[Musikempfehlung: https://www.youtube.com/watch?v=rUW-pcQGYzE ]
28.06.2070 - 17.45 Ortszeit - Tenochtitlán - Atzlan - Aztechnology Hauptsitz - Mitarbeiterwohngebiet - 27 Grad - 77% Luftfeuchtigkeit
Ächzend bleibt John am oberen Ende einer kleinen Holztreppe stehen.
Die Ankunft in Aztlan hatte sie vom Flughafen direkt zu einem Mitarbeiterregistrierungsbüro geführt, bei dem sie getrennt voneinander befragt wurden. Danach hatten sie Ewig den Weg zur internen Sicherheit suchen müssen um Bilder für die neuen Firmenausweise machen zu lassen, und dann hatten die beiden noch an einer kleinen Einführung für neu in Tenochtitlán angekommene teilnehmen müssen.
Die paar Tage am Strand hatten Alyza sehr gut getan, seit 12 Jahren hatte sie keinen ausführlichen Urlaub mehr gemacht, und in einem schicken Hotel die Seele baumeln lassen hatte sehr geholfen nach allem was passiert ist.
Natürlich hängen ihre Gedanken weiterhin noch sehr an New Orleans, dem Jackpoint, Holly und den Kindern und wie es weiter geht. Mehrfach hatte John sie bremsen müssen nicht dauernd Bourdoire anzurufen um zu checken ob alle leben und alles in Ordnung ist.
“Hättest du eben einfach das Personal unsere Koffer zur Tür bringen lassen” sagt Alyza und lacht als sie in das verschwitzte rot angelaufene Gesicht von John sieht.
“Seit wir in das Aztech Flugzeug gestiegen sind hatten wir dauernd irgendwelches Personal um uns herum, und jetzt…” er kramt in seiner Hosentasche “dachte ich könnten wir mal etwas Ruhe gebrauchen.” er grinst.
Alyza sieht auf. Das kleine Häuschen dass sie sich nach langer Diskussion ausgesucht hatten war ein gemütliches Holzhäuschen aus Teakholz. Bambus und Tropenpflanzen breiten sich rund herum aus und es riecht nach warmem Holz und Räucherstäbchen.
John hat aus seiner Tasche eine Schlüsselkarte gefischt auf der eine Meeresschildkröte abgebildet ist.
“MyLady. Die Karte zu ihrem Schloss.” sagt John und drückt ihr die Karte in die Hand. Sie drückt sie gegen die kleine ins Holz eingefasste Metallplatte und ein leises piepen ertönt.
“Huch!” Alyza erschreckt sich als John sie von Hinten schnappt, hochhebt und über die Schwelle trägt.
“John was soll das, lass mich runter!” Alyza strampelt und lacht. “Das macht man bei Hochzeiten! Das ist noch ein bisschen früh oder?!” John küsst sie und setzt sie dann vorsichtig ab.
“Guten Abend Mr. Doyle und Ms. Penbrooke. Es freut mich sie hier begrüßen zu dürfen.”
Alyza sieht sich um. “Moment. Du hast deine KI mit umgezogen?!”
“Natürlich. Ich brauch doch jemanden der meinen Tag strukturiert. Der Toaster und der Bahama Mama Mixer sind auch mit umgezogen. Apropos! Richte uns doch bitte 2 Bahama Mamas auf der Terrasse an Mixer!” „selbstverständlich Mr. Doyle.“
“Ich weiß wir leben in technologisierten Zeiten, aber daran dass du mit deinem Mixer redest werde ich mich nie gewöhnen”
Alyza sieht sich genauer in der Wohnung um. Sie ist mit Klimaanlage ausgestattet, was sie sehr freut. An die tropische Luft muss sie sich erst noch gewöhnen.
Es gibt ein kleines Bad, einen offenen Wohn-/ und Küchenbereich, ein WC, zwei Büros die schon für die beiden mit allen Unterlagen ausgestattet wurden und ein Schlafzimmer in dessen Mitte ein gewaltiges Himmelbett aus Bambus thront. Die komplette Längsseite der Wohnung wird von einer Terrasse eingefasst.
In Alyzas Büro liegt auf dem Schreibtisch ein dicker Stapel Unterlagen mit dem sie sich vor Mittwoch noch auseinandersetzen muss.
Ganz oben auf liegt ein kleines Kärtchen.
‘Alyza Adelaide Penbrooke - Interne Kommunikation - Zuständigkeitsbereich: Besucherführungen’
Sie hatte sich so gefreut als John ihr diesen Beruf angeboten hatte. Er hatte ihr auch deutlich wichtigere und besonderere Stellen angeboten. Ein Job bei der internen Sicherheit zur Runnerabwehr hätte sich für sie zu falsch angefühlt.
Außerdem, auch wenn sie das John nicht sagen würde, war sie sehr froh über einen Job mit wenig Verantwortung um zur Not Aztech auch schnell hinter sich lassen zu können. Sie vertraut dem Frieden nicht zu 100% und wenn Bourdoire sie braucht will sie da sein können.
“Na? Wie ist das einen Ausweis zu haben auf dem der echte Name steht?” sagt John der leise hinter ihr das Zimmer betreten hatte.
“Strange. Sehr strange. Ich weiß nicht ob ich mich daran gewöhnen kann” Alyza kratzt sich am Kopf.
“Wir werden das schon schaffen. Und wir sind hier sicher. Mit Aztech wird sich Saeder so schnell nicht anlegen. Und mit deiner Sicherheit schützt du auch den Dome und die anderen.” Das stimmt. Und Sicherheit ist viel wert.
John nimmt sie am Arm und sie gehen zusammen raus auf die Terrasse auf der eine Hollywoodschaukel steht, mit Blick über die gewaltige, in den Dschungel eingelassene Stadt. Sie sehen wie ein paar Affen durch die Straßen springen und schreien.
Am Horizont senkt sich die gewaltige orange-rote Sonne langsam herab.
“Alyza ich hab noch was für dich.”
Doyle kramt in seiner Manteltasche. Wenn er ihr jetzt einen Antrag macht reißt sie ihm aus dem Stand den Kopf ab. Sie war nach ein paar Monaten zu ihm gezogen und nun mit ihm in ein anderes Land geflohen, reicht ihm das denn nicht?!
Er holt eine kleine Schmuckschachtel heraus. Alyza wird schwindelig. Er öffnet sie.
“Als ich damals auf der Techxpo mitbekommen habe dass ein Runnerteam in mein Zimmer eingebrochen ist, hätte ich nie damit gerechtnet dass uns all das mal hier her führt. Auch wenn ich versucht habe es zu verbergen, du hattest mich sehr schnell in deinen Bann gezogen. Ich bin so froh dass dein Kollege so verfressen und leicht bestechlich war.” Hachja, Snacker, ob sie den wohl je wieder sehen wird? Vermutlich nicht.
“Und dass Broker mir verraten hat das du mit ihm arbeitest. Damit ich dich wiederfinden konnte ohne aufdringlich wirken. In der Nacht nach der Cocktailparty habe ich die ganze Matrix nach dir umgegraben.”
“Das stimmt.” meldet sich die mechanische Stimme der KI von drinnen.
Aber das alles ist erst ein paar Monate her. Das muss ihm doch bewusst sein.
“Und deshalb wollte ich dir etwas schenken. Dafür dass du mich begleitest.” Er zieht aus der Schmuckschachtel eine Kette hervor. Ein kleines Mississippi Dampfschiff baumelt daran.
Alyza atmet tief ein.
“Gott John! Ich dachte du machst mir einen Antrag! Mach mich doch nicht so fertig.” Sie lässt sich hinter sich auf die Hollywoodschaukel fallen.
John guckt sie perplex an und lacht dann. “Oh Gott! Nein! Das wäre zu früh. Oder?”
“JAAA!”
John setzt sich neben sie und legt ihr die Kette an.
“So hast du immer ein bisschen New Orleans bei dir.”
“Danke John. Das ist wundervoll.” Die beiden küssen sich, John reicht ihnen die Bahama Mamas an und sie blicken in den Sonnenuntergang.
Auf einer Werbetafel an einem der Häuser steht:
Aztechnology - Der Weg in ein besseres Morgen
Und vorerst bleibt Alyza nichts anderes als zu hoffen dass das stimmt.