Anfänge - Nayad

(Trigger Warnung: angedeutete Gewalt an einem Kleinkind)

20. Dezember 2055
03:17

Es war eine klare Nacht als Professor Atwood in Arroyo Naranjo sein Teleskop auf stellte. Der ältere Mann war ein etwas kurz geratener und rundlicher Mensch, der für die britische Royal Astronomical Society in Havanna forschte. Er rückte seine kleine gold gerahmte Brille seine Nasenbrücke hoch und starrte umher. Er genoss die Ruhe und lauschte dem Treiben der nachtaktiven Insassen. Es war kaum zu glauben, dass diese verlassene Lichtung einmal als Ort für Partys genutzt wurde von den besser Betuchten, und dass nicht weit der Lichtung mal ein Zoo stand. Nach einem der vielen Stürme wurde die prachtvolle Gartenanlage überschwemmt und zurück blieben Ruinen einer lang vergessenen Zeit.

Professor Atwood steckte seine Brille in die Brusttasche seines Hemdes, dann sah er durch das Teleskop. Am Nachthimmel leuchteten die Sterne und für einen Moment schenkte er ihnen all seine Aufmerksamkeit. Imposant strahlten Hercules und der Drache, und mit ihnen die Schlange und die nördliche Krone. Nach einem Moment des bewunderns stellte er das Teleskop neu ein um tiefer in den Nachthimmel einzutauchen. In Havanna war die Sternenforschung lange vernachlässigt worden, da jedes neue Observatorium opfer der Elemente oder der Unruhen werden würde. Professor Atwood hatte in Piccadilly einen fünf-jahres Vertrag unterschrieben um seine Forschung hier fortzusetzen. Unter der Bedingung, dass er regelmäßige Erfolge melden würde, würde die RAS ihm ein altes Kolonialgebäude stellen, welches zwar innerlich auch veraltet aber dennoch sicher war. Zudem war es groß genug um sein Material zu beherbergen und um regelmäßig Gäste aufzunehmen, welche sich mit dem Süd-Äquatorischem Himmel vertraut machen wollten.

Es war nur wenige Zeit später, als er das erste Mal ein kleines Wimmern vernahm. Ungestört davon untersuchte er weiter den sichtbaren Weltraum nach neuen Phänomenen und Veränderungen. Plötzlich ertönte ein schriller Schrei. Erschrocken sah sich der Professor um, er nahm eine Taschenlampe und leuchtete die Lichtung ab. Normalerweise vermied er es zu viel Licht zu seiner Arbeit zu bringen, weil er Respekt zollen wollte vor der ihn umringenden Natur. Eine plötzliche Bewegung ließ ihn die Taschenlampe auf die Ruinen eines Pavillons scheinen. Mit hast verschwand der Schwanz eines Tieres in den umliegenden Büschen und zurück blieb ein kleines Bündel. Amüsiert dachte der Professor sich, dass er wohl ein Tier beim Fressen gestört haben musste, doch dann bewegte sich das Bündel und ein weiterer schriller Schrei durchbrach die Nacht. Hysterisch beinahe verwandelten sich die Schreie in das wehleidige Jammern eines Säuglings.

Schnell lief der Professor zu dem kleinen Bündel, und fand in eine Decke gewickelt ein Baby in einem einfachen weißen Kleidchen. Der Mann nahm das ausgesetzte Kind auf den Arm und sah sich verzweifelt um nach jemanden der das Kind da hatte liegen lassen. Nichts. Plötzlich erfüllte ein stechender Schmerz seinen Arm auf dem er das Kind hielt und er konnte sich nur kurz davor stoppen sie fallen zu lassen. Vorsichtig ging er mit ihr zurück zu seinem Arbeitsplatz und zündete eine größere Laterne an um zu sehen was vor sich ging. Eine kleine Schlange versuchte ihre Zähne in seinem Arm zu vergraben, als er versuchte hastig die Schlange von dem Kind zu entfernen begann das Mädchen wieder lauthals zu kreischen und ihre großen blauen Augen füllten sich mit Tränen.

Der Professor brauchte einen Moment um zu verstehen, dass die Schlange nicht von dem Kind zu trennen war. Wo andere Kinder vielleicht ein büschel Haare hatten, hatte dieses Kind eine zierliche blaue Schlange, welche immer noch versuchte sein Hemd zu durchstoßen mit ihren spitzen Zähnen. Vorsichtig setzte er sich hin, legte das Kind auf seinen Schoß, dann nahm er mit der anderen Hand den Kopf der Viper und drückte behutsam auf die Seiten des Kiefers damit sie nachließ. Langsam löste sich der Biss, dann wand sich das Reptil um die Stirn des Kindes und legte den Kopf auf ihrer Wange ab. Sofort stillte das Mädchen und die Schlange fing an sie mit der Zungenspitze zu kitzeln. Er konnte sehen wie das Paar zusammen entspannte, und die Aufregung sie schläfrig machte.

Binnen Minuten war die Kleine eingeschlafen und die Schlange wachte offensichtlich über sie. Vorsichtig wickelte der Professor sie wieder in die Decke, dann packte er sein Material zusammen und in seinen Wagen. Zügig fuhr er zurück zu seinem Haus und wies sofort seine Haushälterin an warme Tücher bereit zu legen. Der Professor war sich nicht sicher, ob das Kind das Ergebnis furchtbarer Experimente war, oder doch Metasapient, obwohl dies wirklich selten war. In der Küche versorgte er das Kind mit Hilfe seiner Haushälterin Sophia. In dem grellen Licht bot sich ihnen ein brutaler Anblick. Wer auch immer das Baby ausgesetzt hatte, war offensichtlich überfordert gewesen. An dem Rumpf der Schlange, wo sie aus dem Kopf wuchs, war das Mädchen blutverschmiert. Jemand hatte versucht die Schlange zu entfernen, wahrscheinlich bei irgendeinem dubiosen Streetdoc, dachte sich Professor Atwood angewidert.

“Signor Mattheo, was haben Sie vor mit dem Kind?” fragte Sophia zögerlich. Ohne irgendeinen Anhaltspunkt, würde es schwierig werden die Eltern zu finden. Das war Beiden sehr bewusst.

“Wir versuchen ihre Eltern zu finden, oder ein Heim. Wenn Sie schon einmal ausgesetzt wurde ist es vielleicht nicht das Richtige die Eltern zu finden, aber wir müssen es versuchen.” Nach einer kleinen Pause, wandte er sich nochmal an Sophia. “Wenn wir die Eltern nicht finden und niemand sie nimmt… Dann wird sie hier bleiben. Das gibt uns Zeit einen guten Platz für Sie zu finden.”

“Dios mio. Signor Mattheo, Sie vergessen zu essen wenn sie arbeiten, sie sind nächtelang weg! Sie können sich nicht um ein Kind kümmern, und wer kümmert sich dann darum? Ich!”

Der ältere Herr lachte leicht, dann tätschelte er ihre Hand. “Sophia, das würde ich nicht von dir verlangen. Sehen wir doch erstmal morgen früh wie sich das Schicksal der Kleinen entwickelt.” Mit feuchten Tüchern verband er behutsam die Schnittstelle. Er konnte sehen, dass der Schmerz wohl nachließ, denn die Schlange verlor langsam ihre Feindseligkeit.

In den folgenden Wochen versuchten die Zwei vergebens das kleine Mädchen unter zu bringen. Mit jedem Tag wurde sie aufgeweckter und selbst die Schlange ließ sich anfassen. Es war deutlich, dass die zwei eine spezielle Verbindung zueinander hatten. Nach ein paar Tagen hatte sich Sophia beschwert, dass sie nicht immer nur Kleine sagen konnten zu dem Mädchen. Also, fingen sie an das Mädchen Andromeda zu nennen, Medea. Jeden Tag den sie das Kind länger hatten, desto schwieriger wurde es sie los zu lassen. So wuchs Andromeda bei Professor Matthew Atwood auf. Zumindest eine Zeit lang.

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Uh da bin ich sehr gespannt ab welchem Zeitpunkt sie (oder er?) dann beschlossen haben, dass sie im Waldviertel besser aufgehoben ist!
Sehr schöne Ficiton! :3

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Coole Fiction. Und es ist auch mal sehr cool Geschichten aus der frühen Kindheit zu lesen, die einfach mehr erklären, wie der Character zu der geworden ist, die sie heute ist.

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Thaaanks ihr zwei :blush:
Bei ihr lohnt sich halt etwas Hintergrund, und das hilft mir nochmal ihre Motive zu etablieren :thinking: Hab noch eine zur Vergangenheit geplant, danach ist free form angesagt und yees, das mit dem Wald kommt dann in den 2ten Teil. Es sei denn du meinst die biologischen Eltern dann… wer weiß wann das kommt :upside_down_face:🥲

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Ja die biologischen Eltern sind auch ein super spannendes Thema! Bin sehr interessiert :thinking:

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Uhh sehr schöne Fiction :heart_eyes:

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