollte ich mir nie geben. Und Ben, so wie du von ihm erzählst ja wohl auch nicht. Dann kam irgendwann Mara und ich war nicht mehr allein. Es ist furchtbar sie so zu sehen.”
Jazz nickt langsam.

Keziah atmet schnaubend aus. “Wie geht es Ben eigentlich?”

“Sitzt in Redmond und macht sein Ding. Nicht besser oder schlechter als schon immer seit ich ihn kenne.” Jazz kann den fragenden Blick der anderen Frau ziemlich deutlich interpretieren. “Nein, er hat… Niemanden. Nur Scotch, Poker und den anderen Schieber den wir in der Stadt kennen. Um ehrlich zu sein, glaube ich manchmal, er ist etwas einsam…”
Keziah macht eine zuckende Kinn-Bewegung. “Na, ist ja auch… egal. Wie war eure Reise?”

Der abrupte Themenwechsel überrumpelt Jazz etwas, aber sie würde den Teufel tun, nicht Keziahs Gesprächsinteressen zu folgen. “Schön… Ich habe viel vom westlichen Nord-Amerika gesehen. Und mehr über Büffel und Bisons un so Zeug gelernt, als ich gedacht hätte. Wir waren jetzt 4 Wochen am gleichen Ort und Holliday hat als Streetdoc… Eher Kleinstadtarzt, gearbeitet. Es war friedlich. Und ruhig.”

“Willst du sowas? Ein ruhiges Leben irgendwo im mittleren Westen? Wo kleine Kinder auf der Straße spielen und man Pferde und Hunde und Kleinkrieg mit den Nachbar hält?”

Jazz denkt kurz nach. “Ich hatte noch nie Ruhe… Es war schön. Sehr schön. Ich habe es genossen mir nicht täglich Gedanken zu müssen ob Holliday irgendwann…” Sie macht eine deutliche Geste durch das Krankenhaus. “Aber… ich glaube ihm war furchtbar langweilig. Er steht auf den Kick. Das ist das Leben, dass er gewählt hat. Und ich habe ihn gewählt. Also… Irgendwann wird es weitergehen denke ich. Keziah?”

“Ja, Jazz?” die Dame in drachischer Gestalt stellt eine Augenbraue hoch, aber auf eine verschmitzte Art, bei der Jazz weiß, dass eine Nachfrage erwünscht ist.

“Wieso Ben? Also wenn man fragen darf…”

Der ausladende Schmuck an ihren Hörnern wackelt als Keziah kurz auflacht. “Wenn man die Hölle lostreten will, ist man mit einem Priester schlecht bedient, meine Liebe. Wir wollten die gleichen Dinge. Außerdem… Seine Macht… macht einiges spannender. Erzähl mir doch nicht, dass du mit Holliday zusammen wärst, wenn er ein Dilettant wäre, der alle zwei Meter seine Revolver fallen lässt. Starke Frauen wie wir brauchen ein starkes Gegengewicht. Und Ben hat mich immer auf Trab gehalten. Glaube mir, wenn man einige Jahre Ben Kendall organisiert hat, ist eine bipolare Rockstar Schnitterin ein Kinderspiel.”

Keziah mustert Jazz noch einmal eindringlich und lächelt dann. “Ich glaube nach all dem hier freuen wir uns wenn ihr uns begleitet und wir haben doch unsere kleine Partnerschaft.” Sie zwinkert Jazz zu “Da fallen bestimmt auch ein paar mittel-spannende Jobs für den Herren ab.”

“Danke Keziah.” Jazz lächelt die Frau an und kneift die Augen zusammen, als die automatische Zeitschaltung des Krankenhauses die grellen Neonlichter anschaltet.

“Na bedank dich nicht zu früh Schätzchen. Im ‘Cowgirl’s Haven’ brauche ich dich als sexy Saloon-Girl-Barkeeperin. Das wird bestimmt kein Zuckerschlecken.”

“Das kann ich nur zurückgeben.” Sie grinst und lehnt sich etwas zurück. “Ich war immerhin die letzten drei Wochen drei Mal im Knast.”

“Diese kriminelle Energie brauchen wir spätestens Falls Ben auch auf die Idee kommt ein Cowboy’s Haven auf diesem Kontinent zu eröffnen. Außerdem habe ich zu danken. Ohne dich, beziehungsweise ohne euch, hätte ich Mara nicht mehr.”

“Was Pierce getan hat war falsch. Der Grundgedanke, wildernde MMVV Infizierte einzudämmen nicht, aber Mara wildert nicht blind. Sie ist eine gute Elfe. Sie gibt sich wirklich Mühe.”

“Ich hätte Pierce vermutlich nicht sofort rösten müssen…” Keziah starrt auf ihr Weinglas, indem die dunkelrote Flüssigkeit langsam hin und her schwappt. “Aber ich schütze, was mir wichtig ist. Egal wer, oder was denkt sich dazwischen stellen zu müssen.” In ihrer Stimme liegt eine gewisse Verbitterung, als wäre dies bereits einmal der Fall gewesen. Sie gibt Jazz aber nonverbal zu verstehen, dieses Mal keine weitere Nachfrage zu stellen.


23 Uhr

Die Tür des Wartebereichs schiebt sich auf und ein etwas abgerissen wirkender Troll betritt das Zimmer. “Ist… Warten Sie auch auf Daisy?”
Jazz erkennt den Aufnäher auf dem roten Halstuch des Trolls wieder. Mara die sich sowieso gerade schlafend von ihr runter gerollt hatte, lässt sie anstandslos aufstehen.
“Sie sind von der Gang oder? Aus Seattle? Die, bei denen sie aufgewachsen ist?”

Der Troll kratzt sich verlegen am Hinterkopf. Ihm scheint das klinische Krankenhaus-Umfeld sehr unangenehm zu sein und er reibt nervös die großen groben Fingerspitzen einer Hand aneinander. Langsam senkt sich sein Kinn ab und er nickt. “Rudy. Ich… hab mich immer um die Kleine gekümmert seit ihre Eltern… Hab sie lieb wie mein eigenes. Weiß man schon was?”

Jazz gibt wieder, was eine orkische Assistenzärztin ihr vor zweieinhalb Stunden berichtet hatte. Dass sie weiterhin daran sind die neuen Cyberarme mit ihren Nervenenden zu verknüpfen. Dass das aber durch die diversen Quetschungen unglaublich kompliziert ist. Dass man nicht weiß, wie gut ihr Körper den Schock wegsteckt. Wie lang es danach dauert, dass Daisy wieder aufwacht. Dass sie aber jung, fit und sehr stark ist und man einfach auf das Beste hoffe.
Der Troll nickt und lässt sich auf eine der Metallbänke sinken, die unter ihm laut knarzt. Tränen füllen seine Augen die er sofort wegstreicht um sie zu verbergen.

“Ich… Ich hab sie immer zur High School gefahren. Ich hab ihr zusammen mit den Jungs ihr erstes Bike gekauft. Sie ist seit sie laufen konnte bei mir durch die Küche geflitzt, wenn ihre Eltern arbeiten waren.” Er sieht sich kurz in dem kleinen Raum um und und prüft, dass niemand sie belauscht. “Sie… sind auch Runner oder? Bei den beiden da hinten weiß ichs ja. Von denen erzählt sie viel, wenn wir mal quatschen und die Blonde… Von der war sie immer so begeistert, als sie sie Silvester heim gebracht hat, dacht ich sie hätte sie entführt.” Sein Blick haftet auf Maras schlafendem Gesicht, dem man immer noch die Strapazen des letzten Tages ansieht.

“Ja, ich… Wir sind auch Runner. Mein Freund ist Kybernetiker, mit Pech in den Schatten gelandet. Er operiert Daisy gerade mit. Kümmert sich um die Cyberarme”
Der Troll wirft seinen Kopf in den Nacken und die Hände vor sein Gesicht. “Ihre Eltern waren großartige Leute. Die besten Runner. Ich hab ihnen versprochen, dass D alt, grau, runzelig und glücklich stirbt.”
Jazz streicht dem Troll über den Arm. “Rudy, ich kenne Daisy noch nicht lange, aber sie ist verflucht stark. Und hat den größten Dickkopf den ich kenne. Sie kämpft sich da durch. Und alle da drinnen tun seit Stunden ihr bestes um das irgendwie hinzukriegen.”

Der Troll lacht auf. “Ja das stimmt…Wann immer die jungen Trolle sich geprügelt haben war sie mitten drin. Ihre Schläge sind fies und sitzen tief. Sie will immer ganz vorn mit dabei sein und kämpfen…” Ein zögerliches Lächeln zieht sich über das grobe Gesicht des Trolls.

“Wein?” fragt Keziah vom anderen Ende des Raumes.
“Lieber was härteres.” gibt der Troll zurück.
In seiner Hand manifestiert sich ein Glas Scotch an dem der Troll riecht. “Riecht wie das Zeug im Gamby.” murmelt er. “Klein is die Welt.”
“Oh ja! Jaja! Klein ist die Welt!”, betont Jazz gestresst und Keziah erwidert ruhig: “Mach dir nicht ins Hemd Jazz. Das ist Bens Special-Blend. Du glaubst doch nicht, dass man mit dem Mann zusammenlebt, ohne zu lernen wie er Whisky zaubert.”
Der Troll hat den Whisky bereits runter gekippt bevor er aufsteht und sich Keziah nähert. “Sie kennen Ben? Dem muss ich regelmäßig den Arsch versohlen weil er unsere Frischlinge verarscht.”
Keziah füllt mit einem Schnipsen sein Glas auf. “Der geht aufs Haus. Seien Sie nächstes Mal ein bisschen fieser zu ihm, Rudy.”

Keziah hält inne und ihr Sessel verwandelt sich wieder in gewöhnliches Plastik.

Eine hastige Zwergin im OP Kittel kommt durch die gesperrte Schranke und sieht sich im Raum um. Sie stößt zu der kleinen Gruppe dazu. “Alkohol ist hier eigentlich…”
“Ist nur Traubensaft. Wie sollten wir denn Alkohol hier reinkriegen? Und zaubern ist bei den ganzen Mana-Barrieren und magischen Sicherheitsvorkehrungen doch vollkommen utopisch”, erwidert Keziah ruhig.

Die Ärztin nickt und beobachtet kurz die schlafende Schnitterin. Dann atmet sie tief durch. “Miss Monroe befindet sich nun im Aufwachraum. Ich soll Ihnen ausrichten, dass Dr. Herold sie erstmal noch betreut und später wieder zu Ihnen stößt. Der Zustand von Miss Monroe ist stabil. Die Arme sind vorerst gut von ihrem Körper angenommen worden. Da sie ja auch eine kognitive Fernsteuereinheit besitzt, ist der Körper bereits Naniten gewohnt und eine Abstoßungsreaktion unwahrscheinlich. Aber, und das betone ich mit aller Deutlichkeit, nicht unmöglich. Dr. Herold ist zu Miss Monroes Glück ein sehr kompetenter Kollege und hat direkt eine entsprechende Enzym-Mischung angesetzt und verabreicht, die das Nervensystem unterstützt. Sobald sie wach und ansprechbar ist, werden wir Sie informieren.”
Die Ärztin verabschiedet sich und verschwindet durch eine angrenzende Tür.

Jazz und Keziah atmen gleichzeitig laut auf und der Troll wirft abermals die dicken Finger vors Gesicht.

“Das mit dem Zauber war etwas dick aufgetragen oder?” Jazz setzt sich erneut neben Mara und Keziah grinst. “Bitte, Jazz. Das hat schon in weitaus gruseligeren Situationen funktioniert. Na komm, wecken wir Mara.”


04 Uhr Morgens

“Also wie abgesprochen, ja? Ich gehe rein und schaue sie mir an und hole dich dann dazu wenn sie fit genug ist ja?” Jazz fährt sich durch das mittlerweile komplett zerzauste Haar. Sie, Mara, Keziah und Rudy stehen in einem engen Flur des Krankenhauses, vor einer geschlossenen Tür. Von Innen kann Jazz dank ihres selektiven Geräuschfilters Hollidays Stimme ausmachen. Er klingt müde, aber fit.

Mara nickt. “Ja… Ist besser so. Aber hol mich sofort wenn ich kann, ja?”

Jazz nickt. Holliday in einem dunkelblauen OP-Kittel öffnet die Tür und lächelt die Gruppe ermüdet an. “Jess, du kannst jetzt. Ich… Werde mal kurz duschen und mir was frisches anziehen und… Vielleicht mal was essen. Ich glaube ich kann mich nochmal auf die Schwesternstation mogeln, da stand vorhin Kuchen. Jemand von euch noch was?”

Die Gruppe schüttelt den Kopf. “Keziah hat jemanden bezahlt der uns um Mitternacht Burger und Milchshakes gebracht hat.” Jazz lächelt ihn an und macht einen Schritt auf den anderen Raum zu, wo Holliday ihr flüchtig einen Kuss auf die Stirn drückt und ihr die Tür weiter öffnet.

”Sie ist recht klar. Abgeschossen mit Schmerzmittel, aber überraschend fit. Vermeide jeden Stress. Wenn Mara ihr heute zu viel ist, ist das eben so. Und… Daisy sieht gruselig aus. Lass dir das nicht anmerken. Ich komme wieder so schnell ich kann.” gibt das DNI ihr wieder, dann schließt sich hinter Jazz die Tür des Krankenhauszimmers.

Daisy liegt in einem überraschend geräumigen Krankenhausbett. Um sie herum schweben diverse AROs in der Luft, deren Oberfläche für Jazz Sichtverbindung jedoch gesperrt sind.

Die Augen der jüngeren Menschin sind geöffnet. Die Arme von der Schulter bis zu den Handflächen eingegipst und mit dicken Klemmen und Schrauben am Bettgestell befestigt. Eine Stelle seitlich an ihrem Kopf ist rasiert, eine andere über ihrer Augenbraue mit einem dicken Tapeverband verklebt. Die hellgrauen Haare schmutzig und strubbelig unter eine Art Haarnetz gequetscht. Ihr Bauch in eine Art aufgeblähten Latexanzug gehüllt. “Druckluftverband zur schnelleren Heilung. Enorm hoher Sauerstoffdruck.” spuckt Jazz Headware dazu aus. Die Stellen an Daisys blasser Haut die man sieht, sind wahlweise geschwollen und rot oder dick und in allen Blau- und Lilatönen dieser Welt angelaufen. Sie lächelt matt als Jazz sich nähert. “Er sieht gut aus im Kittel.” gibt sie leise wieder.

“Ja… Ja ich lebe meinen Grey’s Anatomy Traum.” Jazz lächelt sie an.
“Gern geschehen. Und? Sonst so?” Daisy lacht leise auf.
“Na, du bist ja fit.” Jazz zieht sich einen Stuhl näher heran und setzt sich hin.

“Ich bin bis oben hin voll mit allem was Spaß macht. Holli meinte, die nächsten Tage wird es schlimmer. Dann irgendwann besser. Aber grade sitze ich auf einer wundervollen rosa Wolke. Guck mal was die hier alles an Schnickschnack aufgefahren haben. Vakuum-Technologie, irgendwelcher fortschrittlicher Nano Kram, Luftdruck…Druckluft? Irgendwas-Verband… Wenn ich davon kein KFS kriege, ist das echt cool.” Sie schnaubt leise. “Ich hab genau für so einen Fall vor Jahren eingebaut, dass das Auto im Unfall-Fall seinen Motorblock nach vorne zieht. Sonst sähen meine Beine wohl genauso aus. Sind es coole Arme Jazz? Was hat er bekommen?”

“Der Pfleger meinte es sind gute Arme für eine Mechanik-fokussierte Riggerin. Kannst wohl viel selbst machen.”
“Marke? Modell? Weißt du was?”
“Ähh… Ja… Ach verdammt wie…Was aus den ADL. Bosch Bizeps. Die waren es!”

“Yay. Ich werd mich bei Big L bedanken wenn ich ihn mal treffe. Du Jess… Wie ist das? Ist es komisch? Plötzlich andere Arme zu haben? Ich darf sie erstmal nicht bewegen und kriege dann wohl Physio und so nen Schwachsinn. Überkandidelter Kram. Kein Streetdoc der Welt gibt dir Physio. Da kriegst du den Arm und machst einfach weiter.”

Jazz verkneift sich den Kommentar, dass in dem Fall aber auch nicht der Rest deines Körpers aussieht wie Apfelmus und einer von 20 Patienten sich die Cyberware in den ersten Tagen ausreißt. Sie denkt nicht, dass das Mädchen bei einem Streetdoc überlebt hätte, egal wie gut dieser mit seinen eingeschränkten Mitteln arbeiten würde.

“Das Schlimmste war das Jahr ohne alles. Den Stumpf zu sehen und zu wissen, dass da mal was war, was da nicht mehr ist. Sobald Arme dran sind versteht das Hirn besser was abgeht. Das Gefühl ist eigentlich das gleiche. Dauert ein bisschen bis alle Nerven verstanden haben was ihr neuer Job ist. Ich hab hier…” Sie deutet an ihrem Cyberarm auf eine Stelle seitlich unter dem kleinen Finger “Immer noch nicht wieder Gefühl. Das ging wohl bei der Explosion, bei der ich meinen Arm verloren hab, einfach perdió… [verloren]

“Sie haben Sunnys Geld dafür genommen oder? Das ist doch alles unbezahlbar.”
Jazz presst die Lippen aufeinander und Daisy nickt langsam. Ihr Blick wandert zur Tür hinter der man gerade Mara mit Keziah diskutieren hört, wen sie alles für dieses vergehen fressen möchte.
“Sie ist draußen Daisy. Rudy auch. Aber… Wenn du noch nicht wieder jemanden sehen willst ist das auch…”

“Nein. Ich will sie sehen. Unbedingt. Bitte. Bitte hol Mara rein.” Die verletzte Menschin bewegt sich unbeholfen und krampfig mit ihren festgeschnallten Armen. Als würde man einem verzweifelten Fisch in einem Netz zusehen.

“Ganz ruhig. Ich hole sie. No Problemo. Sie will dich ja auch sehen.”

“Warte Jazz.” Auf den gehauchten Ausspruch der Menschin dreht die Spanierin sich um. “Bei meinen Sachen war ein Mag-Schlüssel für Nayads Van. Ich wollte mich die Tage mit ihr und Candy treffen und ihr alles zeigen…” Die Seattlerin quetscht die Augen etwas schmerzverzerrt zusammen. “Aber… Ich erklär dem Doc alles und dann… Würdet ihr…?” Sie muss leise Husten.

Die Latina lächelt. “Ich kümmer mich. Ich lebe seit 6 Wochen in einem Auto mit Whirlpool, da kriegen wir Nayad schon ihr Autochen erklärt.”
“Du kümmerst dich immer… Danke.”
Vor der Tür hört man nun Mara etwas indifferentes wütendes quietschen.

“Lass sie rein.”

Jazz läuft zur Tür und öffnet sie langsam. Vor ihr umarmt Holliday gerade seine Azubine. Ihre Köpfe wenden sich zur Tür.
“Geh rein. Ich lass euch alleine. Sagt bescheid wenn es was gibt ja?”
Mara nickt und huscht an Jazz vorbei, welche gerade noch so der Schnitterin ausweichen kann um nicht von ihr umgepflügt zu werden. Sie schließt die Tür hinter den beiden Mädchen.


“Dee!” presst Mara hervor als sie sich neben das Bett drängt und dabei fast die Sauerstoff-Flasche an Daisys Druckluftverband umstößt. Sie steht über dem Bett und taxiert die Menschin mit ihren verquollenen, Eyelinerverschmierten blauen Augen.

Daisys flüstert ein leises “Hey.” und die Unterlippe der Schnitterin beginnt zu beben.
“Nicht weinen Mara… Ist doch alles gut. Ich werd schon wieder. Kann nicht immer alles glatt gehen.”

“Hör auf mich zu trösten! Ich sollte dich trösten!” Eine Träne rollt der blassen Mara über die Wange. “Ich hatte so Angst um dich! Ich… Ich hatte seit… Seit ich gebissen wurde um nichts mehr so viel Angst wie um dich, Dee.” Man hört dem Rocksternchen die letzten Stunden der Anstrengung und Verzweiflung deutlich an.

Daisy rutscht langsam ihre Beine etwas zur Seite. “Komm.”
Mara runzelt die Stirn. “Wohin?”
“Komm zu mir ins Bett. Komm. Hör meinen Herzschlag. Dass ich atme. Ich weiß, das kannst du alles auch vom anderen Ende des Zimmers, oder des Krankenhauses wahrscheinlich. Aber es hilft. Komm.”
Vorsichtig und ziemlich unbeholfen klettert Mara zu Daisy ins Bett. Sie legt den Kopf mit Bedacht an einer Stelle ab, an der mal kein Verband oder eine Wunde zu erkennen ist.

“Danke, dass du noch lebst.” flüstert Mara, angestrengt versuchend ihre langen, schmalen Gliedmaßen irgendwo zu lagern, wo sie nicht im Weg sind.

“Danke, dass du da bist.” flüstert Daisy zurück und richtet ihren Blick aus dem Fenster, wo sich das Schwarz des Nachthimmels langsam mit den ersten grünlichen Strahlen des Morgens durchzieht.


07 Uhr Morgens

Jazz lehnt den Kopf gegen Hollidays Schulter. Keziah und Rudy hatten sich vor einer Stunde verabschiedet, Rudy würde in einer kleinen Unterkunft und Keziah in einem Hotel in der Nähe ein paar Stunden schlafen und Vormittags zurück kommen.

Holliday hatte sich nach dem Duschen einen frischen Kittel übergeworfen und konnte sich bei einer Schwester etwas Kuchen erflirten. Die Schwester suchte schnell das weite, als sie Jazz sah.

“Du musst doch total fix und fertig sein, Querido. Ich zumindest fühle mich 50 Jahre älter.” Holliday lächelt und vergräbt das Gesicht in Jazz zerzausten Haaren. “Kann ich verstehen. Aber irgendwie… Wenn es nicht sie gewesen wäre… Es war schön, mal wieder das zu machen, was ich früher immer machen wollte. Und nicht nur absolute Notfallmedizin ohne irgendwelche Mittel wie auf einem Run oder nur Klammerpflaster verteilen wie die letzten Wochen. Es war aufregend und spannend aber… Es war von allem genug da um seinen Job vernünftig zu machen. Und die Kollegen waren auch sehr nett und kompetent.”

“Und alle zwei Meter baggert dich jemand an. Schwestern, Ärztinnen, ich hab auch die Notfallsanitäterin vorhin gesehen die meinte es sei schade, dass ihr Patient keine Vercyberungen braucht!” Jazz lacht kurz auf. “Ich kann dich hier nicht arbeiten lassen, sonst fangen die noch an irgendwelche Sachen anzustellen nur damit sie mit dir arbeiten können. Aber Daisy hat schon recht. Der Kittel steht dir sehr gut.”

Holliday schüttelt den Kopf und legt ihn in den Nacken. “Ich rette hier Menschenleben und schaffe Arme wo vorher nichts war und ihr unterhaltet euch über meinen Look.”
“Na das du ein guter Arzt bist, habe ich ja nie hinterfragt. Und ich kanns den Kolleginnen nicht verübeln. Ich hab auch bei den Batistas ein paar Karten gut gespielt, damit ich die Jobs mit dir kriege.”
“Sowas hast du gemacht?” Er zieht die Brauen hoch und lehnt sich etwas nach vorne um ihr Gesicht zu sehen.

Jazz zuckt mit den Schultern. “¿Por qué no? [Warum nicht?] Du siehst nicht nur im Kittel gut aus.” Sie grinst und beginnt ihn zu küssen. Kurz vergisst sie den Geruch von Desinfektionsmittel, der ihr Bauchschmerzen bereitet und dass ein junges Mädchen heute fast einen komplett unnötigen Tod gestorben wäre.

“Wir… Wir sollten hier bleiben oder? Keziah meinte sie bleibt auch irgendwo in der Gegend. Und sie will wohl wieder einen Laden aufmachen. Dann gibt es auch Jobs… Und sie und die Flittchen sind doch irgendwie…” Jazz streicht sich einige Haare hinter ihr Ohr.

“Unsere Familie? Ein bisschen. Und wir sind ja flexibel. Daisy wird noch einen langen Weg vor sich haben bis alles wieder so wird wie früher und ich glaube du tust Mara ziemlich gut. Und ich kann wieder mit ihr trainieren. FiFi und Doyle sind auch nicht entsetzlich weit weg, dann können wir das Baby mal kennenlernen. Ich hab irgendwo hier noch Verwandtschaft…Und haben die Hexen nicht ein Bed and Breakfast oder sowas hier in der Sioux Nation eröffnet? Als Bonus wir sind weiter weg aus Bens Schusslinie. Müssen wir nur unseren ganzen Kram irgendwie hier her schaffen.”

“Ehm…”

“Was hast du getan Jazz?”

“Ich… Ich hab Ozzy gebeten die Tiere und Autos einzupacken und alles her zu fahren. Es ist ein 2-3 tägiger Roadtrip. Er will sich auf den Weg machen sobald die Sonne untergegangen ist. Vorher geht ja nicht…”
“Guter Punkt. Wir sollten uns nochmal informieren, wie man das für MMVVler angenehmer machen kann. Auch Mara zuliebe. Hier scheint im Sommer sehr viel die Sonne… Du hast Ozzy mit Antoni, Medusa und Milá auf den Weg geschickt?! Und du denkst nicht, dass Milá ihn frisst?”

“Nein ach was. Er versorgt sie doch immer mit Futter. Das wird schon. Eher denke ich, dass Antoni ihn in den Wahnsinn treibt und er musste mir versprechen keinen Sex in unserem Bett zu haben. Ich hab uns auch ein kleines Hotel am Stadtrand gebucht. Da können wir unterkriechen bis unsere Sachen nachkommen.”

Holliday zieht Jazz noch einmal fester an sich heran. “Dann also ein Leben im Mittleren Westen. Ich bin sehr gespannt auf Cowgirl-Jazz.” Er hält inne. “Manipulationsmagier sind in den Native American Nations sehr unbeliebt. Wir sollten Oscuro darauf vorbereiten. Hast du eigentlich einen Plan wie er mit unseren ganzen Waffen, deinen Drogen und den Tieren über die Grenze kommen soll?” Er zieht sie von der Bank hoch, in Richtung Ausgang des Krankenhauses. Die Biomonitore und die Astralebene hatten ihm verraten, dass Daisy schläft und Mara ruhig bei ihr ausharrt. Schlaf könnte er jetzt auch gebrauchen.

“Mierda. Guter Punkt! Na dann bleibt es ja erstmal spannend.”

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AHHHH Lissy!
Du hast nicht zu viel versprochen! Damnit! So viel Trauma!

aber sie ist sooo gut geschrieben :heart_eyes: :yellow_heart: so viel zu verarbeiten darin!

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Omg so viel Drama! Es war so gut :heart_eyes:

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Danke ihr Lieben! Freut mich sehr dass es gefällt :smiley:

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ICH HEULE GLEICH

AHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHH :sob::sob::sob::sob::sob::sob:

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JA ES WAR AUCH FÜR MICH ALLES GANZ SCHLIMM!

UND ES WIRD NUR SCHLIMMER!!

ALLES IST SCHLIMM TOM!

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OH GOTT, WIESO SAGST DU DAS?!?!?!?

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DAMIT ICH NICHT ALLEINE MIT DER LAST LEBEN MUSS

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Ich würde so gerne die Emotional Damage Reels hier posten.

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Am Ende brauchen hier alle eine Therapie oder auch ein ESA wie Nayad

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Login • Instagram Dann weiß wenigstens Paul was wir meinen :smiley:

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