„Ich habe lange nichts mehr von dir gehört Nicolay, wie geht es dir?“ sagte die in weiß gekleidete Orkin, als sie sich Nicolay gegenüber in einem weißen Sofa niederließ. Der komplette VIP Bereich des Alabaster Maiden folgte dem Stil seiner Besitzerin. Von luftigen Gazevorhängen, welche die offeneren Sitzgruppen voneinander trennten bis hin zu den milchig weißen Wasserfällen, welche die Separees vom Rest des Bereiches abtrennten. Ein Steg führte über einen strahlend hellen Pool zu der Inselgruppe, auf welcher sich die beiden Metas niedergelassen hatten.
„Vielen Dank für ihre Zeit, Lady Alabaster.“ erwiderte der große Troll, der aufgestanden war um den Handrücken der Orkin zu küssen. „Und mir geht es den Umständen entsprechend gut, danke der Nachfrage. Ich hoffe, dass es auch ihnen gut geht?“
Mit einer abfälligen Handbewegung, welche die Falten ihres seidenen Kleides Wellen schlagen ließen, antwortete sein Gegenüber. „Lass doch das mit den Förmlichkeiten, Nicolay. Du hast früher für mich hier gearbeitet und gehörst zur Familie. Tue nicht so, als wärst das hier reines Geschäft.“
Ein Lächeln zuckte über Niclays Lippen. „Naja, ich muss zugeben, dass es sich seltsam angefühlt hat dir gegenüber so förmlich zu sein, aber ich dachte mir, dass ich auf Nummer sicher gehe nachdem ich ja nicht mehr für dich arbeite.“ Sich in dem weichen Sofa zurücklehnend, schaute sich der Troll um. „Aber soweit ich das sehen kann, hast du auch weiterhin vernünftige Türsteher. Auch wenn der am Eingang erst nicht geglaubt hat, dass ich tatsächlich einen Termin mit der Clubbesitzerin haben sollte.“
Während er sprach, schaute er sich sein Gegenüber einmal genauer an. Die Besitzerin des Alabaster Maiden wirkte wie eine fleischgewordene Repräsentation ihrer Domaine.
Für eine Orkin hatte die Besitzerin des Alabaster Maiden eine äußerst filigrane Figur. Das seidene, bodenlange Kleid, welches sie trug, erweckte den Anschein von flüssigem Marmor, welcher sich an sie schmiegte. Allerdings wusste Nicolay, dass es sich dabei um eine ihrer Illusionszauber handelte, welche sie zu speziellen Events auch für die Shows in ihrem Club einsetzte. Die weiße Maske, welche normalerweise eine Seite ihres Gesichtes verdeckte, hatte sie auf die Lehne ihres eigenen Sofas gelegt. Nicolay wusste, dass sie dies nur selten tat, während sie außerhalb ihres Büros unterwegs war. Aber vermutlich fühlte sie sich in diesem Bereich ihres Clubs ungestört genug.
Auch die Gesichtszüge seines Gegenübers waren, untypischerweise für ihren Metatyp, äußerst fein und filigran.
Diese Züge verzogen sich nun zu einem kleinen Lächeln. „Nun ja. Accis ist noch nicht lange genug hier um von dir gehört zu haben und er ist manchmal etwas übervorsichtig, aber man kann ihm nicht vorwerfen, seine Arbeit nicht gewissenhaft zu machen. Wobei ich nicht denke, dass ich jemals wieder einen so guten Türsteher haben werde, wie dich Nicolay.“
Lachend erwiderte dieser „Sowohl Dimitri, als auch Rose waren besser als ich. Du mochtest mich immer nur mehr als die beiden, weil ich wusste wie man sich vernünftig anzieht.“
Seufzend entgegnete sie ihm „Vielleicht hast du recht. Ich hatte schon immer eine Schwäche für gut gekleidete Trolle und du hast es immer geschafft dich so zu herzurichten, dass du zum Thema des Abends gepasst hast.“
Eine von Nicolays Augenbrauen zog sich jetzt nach oben. „Eva, pass auf was du hier sagst. Ich könnte fast meinen, du würdest mit mir flirten.“
Mit einem Lächeln, dass weiterhin auf ihren Lippen hing, fuhr Eva fort.
„Was soll ich denn sonst machen, wenn mein bester Türsteher nach Jahren der Funkstille endlich wieder einmal bei mir vor der Tür steht. Irgendwie muss ich dich ja hier halten. Und da du der Familie den Rücken zugekehrt hast, um dein eigenes Leben aufzubauen, gehe ich einmal nicht davon aus, dass ich dich mit einer Postion in meinem Club hier halten kann.“
Nicolay bemerkte, wie sich bei ihren letzten Worten ihr Blick kaum merklich veränderte.
Eine Weile lang, herrschte Stille zwischen den beiden, während Nicolay versuchte ihren Blick zu deuten und sich mental auf das vorbereitete, weswegen er hergekommen war.
„So sehr ich deine Aufmerksamkeit genieße, leider müssen wir das auf ein anderes Mal verschieben, Eva.
Du hast recht, vor Jahren habe ich der Familie den Rücken gekehrt und mein eigenes Leben außerhalb davon aufgebaut.
Allerdings bin ich an einem Punkt angekommen, an dem ich Hilfe benötige.“
Während er sprach, versuchte Nicolay genau zu beobachten, ob die Miene seines Gegenübers irgendwelche Hinweise auf die Wirkung seiner Aussage zeigen würde. Allerdings hätte Eva genauso gut noch ihre Maske tragen könnten, so wenig konnte er ihren Gesichtszügen entnehmen.
Mit einer kurzen Nicken, gab sie ihm zu Verstehen, dass er fortfahren solle.
„Ich bin mit mehreren Anliegen zu dir gekommen….“
Als Nicolay geendet hatte, lehnte er sich nach vorne und schaute sein Gegenüber an.
„Könntest du einiges davon an meine Mutter weiterleiten?“
Während er geredet hatte, hatte Nicolay immer mehr den Eindruck erhalten, dass ihm gegenüber wirklich eine Statur aus Marmor sitzen würde, so still war die filigrane Orkin geworden.
Als würde sie langsam aus tiefen Gedanken wieder emportauchen, stand sie auf.
„Ich werde sehen, was ich machen kann. Aber ich kann dir nichts versprechen Nicolay. Du weißt, dass sie als Pakhan sehr beschäftigt ist.“
Nicolay stand ebenfalls auf und bedankte sich für das Treffen. Ihm war bewusst, dass es vielleicht nicht der beste Zug gewesen war. Aber in diesem Fall, war er sich auch nicht sicher, ob er die nächsten Wochen ohne die Hilfe seiner Familie überleben würde.